Man weiß: Die USA sind ein anderes Land mit anderen Standards. Wozu ein ausgeprägter Sinn für den öffentlichen Zugang zu Informationen gehört, die woanders nie breit getreten würden. Zum Beispiel wenn es um die Namen von Angeklagten und Beschuldigten in Prozessen geht. Selbst Verurteilte werden in den Medien in Deutschland so gut wie nie mit ihrem vollen Namen genannt. Das Prinzip ist nachvollziehbar: Das Interesse der Gesellschaft an einem Fall mag groß sein, die Lust auf die Bloßstellung eines einzelnen Straftäters wird gezügelt. Man nennt so etwas auch Zivilisation.
In den Vereinigten Staaten geht man roher miteinander um. Auge um Auge und so. Todesstrafe in über 30 Bundesstaaten. So darf es niemanden verwundern, dass Polizeifotos (mug shots) die Runde machen, dass es Fernsehkameras in Gerichtssälen gibt und dass die Medien immer wieder den Hebel ansetzen, um Namen von Verdächtigen in die Hand zu bekommen. Sei es mit fragwürdigen Mitteln (wie im Fall BALCO) entgegen dem ausdrücklichen Willen des Gerichts, wodurch die Journalisten schließlich sogar selbst beinahe ins Gefängnis geraten wären. Die Haltung: Man traut den Behörden nicht. Tageslicht ist das beste Mittel gegen ungerechtfertigte Verschleierung, gegen Korruption und Manipulation von offizieller Seite.
Die neueste Episode in diesem Komplex - Sport, Medien, Doping - ist soeben angelaufen: Zeitungsverlage wollen die Namen der Baseballprofis, die in den ausgeuferten Dopingskandal verwickelt sind, der mit dem Namen Kirk Radomski verbunden ist (der hat gestanden, dass er vielen Leuten geliefert hat) und mit dem von George Mitchell (der betreibt im Auftrag der Liga eine Untersuchung, die Klarheit in den Skandal bringen soll). Wieder mal muss ein Gericht entscheiden, welches Recht wichtiger ist: das auf Privatsphäre oder das der Gesellschaft an Aufklärung und Information. Schwer zu sagen, wie der Streit ausgehen wird. Jeder Fall liegt bekanntlich anders.
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