Der Kollege dogfood von allesaussersport hat ein sehr esoterisches Thema aus dem amerikanischen Sport angepackt, das vieler erklärender Vorbemerkungen und Hinweise bedarf: die All American Football League. Hut ab vor soviel Elan. Ich halte mich gewöhnlich bei solchen Geschichten sehr zurück. Aus reiner Angst davor, dass beim werten Leser allzu rasch die Rolläden runtergehen. Ausnahme: wenn man über enormen Platz verfügt wie zum Beispiel in Büchern. In American Sports und Faszination American Football steht denn auch eine Menge über amerikanischen Collegesport.
Den letzten Artikel für die FAZ mit Collegebezug habe ich über den Schmu geschrieben, der im Tennis abläuft, wo eine beachtliche Zahl an deutschen Stipendiaten gegen die Amateurregeln verstößt. Die Trainer stecken mit den Spielern unter einer Decke und tun so, als ob sie nichts wüssten. Die Erfahrung lehrt: Selbst solch schwarz-weiß-gerasterten Themen in hundert Zeilen zu erklären, ist unerhört schwierig
Die Kanzept der AAFL zu erklären ist noch viel schwieriger, da sie noch ein zusätzliches Problem mit sich bringt: Sie existiert nur auf dem Papier. Die Idee kann man durchaus nachvollziehen: Die besten Colleges produzieren mehr akzeptable Nachwuchsfootballkräfte als die NFL (und die Canadian Football League) aufnehmen kann. Für die ausgesiebten Athleten gibt es jedoch keine Auffangstation, keine Farm Teams, keine Developmental League etc. Auf der anderen Seite stehen die riesigen Division 1 Stadien wie in Ann Arbor (University of Michigan) oder Knoxville (University of Tennessee) mit Platz für sage und schreibe 100 000 Zuschauer im Frühjahr einfach leer. Wie kann man das kombinieren? Indem man die arbeitslosen Talente in den leeren Stadien in einer neuen Liga gegeneinander antreten lässt.
Die Sache hat mehr als einen Haken, wie man an solchen Beispielen wie der gescheiterten Frauen-Fußball-Liga sehen kann. Aber wer sagt, dass die Existenz in der Nische nicht möglich ist, möge bitte folgendes berücksichtigen: Wir haben eine Arena Football League in der Halle mit einem verkürzten Spielfeld. Die funktioniert. Wir haben eine Profi-Lacrosse-Liga. Die funktioniert. Wir haben die X Games auf ESPN, die sogar noch eine platte Kopie namens Gravity Games ausgelöst haben. Auch die funktionieren. Warum? Weil sich das Freizeitverhalten der Amerikaner und ihre Neugier auf etwas andere Entertainment-Angebote auf unterschiedlichen Kanälen entfaltet.
Konzepte, die in der Konkurrenz gegen die etablierten Ligen, gegen Golf und NASCAR eine Chance haben wollen, müssen vor allem den Metropolen bewusst aus dem Weg gehen. Metropolen schaffen Sachzwänge der seltsamsten Art. Zum Beispiel verbindet sich mit denen ein unausgesprochener Qualitätsanspruch. Provinzieller Sport ist von solchem Ballast befreit. Universitätssport ist die Inkarnation von provinziellem Sport, bei dem das halbe Land aus Tradition besoffen darüber hinwegsieht, auf welchem Leistungsniveau der eigentlich stattfindet.
Ich will's nicht zu kompliziert machen. Ich gebe der AAFL zumindest eine Chance. In Staaten wie Texas, Nebraska, Oklahoma, Tennessee, Alabama sind die Leute einfach unersättlich, wenn es um Football geht.
P.S. Ein großes Kompliment an dogfood für die Energie, das Wissen und die Courage, solche Themen anzupacken. Die NASN kann froh sein, dass jemand sich derart massiv reinhängt und die Aufklärungsarbeit leistet, ohne das amerikanisches Sportgeschehen im Fernsehen so aussieht wie Böhmische Dörfer.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen