15. August 2006

BALCO-Reporter ins Gefängnis?

Die beiden Journalisten Mark Fainaru-Wada und Lance Williams vom San Francisco Chronicle, die mit ihren Berichten und ihrem Buch Game of Shadows den BALCO-Skandal in ganzer Breite und Tiefe ausgeleuchtet haben, sind in Schwierigkeiten. Sie hatten den größten Teil ihrer Informationen aus Protokollen von Vernehmungen der Staatsanwaltschaft bezogen. Die Befragungen von Sportlern wie Marion Jones, Tim Montgomery und Barry Bonds und vielen anderen hatten hinter verschlossenen Türen stattgefunden und dürfen nach amerikanischem Recht nicht in den Medien ausgewertet werden. Zur Zeit läuft ein Ermittlungsverfahren, das aufklären soll, wie das Material heraussickern konnte.

In diesem Verfahren sollen auch die beiden Reporter aussagen. Doch die weigern sich und müssen nun damit rechnen, wegen Missachtung des Gerichts ins Gefängnis geschickt zu werden. Gegen die richterliche Entscheidung, die sie zur Offenlegung ihrer Quellen zwingen soll, werden die beiden Presseleute Berufung einlegen. Die Chancen auf Erfolg sind angesichts der Präzedenzentscheidungen in anderen Fällen mit Journalisten aus der jüngeren Vergangenheit eher gering. Eine Reporterin der New York Times saß mehrere Monate in Haft, ehe sie sich zum Reden entschloss.

Die Ironie besteht darin, dass die Welt ohne die Veröffentlichungen bis heute so gut wie im Dunkeln über den BALCO-Skandal wäre. Denn der Hauptverantwortliche Viktor Conte vermied einen öffentlichen Prozess mit Zeugenaussagen, als er sich mit den Strafverfolungsbehörden auf eine kurze Haftstrafe einigte. Die anderen Angeklagteb wie etwas der Fitnesstrainer von Barry Bonds bekannten sich ebenfalls schuldig und kamen so um das Schauspiel vor Gericht herum.

Wahrscheinlich gäbe es ohne Mark Fainaru-Wada und Lance Williams keine schärferen Dopingtests im Baseball und keinen Druck auf die Behörden, gegen Barry Bonds wegen Meineids zu ermitteln. Die beiden haben Zivilcourage bewiesen, als sie sich durch ihre Arbeit dem Risiko der Strafverfolgung aussetzten. Davor kann man nur Respekt haben. Ich weiß nicht, ob ich ebensoviel Mut hätte.

Blick zurück: Die erste Geschichte über die beiden Reporter in diesem Blog

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