4. Januar 2007

Home-Run-Karneval 1998: War alles eine große Scharade?

Der Sommer 1998 entwickelt sich in den Memoiren des amerikanischen Sports zu einer seltsamen Hinterlassenschaft. Wer das Theater des Home-Run-Wettrennens live erlebt hat, konnte nur noch staunen: So fasste ich das damals für die FAZ zusammen:
"Die Jagd von Mark McGwire von den St. Louis Cardinals und Sammy Sosa von den Chicago Cubs nach dem Home-Run-Rekord hat die amerikanische Öffentlichkeit in den vergangenen Wochen fast so sehr elektrisiert wie die Amouren ihres Präsidenten im Weißen Haus. Am Montag erreichte die Begeisterung ihren ersten Höhepunkt. McGwire, ein muskulöser, breitschultriger First Baseman, erzielte beim 5:2-Heimsieg gegen die Chicago Cubs, das Team seines direkten Konkurrenten Sosa, im 144. Spiel den 61. Home Run dieser Saison, zog mit Maris gleich und widmete die Rekordeinstellung am 61. Geburtstag seines Vaters dem Herrn Papa."
Als er im nächsten Spiel den Rekord verbesserte, wurde das Spiel sogar angehaltenund dem Athleten mitten im Stadion ein drahtloses Mikrophon in die Hand gedrückt, damit er ein paar gesalbte Worte an die Menge richtet. Erredete nicht von den Steroiden, die er damals konsumierte. Und auch nicht von den Manipulationen, die offensichtlich im Gange waren, um den Ball ein wenig elastischer und flugtauglicher zu machen. Als er im letzten Jahr vor einem Kongressausschuss in Washington unter Eid zu dem Thema Doping aussagen sollte, wand er sich heraus. Jetzt wurde bekannt, wie das Innere des Balls aussieht, mit dem er damals den 70. Home Run produzierte und der von einem Memorabilia-Sammler gekauft und unlängst in Ohio computertomographisch untersucht wurde. Nämlich so:
Niemand vermag zu sagen, wie die anderen Bälle aussahen, die damals zum Einsatz kamen. Ob sie ebenfalls "juiced" waren, wie das in der Sprache der Sportart heißt. Dass Major League Baseball an der Aufklärung ernsthaft interessiert ist, darf bezweifelt werden. Die Liga fand den Home-Run-Karneval damals unwiderstehlich, musste später von den Politikern zu halbwegs vernünftigen Dopingtests geschleift werden und bestraft Übeltäter nachwievor eher milde. Mark McGwire steht während dessen als Kandidat für die ehrenvollste Baseball-Institution zur Debatte: die Hall of Fame in Cooperstown. Das wird noch interessant... (via The Big Lead)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

In SF wurde mir mehrfach im Stadion erklärt das für Barry Bonds auch speziell markierte Bälle genommen werden. Grund dafür ist die Echtheit eines HR Balls, da diese ja doch recht teuer gehandelt werden. Nach Bekanntwerden der Modifkation von Bällen für McGwire erscheint mir obige Erklärung plötzlich nicht mehr ganz so plausibel.