"Am Donnerstagmorgen eierte Mike Ditka in das Restaurant, das seinen Namen und sein Gesicht an der Fassade trägt, und ging durch eine Menge, die sich so respektvoll teilte wie das Wasser des Roten Meers. Ditka hat in dieser Stadt seit über 40 Jahren keinen Pass mehr gefangen. Und es ist 14 Jahre her, dass er an der Seitenlinie stand. Aber die Stadt hängt an seinen Lippen. Und in diesem Moment schienen die Worte förmlich dran zu baumeln. Am Sonntag wird Chicago als Gastgeber das NFC Championship-Spiel gegen New Orleans ausrichten, dessen Sieger den Super Bowl in Miami erreicht. Und als waere es noch nicht genug, dass der Rest Amerikas bereits den Saints die Daumen drückt, hatten die Leute in Chicago die letzten vier Tage darauf gewartet zu erfahren, dass wenigstens er, "Da Coach", noch immer auf ihrer Seite ist. Aber bis dahin: nichts.Das ist ein Ausschnitt aus dem Artikel von Associated-Press-Kolumnist Jim Litke über Mike Ditka - vor 20 Jahren der Trainer der Bears, als sie den Super Bowl gegen die New England Patriots gewannen und eine der überragenden Mannschaften der NFL-Geschichte beieinander hatten. Ditka war später auch Trainer in New Orleans, wo er das Missgeschick fertig brachte, jede Menge Draftplätze wegzuschenken, um einen gewissen Ricky Williams zu draften. An Williams erinnert man sich inzwischen in Louisiana genausowenig wie an Ditka, Urgestein der grimmigen osteuropäischen Sorte, der als Tight End mit den Bears 1963 eine NFL-Meisterschaft gewann (damals gab es noch keinen Super Bowl) und inzwischen zwei künstliche Hüftgelenke sein eigen nennt. Football geht auf die Knochen.
Die Stadt ist die Basis für Ditkas wachsendes Imperium geblieben, Sitz seines über die Maßen erfolgreichen Restaurants und Hintergrund für viele seiner lukrativen Jobs als Werbebotschafter und das "Medienmonster von Midway". Aber von dem Augenblick an, als die Bears die Seahawks ausgeschaltet hatte, machte er auf verschämt."
Welchen Stellenwert Ditka im Laufe der Jahre in den USA errungen hat, kann man sehen, wenn man den inzwischen klassischen Sketch von Saturday Night Live aus dem Jahre 1991 betrachtet, in dem die Schauspieler einen polnisch angehauchten Akzent mimen, in dem aus dem bestimmten Artikel "the" ein "da" wird - wie in "Da Bears" oder "Da Bulls". Was ebenfalls mitschwingt ist jene einzigartige Sportbegeisterung in der Stadt Chicago, die sich gerne als "Second City" etikettiert (nach New York), was eigentlich nur liebenswürdiger, purer Größenwahn ist. Die Zeit ist längst an der Metropole mit der attraktivsten Wolkenkratzerlandschaft der Welt vorbeigerast. Zu mehr über Chicago und seinen Wahn schalten wir direkt zu Ditka's Restaurant und zu den "Superfans":
"Da Coach" Mike Ditka hat sich übrigens inzwischen geoutet: Er ist für "Da Bears". Was blieb ihm wohl auch anderes übrig? Und so schlecht wie 1991 sind die Bears ja beim besten Willen nicht. Die Saints allerdings sind die Favoriten - auch bei den Buchmachern.
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