15. Januar 2007

Hut ab vorm Megafon

Wer das vergangenene Wochenende mit seinen vier NFL-Playoff-Spielen ausgiebig und mit Vergnügen begleiten wollte, kam um eines nicht herum: allesaussersport lesen - das souveräne Megafon für detaillierte Berichterstattung und Einschätzungen der hilfreichen, sachverständigen Art. Das Beeindruckende daran ist, mit welch hervorragendem Blick fürs Geschehen selbst aus so großer Distanz die Fernsehbilder ausgewertet werden. Es stand hier schon einmal. Aber es sei gerne noch einmal wiederholt und dick unterstrichen: Die ARD kann froh sein, solche Guerilla-Kämpfer für den US-Football zu haben. Aber was macht die Presseabteilung? Sie findet die Arbeit von dogfood nicht unterstützenswert. Grund: Er ist kein Journalist. Diese ablehnende Haltung ist lachhaft und ignorant. Wissen die Jungs vom Bezahlsender überhaupt, was sie tun?

Hier noch zwei Gedanken zu den Sonntagsspielen: Den Sieg der New England Patriots gegen die San Diego Chargers empfinden viele als abschreckendes Beispiel für eine Mannschaft, die auf jede erdenkliche Weise gewinnt (Stichwort: Bayern München). Vielleicht sollte man darauf hinweisen, mit welchem Blatt dieses Team spielt. Ohne die Linebacker Willie McGinest und Roman Phifer, ohne Kicker Adam Vinatieri, ohne Cornerback Ty Law, ohne die Wide Receiver David Patten und Deion Branch. Weg, gegangen, weil die Salary Cap Clubs dazu auf indirekte Weise zwingt, bessere Spieler ziehen zu lassen. So entsteht Parität. Und so entstehen Playoff-Begegnungen, die bis zum Schluss offen sind.

Was fehlt noch? Die Patriots spielen ohne die Trainer Charlie Weis (Head Coach Notre Dame), Eric Mangini (Head Coach New York Jets) und Romeo Crennel (Head Coach Cleveland Brown), die alle gut genug waren, um woanders den Laden zu übernehmen. Und wie spielen sie? Es gibt keine technisch besseren Verteidiger als die Patriots. Keine Mannschaft führt Blocks so elegant, gewissenhaft, schnell und konsequent aus. In anderen Teams sind die Linebacker und Defensive Ends eher wie hyperaktive Kinder unterwegs, die nicht genau wissen, was auf sie zukommt. Die Patriots verteidigen mit einem Höchstmaß an Verstand - individuell wie in der Kombination. Die Patriots sind weniger Tom Bradys Team als das Abbild von Bill Belichicks jahrzehntelanger konsequenter Arbeit an allem, was eine Defensive wissen und beherzigen sollte. Im entscheidenden Moment kommt im Angriff auch noch der eine oder andere Westentaschentrick dazu: Bemerkenwertes Beispiel: Running Back Faulk bekommt den Snap beim Two-Point-Conversion-Versuch vom Center direkt zugespielt und hat so mehr Zeit, sich in die Endzone zu tanken.

Die San Diego Chargers sind zweifelsohne das von der Substanz her bessere Team, streckenweise brilliant - so wie die Dallas Cowboys der neunziger Jahre, die auf den entscheidenden Positionen Hall-of-Fame-Personal aufbieten konnte. 1991 schafften sie nach vielen schrecklichen Jahren mit diesen Figuren erstmals wieder die Playoffs. Ein Jahr später besaßen sie dann das Können und die Durchsetzungskraft, um die San Francisco 49ers auf deren Schlammplatz an der Bay auszuhebeln. Von da ab waren sie nicht mehr zu stoppen. Marty Schottenheimer ist vermutlich das größte Problem der Chargers im Moment. Und das unter anderen auch deshalb, weil er Stunk mit seinem General Manager hat. Obwohl: Bei einer Analyse der Niederlage gegen die Patriots kann man wirklich keine gravierenden Fehler seinerseits finden. Die Entscheidung, beim ersten Drive kein Field Goal zu probieren, sondern den 4th Down auszuspielen, ist im Nachhinein nicht zu bemängeln. Wer sagt denn, dass der Kicker aus der Distanz (Line of Scrimmage: die 30-Yard-Linie) und gegen den böigen Wind die drei Punkte gebunkert hätte? Tatsächlich verlieren die Chargers das Spiel aufgrund einer extrem seltenen Ereigniskette bei einem Fourth-Down-Pass von Tom Brady im vierten Viertel: Interception, Fumble, Patriots-Receiver Troy Brown sammelt den Ball ein. New England bleibt in Ballbesitz und punktet.

Also dann hier eine Prognose, die über den Tag hinaus geht: Die Chargers verpflichten Bill Cowher, einen Wettkampf-Trainer von Format, und bügeln in der nächsten Saison alles faltenfrei flach, was sich ihnen in den Weg stellt. Was spräche dagegen? Dass Cowher lieber bei seiner Familie in North Carolina Ferien macht? Wir sprechen uns wieder, wenn die Offerte auf dem Tisch liegt.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

zu AAS: allerdings.

Aber ich frug mich letztens etwas, was dir evtl. in die "Schlag nach bei American Arena"-Reihe passt: Weisst Du, wieviel die Schiedsrichter in den US-Ligen so verdienen? Eine solche Auflistung würde mich sehr freuen.

Danke dafür, danke sowieso fürs schöne Blog und schönen Aufenthalt an der Westküste,
sternburg