Man kann so langsam sehen, wie die großen Krokodilstränen in die drei Flüsse kullern, auf die sich Pittsburgh so viel zugute hält. Das muss so ähnlich aussehen wie damals, als das letzte Stahlwerk zugemacht hat. Mit einem Unterschied: Als die einstmalige Kernindustrie der Region den Bach runter ging, hatte das zumindest einen Vorteil: Man konnte überhaupt erstmal wieder etwas sehen. Die Luft war so klar und so gesund wie hundert Jahre lang nicht mehr. In dieser Klarheit ließe sich in Pittsburgh sicher auch noch anderes sehr genau betrachten. Zum Beispiel die Frage: Ob die Stadt und die ausufernden Gemeinden drumherum überhaupt die Wirtschaftskraft haben, drei Major-League-Clubs zu finanzieren. Das Bild täuscht, wenn man sich von der Erfolgsgeschichte der Pittsburgh Steelers leiten lässt. Die Steelers profitieren von einer knallharten Salary Cap in der NFL und einer konsequenten genossenschaftlichen Gewinnverteilung unter den Clubeigentümern, die sie unabhängig macht von örtlichen Gegebenheiten. Die Erosion lässt sich weit besser im Baseball ausmachen, wo die Pittsburgh Pirates (Baseball) seit den Tagen, als der junge Barry Bonds hier spielte, in der National League nicht mehr oben mitgemischt haben. Aber am krassesten sind die Verhältnisse im Eishockey. Denn nicht nur ist die Mannschaft nach Jahren einer sportlichen Baisse dank hochrangiger junger Talente wie Sydney Crosby und Jewgeni Malkin auf dem Weg nach oben. Die Penguins spielen vor einem begeisterten Publikum. Die Eintrittskarten sind begehrt.
Das allein genügt Mario Lemieux jedoch nicht, der vor Jahren durch eine Laune des Schicksals zuerst zum größten Gläubiger des Clubs wurde, als der Ende der neunziger Jahre in den Konkurs schlitterte. Es ging um 31 Millionen Dollar, die ihm vertraglich zustanden, owohl er bereits vom Sport zurückgetreten war. Dann wurden im Vergleichsverfahren die Schulden in Anteile umgewandelt, was Lemieux zum Haupteigentümer machte. Der Kanadier, der so gut wie gar kein Englisch sprach, als 1984 aus Montreal als riesiges Talent in die National Hockey League kam, redet heute eine Sprache wie die Leute an Wall Street. Unsentimental. Knallhart. Ohne Umschweife. Entweder die Steuerzahler geben ihm und den Penguins eine neue Halle mit all dem Schnickschnack, aus dem man heutzutage als Clubbesitzer Extra-Einnahmen herausschinden kann. Oder der Club wird in eine andere Stadt verlagert.
Die Auseinandersetzung ist normal (für die Gier von Sportclubbesitzern in den USA und Kanada) und absurd zugleich. Denn die beiden in Frage kommenden Städte - Kansas City, das sein Begehren mehr als deutlich artikuliert hat, und Las Vegas, das anscheinend ebenfalls Interesse hat - haben beide im Laufe der Jahre gezeigt, dass sie auf Dauer kein Eishockey-Team tragen können. Die weitaus klügere Entscheidung wäre demnach, den Club an jemanden mit größeren Taschen zu verkaufen, der unter anderem in der Lage wäre, seine eigene Halle selbst zu finanzieren. Auch solche Gespräche hat es gegeben. Aber nichts klappte: Im Oktober wurde mit Jim Balsillie ein Käufer gefunden, der jedoch von der Zusage zurücktrat, als ihm die NHL die Auflage macht, das Team bis 2013 nicht aus Pittsburgh abzuziehen. Fünf Tage danach kam die Nachricht, dass das Projekt einer Glücksspielfirma gescheitert war, eine neue Arena zu bauen. Der Staat Pennsylvania sah nicht ein, dass er dafür eine Lizenz herausrücken sollte.
Im November hatte Mark Cuban, der aus Pittsburgh stammt, in seinem Blog geweint, dass er sich nicht genug angestrengt hatte, um eine Gruppe von wohlhabenden Interessenten zu formieren, die Lemieux die Penguins und die damit verbundenen Sorgen abnehmen können. Vielleicht findet er in diesen Tagen die Zeit, sich noch einmal um das Thema zu kümmern. Der Eigentümer der Dallas Mavericks stammt aus Pittsburgh und hat eine sentimentale Beziehung zum Club, der 1967 gegründet wurde.
A propos Cuban: Seine Filmproduktionsfirma Magnolia Pictures hat sich dazu entschlossen, zum ersten Mal eine Attacke in Richtung Google und YouTube zu reiten. Das Unternehmen zog vor ein Gericht, um Google dazu zu zwingen, die Namen der Nutzer herauszugeben, die copyrightgeschütztes Magnolia-Material hochgeladen haben. Zu den Filmen gehören Titel wie den Dokumentarfilm Enron: The Smartest Guys in the Room und Bubble von Stephen Soderbergh. Cuban gehört zu den lautstärksten Kritikern von YouTube und hatte vor dem Verkauf jeden als Dummkopf bezeichnet, der sich das Videoportal anlacht.
Blick zurück: Liga-Sport in Las Vegas - irgendetwas funktioniert nicht richtig
2 Kommentare:
Ich möchte gerne zwei Sachen anmerken: Auch die Karten für die Steelers sind sehr begehrt, die Spiele sin immer ausverkauft. Und was den neubau einer Halle angeht: Ich verstehe sicht so ganz, warum sich die Stadt hier so anstellt. Heinz Field und PNC Park werden (bis auf 2-3 zusätzliche Veranstaltungen pro Jahr) nur von den Hauptnutzern bespielt (Heinz Field Steelers + Panthers) wohingegen die Halle an 250 Tagen im Jahr genutzt wird. Und nicht nur die Penguins möchten eine modernere Halle, auch die örtlichen Konzertveranstalter. Die Mellon Arena ist zu klein und zu wenig belastbar (gewichtsmässig) um die heute üblichen Bühnenshows grosser Bands zu verkraften.
Danke für den Kommentar. Die Stadt Pittsburgh hat vermutlich ihre Prioritäten nicht immer klar sortiert. Die Halle wäre sicher das bessere Investment anstatt eines Football-Stadions, das meistens leer steht. Vor allem, da die Penguins bereit wären, eine Miete zu bezahlen, die nicht nach extremer Subvention riecht. Eine ähnliche Situation hat man in Seattle (Football und Baseball wurde geholfen), was vermutlich zur Abwanderung des NBA-Teams führen wird. Das Dilemma sitzt tiefer: Die Bereitschaft von Politikern quer durchs ganze Land, Sportunternehmen steuerlich zu bevorzugen (in anderen Branchen undenkbar), verzerrt den Wettbewerb auf allen Ebenen - zwischen den Clubbesitzern, zwischen den Ligen und zwischen den Städten. Derzeit kann man nur eine Hoffnung haben: die USA sind so ausgereizt mit existierenden Mannschaften (siehe Nashville im Eishockey), dass man mit einer Kontraktion rechnen muss.
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