16. März 2007

Dirk und Steve - warum haben sie keine lukrativen Werbeauftritte?

Der sehr lesenswerte amerikanische Blog sports media watch hat eine Frage aufgeworfen, die sich nicht erst seit dem brillanten NBA-Spiel zwischen den Dallas Mavericks und den Phoenix Suns am Mittwoch aufdrängt, das die beste Einschaltquote der laufenden Saison erzielte. Wieso haben Steve Nash und Dirk Nowitzki eigentlich keine Werbeverträge mit Firmen, die die Basketballprofis in Werbespots einsetzen? LeBron James hat es, und der ist nicht mal ein MVP-Kandidat. Dwayne Wade hat es, dabei kann seine Mannschaft froh sein, wenn sie in die Playoffs kommt. Allen Iverson hat es, und der ist nicht mal der beste Mann in seiner neuen Mannschaft am Fuß der Rocky Mountains. Eigentlich hat man nur bei Shaquille O'Neal das Gefühl, das alles passt: die Erfolge der Vergangenheit, der Bekanntheitsgrad, seine humorvollen Sprüche und seine Reklame für Produkthersteller.

Bei der Antwort auf die Frage stößt man zu erst einmal auf ein paar offensichtliche Aspekte: Nash und Nowitzki sind Ausländer. Gegen die wird zwar in den USA nicht diskriminiert. Aber einen Beliebtheitswettbewerb gewinnen Zugereiste nur ganz selten (von Ausnahmen wie dem Chinesen Yao Ming abgesehen - siehe sein Werbeauftritt für eine Kreditkartenfirma hier). Obendrein sind Nash und Nowitzki zwei ernsthafte Menschen, die sich schwer tun in einer Rolle als Werbefiguren. Man denke nur Nowitzkis NBA-Spot vor zwei Jahren, als er einen Mann spielte, der seiner großen Liebe - der Meisterschaftstrophäe - permanent Nachrichten auf dem Anrufbeantworter hinterlässt.

Nash hat außerdem einen ausgeprägten politischen Sinn und ganz offensichtlich das Gefühl, dass er als Basketballer bereits hinreichend Geld verdient.

Was sports media watch geflissentlich vernachlässigt, ist, dass die beiden ein anderes Merkmal gemeinsam haben: die weiße Hautfarbe. Das heißt: Sie entsprechen nicht dem Klischeebild des Basketballprofis von heute, das von Michael Jordan mit Hilfe von Nike und Spike Lee in eine neue Ikonographie umgetütet wurde. Den genialsten Werbespruch von allen entwickelte die Getränkemarke Gatorade mit ihm: "Be Like Mike". Wie Mike kann aber nur sein, wer so aussieht wie er, so spielt wie er und so erfolgreich ist wie er.

Der Umdenkprozess wird wohl noch eine Weile brauchen. Denn zur Zeit hat eine andere Debatte rund um die Liga begonnen, angeschoben von schwarzen Bloggern, die hinter jeder restriktiven Maßnahme der NBA-Spitze (Stichwort: Bekleidungskodex) Rassismus wähnen. Auch die Invasion ausländischer Spieler, obwohl die keineswegs alle weiß sind, erhält gerne den Stempel Rassismus. Die Kampagne läuft unter anderem auf dem Blog Sports On My Mind, wo eine pseudo-akademische Debattenkultur gepflegt wird, deren Protagonisten so tun, als bräuchten sie für ihre Unterstellungen und Mutmaßungen weder Belege noch konsequentes analytisches Denken. Im Chor singt Scoop Jackson von espn.com mit, der zwar exponiert arbeitet, aber deshalb noch lange nicht die Notwendigkeit sieht, sich sprachlich und intellektuell weiterzuentwickeln. Eine Liga, die womöglich irgendwann durchaus wieder weniger als 80 Prozent schwarze Spieler haben könnte, weil die Ausländer sich sportlich bestens schlagen und mit mehr Mannschaftsgeist spielen, wird in diesen Kreisen auf Schritt und Tritt der Diskriminierung bezichtigt. Eine solche Grundstimmung, die sich auch gegen schwarze Autoren mit Denkkapazität und sozialem Verantwortungsbewusstsein wie Jason Whitlock richtet, entspricht vorerst ganz offensichtlich dem Mainstream. Wahrscheinlich müssen Soziopathen wie Ron Artest oder schießwütige Spieler wie Stephen Jackson erst noch richtig ausrasten, ehe das Gerede von den 40 Million Dollar Slaves ein Ende hat.
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