6. Februar 2007

Einer kommt aus dem Kleiderschrank: Homosexuelle im Sport

Neulich haben die Leute von Rund in Deutschland ziemlich viel Aufmerksamkeit mit einer Geschichte über Homosexualität im Fußball erzeugt. Selbst das Frühstücksfernsehen wollte es genauer wissen und lud einen Vertreter des Magazins zu einem langen, aber ziemlich dünnen Interview ins Studio. Der Grund, weshalb solche Gespräche so dünn sind, ist ganz einfach: Wer keine Namen nennen kann oder will, kann keine Belegarbeit leisten. Und das ist die Aufgabe von Journalismus zuallererst - die ganz konkrete, nachvollziehbare Darstellung des Sachverhalts - nicht das Konzept, eine wirklich kitzlige Angelegenheit seelsorgerisch mit dem Mantel der Anonymität zu bedecken. Das soll niemand als Vorwurf an das Magazin bewerten, wo man sich zumindest die Mühe macht, das Thema überhaupt anzupacken. Das ist Kritik an einer Haltung, die glaubt, diese Art von Aufklärung sei wirklich hilfreich. Dazu müssen die schwulen Männer und lesbischen Frauen wohl schon selber ins Rampenlicht treten und sagen, was sie zu sagen haben. Nur so kam die Frauenbewegung in Gang ("Ich habe abgetrieben" - eine Attacke gegen die Strafandrohungen des damaligen Paragraphen 218) und nur so (man denke an Rosa von Praunheim und seinen ersten Film "Nicht der Homosexuelle ist pervers, sondern die Situation in der er lebt") wurden Gleichberechtigungsbewegungen losgetreten, zu deren Resultaten es gehört, dass es heute in vielen Ländern den Status der Ehe oder Alternativen zwischen gleichgeschlechtlichen Partnern gibt. Was hätte sich geändert, wenn die Protagonisten in den letzten 30 Jahren zu feige gewesen wären, um öffentlich zu sagen, dass sie keine Lust mehr haben, sich als Menschen zweiter Klasse zu fühlen? Nichts wäre passiert.

In den USA kursieren seit gestern Spekulationen, dass sich ein ehemaliger NBA-Spieler zu dem Schritt durchgerungen hat und aus dem Kleiderschrank herauskommen will, wie das hier so schön heißt ("coming out of the closet"). Vorwitzige Blogs nennen bereits einen Namen und bringen Bilder und sind sicher, dass es sich um einen Mann aus Großbritannien handelt, der bei den Utah Jazz unter Vertrag war. Das kann richtig sein oder auch falsch (was sicher grenzenlos peinlich wäre). Aber es ist ein Schritt in die richtige Richtung. Nur so bekommt das Thema - Homosexuelle im Sport - ein Gesicht. Das Gesicht des Reporters von Rund, der eine Geschichte über das Thema schreibt, kann das nicht leisten.

Ergänzung am Mittwoch, einen Tag danach: Der fragliche Spieler heißt John Amaechi. Das hat sein Pressemann offiziell verlautbart und wurde von AP gemeldet. Die Blogger hatten richtig spekuliert.

2 Kommentare:

Haubentaucher hat gesagt…

ich darf ergänzen, dass sich Österreicher nicht nur für Schifahrerinnen begeistern (siehe unten), sondern das Wiener Magazin Ballesterer (sehr gut gemacht, die Sache) schon vor Rund über Homosexualität schrieb, und zwar mit Schwerpunkt auf FußballFANS. Sehr interessant:

http://www.ballesterer.at/neu/index.php?seite=heft&heftID=24&artikelID=249

Jürgen Kalwa hat gesagt…

Wie kann man das Wort Ballesterer ins Hochdeutsche übersetzen? Man erblasst angesichts der österreichischen Sprachphantasie immer wieder vor Neid. Im Plattland weiter nördlich wird anglisiert, dass es kracht. In der unteren Ecke des Duden-Reviers (hier auch gerne als D-A-CH-Verband etikettiert) herrscht munterer Erfindergeist - mit der eigenen Sprache.