Die ganze Sache mit der Statistik im Sport ist ziemlich wertlos, wenn man am Ende einer Analyse auf folgende Erkenntnis kommt: “Aber die Wahrheit ist, dass jeder etwa 50 mal gewinnen würde, wenn sie 100mal im Super Bowl spielen würden." Der Mann, der das laut New York Times von heute sagt, heisst Scott Berry, war früher mal Statistik-Professor an der Universität Texas A&M in College Station und wurde von der Zeitung gefragt, wie er denn die Auseinandersetzung zwischen den Indianapolis Colts und den Chicago Bears einschätzt. Die Vorgabe lautete: Wer gewinnt? Die Mannschaft mit der besseren Offense (Colts) oder das Team mit der besseren Defense (Bears)?
Mal abgesehen davon, dass jeder nicht etwa 50mal gewinnen kann, da es kein Unentschieden im Super Bowl gibt, sondern im Falle einer statistischen Nivellierung exakt 50mal gewinnen wird, denn sonst gäbe es einen Pegelausschlag in die eine (Offense) oder andere (Defense) Richtung, ist schon der Denkrahmen ziemlich blöd: 100 Super Bowls? Wann und wie werden die ausgetragen? Nacheinander? Jedes Jahr einer? Würden nicht bei einer solchen Versuchsanordnung irgendwann Verletzungen eine Rolle spielen (wer wird statistisch häufiger verletzt: Angreifer oder Verteidiger?) oder der zunehmende körperliche Verschleiß?
Solche Aussagen wirken wirklich nicht besonders werbewirksam für die Zunft der Arithmetiker, die langsam aber sicher Fortschritte in der Akzeptanz bei informationshungrigen Trainerstäben, Wettern und Fans macht. Zumal der Herr Professor auch noch erklärt, dass die bisher 40 Super Bowls keine besonders aussagekräftige Datenmenge abwerfen würden. Der Mann drückt sich. Dabei braucht er doch gar nicht die Zukunft voraussagen, sondern nur die Wahrscheinlichkeitsdimension errechnen.
Times-Reporter Smith hatte im Unterschied dazu keine Schwierigkeiten, auf ein paar historische Erkenntnisse zu verweisen: die Angriffsmaschine Buffalo Bills in den neunziger Jahren - viermal nacheinander im Super Bowl, viermal abgewatscht von Mannschaften mit einer Verteidigungsreihen, die im Laufe der regulären Saison bereits gezeigt hatten, dass sie wirkungsvoller arbeiten als die Defensive der Bills . Die Erfolge der San Francisco 49s unter Bill Walsh: drei Super-Bowl-Siege. Lag's nur an den Zauberkunststückchen von Joe Montana und der Empfangsstation Jerry Rice? Die Statistik besagt: Die Mannschaft war jeweils auf dem Papier bereits in der regulären Saison in der Defensive stärker als ihre Gegner im Finale.
Interessant? Ja und nein.
Nein, weil kein Spiel der Logik vorausgegangener historischer Datenansammlungen folgt. Es findet auf der Basis seiner ureigenen Vorgaben statt. Zu denen gehören das Wetter, die Platzverhältnisse vor Ort, die Fitness - körperlich und geistig - der Spieler und (nicht zu vergessen) der Trainer. Ja, weil die Buchmacher und die Wetter mit ihren Einsätzen landauf, landab den Colts einen ziemlich klaren Sieg zutrauen. Angesichts dessen fragt man sich: Nach welchen Kriterien riskieren Leute ihr Geld? Beschäftigen sie sich vorher mit den Parametern des Spiels oder spielen sie einfach nur Lotto?
Die Bears müssten die Favoriten sein. Die Bears, nicht die Colts.
Aber was prophezeit mein Lieblingsstatistiker David Berri von Wages of Win? Einen Sieg der Colts. Er lehnt sich so weit aus dem Fenster, dass man sich fragt, ob er alles liest, was er selber schreibt. Seine Prognose: 30:13 für Manning und seine Kohorte. Macht siebzehn Punkte Differenz. Das ist stattlich. Dabei hat er in seinem jüngsten Beitrag einen klugen Gedanken formuliert, der seiner eigenen Vorhersage ins Gehege kommt: Wenn man die beiden Quarterbacks Peyton Manning und Rex Grossman vergleicht (worauf ja die Pro-Colts-Spekulationen zurückgehen), kommt man zu folgender Erkenntnis: Grossman hat in den Playoffs besser gespielt als Manning. Man muss sich nur mal die Zahl der Interceptions anschauen. Und wenn eines bei einem Football-Spiel alles über den Haufen werfen kann, dann Ballverluste (durch Fumbles oder Interceptions).
Blick zurück: Die Entscheidungen der Trainer im Lichte der Statistik
Blick zurück: Schon vor Beginn der Playoffs gab es eine Prognose zu diesem Thema. Die Bears haben ihren Teil getan. Sie stehen im Finale
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