Man stelle sich vor, die Fußball-Bundesliga wäre ein bisschen amerikanischer. Wäre nicht dieser zugige Aufgang an der engen Tür zu den sogenannten großen europäischen Wettbewerben, wo das große europäische Fernsehgeld herkommt, sondern wäre der Zahlmeister und das Feuerwerk und der Glanz und die Herrlichkeit.
Man stelle sich vor, die erste Liga wäre nicht diese Vorstufe zur Vorhölle namens Zweite Liga, in der es nichts zu gewinnen gibt, außer Spott, wenn der Wiederaufstieg nicht klappt. Hätte keine wochenlange Winterpause, in der nur Zeit vergeht, während der die entscheidenden Leute nur von einem Bein auf das andere treten und warten. Hätte nicht diese pseudodramatischen 18. Spieltage, die nur deshalb so rasend wichtig sind, weil alle so lange warten mussten, um dann doch nur zu erkennen, dass die schlechten Mannschaften noch immer gurkig spielen und die vermeintlich besseren auch nicht besser.
Dann hätte es diese seltsame Kaskade vom Mittwoch nicht gegeben. Mit erst Jupp Heynckes, dann Felix Magath, dann Thomas Doll spät in der Nacht, die alle an einem Tag ans Kreuz genagelt werden - Karmittwoch. Das wirkte fast schon biblisch-dramatisch mit Leuten, die sich ihre Hände in Unschuld waschen. Mit Hohepriestern in der ersten Reihe und einem staunenden Publikum, das seltsam hingerissen die Ereignisse verfolgt, als handele es sich um mehr als ein Massenunfall auf der A1 auf der gegenüberliegenden Seite, nämlich um ein Ereignis mit allerlei göttlicher Regie und Deutungsbedarf.
Man fühlte sich aber gleichzeitig auch an ein prosaischeres Phänomen erinnert: an die Zeit, als am Rhein entlang immer möglichst zeitgleich das Fischsterben aus den Abflussrohren besorgt wurde, weil die Jungs an den Schalthebeln der großen Chemiekonzerne das geschickter fanden, als die Umweltkatastrophen in polizeilich identifizierbaren Schüben vorzunehmen. Krisen-Public-Relations gut gemanagt (siehe auch das Protokoll des Geschehens auf allesaussersport: "Hoeneß scheint förmlich davon beseelt zu sein, den Magath nicht madig zu machen um ihn schnell von der Gehaltsliste zu bekommen.")
Also, wenn die Liga amerikanischer wäre, hätten wir am Mittwoch vermutlich einen massiven Trade und ein paar kleine obendrein erlebt, die gezeigt hätten, dass man zuerst mal die Spieler neu sortieren muss und sich mit ihrem Können und ihrer Mannschaftskompatibilität beschäftigt, ehe man die Trainer nach Hause schickt. Dann hätte man in München nicht den Mann geholt, von dem man sich so noch gerne vor gar nicht so langer Zeit getrennt hatte.
Sicher: Man hätte keinen besseren Fußball (jedenfalls nicht gleich) und keine stärkere Liga. Aber man hätte auch nicht diese falsche Wahrheiten produzierenden Nebenspektakel, die so tun, als ob Trainer wirklich das ein und alles der Misere wären. Wenn die Bundesliga amerikanischer wäre, wären die Rummenigges und Konsorten nicht quasi unkündbar und könnten nicht permanent so tun, als ob die Fehler immer nur bei den anderen lägen, aber nie bei ihnen. Dann würden auch an sie an den Leistungen und den Erwartungen gemessen und an dem Geld, das sie verschleudern. Wenn die Liga amerikanischer wäre, würden Leute bei den Fernsehsendern sitzen, die sich Sorgen machen über den return on investment und wie das alles weitergehen soll. Denn wie soll es weitergehen? Auf diese gleiche unnütze Weise?
3 Kommentare:
gehen sie gern ins (europäische) stadion? möchten sie eine amerikanischere liga? den roi hab ich die ganze woche.
Genau davor graust es mir am meisten - amerikanische Verhältnisse beim Fussball!
Ohne Auf- und Abstiege!
Mit hunderten von nutzlosen Spielen bis zu den ach so spannenden Playoffs (Wo dann die Gurkentruppe des Jahres in ihren zwei besten Spielen das Vorzeigeteam auf dem falschen Fuss erwischt!)
Mit vielen tollen neuen Werbepausen der sich sorgenden Fernsehsender!
Und mit schönen neuen Vereinsnamen wie den Gladbach Terriern, den Geissböcken Cologne und den Munich Kaisers?
Bitte nicht - behaltet Euren american-sports bei Euch und lasst uns unseren Fussball so wie er ist!
Danke!!
@jochen: Wer sich nicht für strukturelle Änderungen interessiert, akzeptiert den Status Quo: eine sportlich schwache Liga, Inkompetenz auf allen Ebenen und Clubs in Orten, die zu klein sind, um mit ihren Fans wirtschaftlich zur Finanzierung des großen Potts über spezifische Fernsehangebote etwas beizutragen. Und er akzeptiert, dass fast jedes Jahr immer derselbe Club Meister wird - Bayern München. Mit anderen Worten: er akzeptiert eine Schieflage, die gegen sein eigenes Faninteresse gerichtet ist (oder sind alle Menschen außerhalb von Bayern ebenfalls Anhänger der Münchner?) Ich bin in New York weit genug weg, um nicht vom Virus Bundesliga angesteckt werden. Er würde mich krank machen.
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