30. Oktober 2008

Der Klingelbeutel: Es wird Winter

• Der Ordnung halber sei Vollzug gemeldet: David Beckham's Winter ist verplant. Er geht nach Mailand. Bleibt zu fragen: Wann ist er wieder da, um zu den Heimspielen der Lakers zu gehen? Und wohin geht Landon Donovan?

• Warum lassen die Anhänger amerikanischer Sportclubs eigentlich immer dann ihren Hass auf tote Gegenstände aus, wenn die Mannschaften gewonnen haben? Das jüngste Beispiel: Fans der Philadelphia Phillies nach dem Sieg gegen die Tampa Bay Rays im fünften und um zwei Tage in die Länge gezogenen fünften und entscheidenden Spiel der World Series.


• Dirk Nowitzki sieht in dem neuen Concerto grosso, das Trainer Rick Carlisle für die Dallas Mavericks komponiert hat, wie ein Maestro aus. Er wirft aus allen Lagen und trifft. Wenn jetzt noch jemand unter dem eigenen Korb stehen würde, der wirkungsvoll verteidigt, sähe das Team schon wie ein heißer Playoff-Anwärter aus. Hier wird das Spiel live auf Deutsch gebloggt. Sogar mit Fotos. Herr Niemeyer scheint nach einer langen Sommerpause wieder komplett neu aufgeladen. Gut so.

• Eine Zensur findet doch statt. Zumindest auf den Skihängen in Amerika, wo man als Snowboarder nicht einfach mit jedem Brett auf den Lift kommt. Beziehungsweise nicht mit diesen: Die Geschichte hat bisher wenig Traktion gehabt, aber sie ist bezeichnend: Sie repräsentiert den scheinheiligen Teil einer Gesellschaft, die nicht damit zurechtkommt, dass Menschen mit Beginn der Pubertät Hormone ausstoßen, die ihnen unweigerlich die Idee in den Kopf setzt, dass Vertreter des anderen Geschlechts attraktiv sind (inklusive graue Katzen, nachts). Der intellektuelle Bankrott ist erreicht, wenn solche Bilder auf Snowboards auch noch das Label "pornographisch" erhalten, obwohl nicht ein einziges primäres Geschlechtsmerkmal abgebildet ist. Der fragliche Snowboard-Hersteller ist übrigens die Nummer eins in der Welt und sicher über die Aufregung sehr erfreut. So viel kostenlose Werbung....

Rocky's Stadt

Es gibt beim Schreiben von journalistischen Textes immer wieder dieses Problem: Wie vermeidet man Wortwiederholungen, wenn man doch eigentlich das gleiche Wort ständig benutzen muss? Im Sport taucht das Problem vor allem dann auf, wenn man eine einzelne Person häufiger erwähnen und zitieren muss. Oder wenn es um Ortsangaben und Vereinsnamen geht. Da wäre also Kreativität gefragt. Aber statt dessen rattert es nur so vor abgewetzten Vokabeln. Wer regelmäßig die Bundesligaberichterstattung von A bis Z konsumiert, wird den Katalog der gebräuchlichen und zumeist völlig sinnfreien Konstruktionen zur Genüge kennen.

Ein wahlloses Beispiel aus dieser Woche in Focus Online (gefunden über eine Google-Suche mit den drei Begriffen "Knappen", "Fohlen", "Hanseaten") möge genügen, um das Panorama der gängigen Sprachlandschaft in Erinnerung zu rufen. Es enthält auch noch solche Klassiker wie "Werks-Elf" und "Geißböcke".

Da fällt einem doch glatt ins Auge, wenn, wie heute auf faz.net geschehen, jemand bei der Umschreibung für den Namen der Stadt Philadelphia auf folgende Idee kommt: "die Stadt von Rocky Balboa". Rocky Balboa hat nie gelebt. Er ist eine Kunstfigur, die der Hollywood-Schauspieler Sylvester Stallone für seinen Film Rocky erfunden hat. Wer sich nicht an derartigen Gedankensprüngen stört, der hat plötzlich völlig neue Möglichkeiten, um in der Zukunft seine Artikel mit pop-culture-Material zu besprenkeln. Auch wenn die Leinwand- und TV-Helden in Deutschland eher dünn gesät ist. Ideen? Vorschläge? Bitte in der Kommentarspalte abliefern.
Blick zurück: In Philadelphia hat Rocky sogar einen Platz vorm Museum

Marion Jones: Gold auch ohne Doping

Für Marion Jones begann das Leben nach dem Knast mit einem Auftritt im Fernsehen. Oprah Winfrey, die Königin des Seelen-Striptease-Nachmittagsprogramms hatte sie am Mittwoch zu Gast und ließ sich folgende Geschichte servieren: Jones glaubt, sie hätte in Sydney auch ohne Dopingmittel die Medaillen gewonnen. Klingt komisch, wenn man weiß, weshalb sie ins Gefängnis musste: Weil sie gelogen hatte.

John Daly: Falsche Freunde

Das frischeste Foto von John Daly zeigt ihn von einer ganz und gar nicht frischen Seite. Dafür sollte man nicht unbedingt dem Fotografen die Schuld geben. Der arbeitet bei der Polizei und knipst, was kommt. Die Hauptlast liegt sicher bei dem Golfer und bei seinen Kumpanen, mit denen er sich in Winston-Salem in North Carolina in der Nacht zum Sonntag die Hucke vollgesoffen hat. Zur Ausnüchterung wurde er 24 Stunden in Gewahrsam behalten und bei der Gelegenheit zu Buchhaltungszwecken abgelichtet. Die Pointe: seine Begleiter wollten ihn nicht in dem Tourbus mitnehmen, mit dem die ganze Mischpoke unterwegs war. Und die Leute von Hooters, der Kneipenkette, für die Daly Reklame macht, hatte auch kein Plätzchen für ihren Werbeträger. Dalys Geschichten, wozu Eheprobleme, Casinoschulden und der Alkohol gehören, sind nichts Neues. Neuer ist nur, dass seine Leistungen auf dem Golfplatz derart rapide in den Keller gehen, dass der Junge aus Arkansas sich demnächst seinen Lebensstil nicht mehr leisten können wird. Für solche Menschen gibt es in den USA kein soziales Netz. Die fallen tief.

29. Oktober 2008

Charles Barkley: Hungrig auf Politik

Der ehemalige Basketball-Profi Charles Barkley, der inzwischen als Fernsehkommentator reüssiert, war schon immer ein Mann mit viel zu großen Ambitionen. Die waren manchmal auch zu breit und zu rund. Wie etwa vor den Olympischen Spielen 1984, als ihn Nationaltrainer Bob Knight aus dem Team warf, weil er nicht in der Lage war, sich auf ein ordentliches Kampfgewicht herunterzuhungern. In den NBA-Jahren reichte es nie zum Titel, weil man nun mal mit Sprüchen allein jemanden wie Michael Jordan und die Bulls der neunziger Jahre nicht in Verlegenheit bringen konnte. Inzwischen gehen die Wunschvorstellungen noch sehr viel weiter: Barkley möchte Gouverneur in seinem Heimatstaat Alabama werden. Auch diesmal gibt es ernsthafte Gegner: Die weiße Mehrheit in diesem Landstrich zwischen Golf von Mexiko und dem Raketentechno-Center Huntsville wird sich nicht von einem Mann regieren lassen wollen, der regelmäßig im Casino viel Geld verspielt und einst den denkwürdigen Satz geprägt hatte: "Ich bin kein Vorbild. Eltern sind Vorbilder." Barkley ist auch politisch eher ein wetterwendischer Vertreter: "Ich war Republikaner, bis sie ihren Verstand verloren haben", hat er vor einer Weile mal erklärt.

Er ist auch kein Vorbild auf dem Golfplatz. Sein Schwung dürfte das hässlichste sein, was man je gesehen hat. Und dies wäre dann endlich eine wunderbare Gelegenheit, den mal zu zeigen:

NBA: Kaufen Ausländer die Nets?

Das ging aber schnell: Nur ein paar Wochen nach dem Abschmelzen der Knete-Kappen an Wall Street tauchen die ersten ausländischen Bieter an den Stränden Amerikas auf. Geld aus Russland und Geld aus Arabien soll angeblich bereit stehen, um die New Jersey Nets und das Immobilienprojekt in Brooklyn zu übernehmen, in dem das Team eine neue Heimstatt finden soll. Die Spekulationen klingen noch etwas dünn. Aber hinter der Meldungen dürfte sich mehr verbergen. Nicht nur weil David Stern Interesse aus Russland, dem Nahen Osten und China bestätigt hat. Der Dollar-Kurs befindet sich seit mehreren Wochen auf einem steilen Marsch nach oben. Das bedeutet, dass die Bewegung flight to safety eingesetzt hat: Menschen mit sehr viel Geld haben sehr viele Dollars gekauft und suchen als Nächstes voraussichtlich vielversprechende Investitionsmöglichkeiten. Auch Ende der achtziger Jahre, als das ausländische Geld vor allem aus Japan kam, gehörten Entertainment-Firmen (damals Schallplattenfirmen und Hollywood-Studios) zu den begehrten Besitztümern. Das Aufsichtsreglement der einzelnen Ligen in Bezug auf Clubbesitzer ist unterschiedlich.

28. Oktober 2008

Angst vor Steuer-Mann Obama

Kurz vor den Wahlen haben Milliardäre mal wieder ganz andere Sorgen als der Rest der Welt: Wayne Huizenga will den Rest der Miami Dolphins noch in diesem Jahr verkaufen, weil er Angst hat, dass er im nächsten Jahr eine höhere Kapitalertragssteuer auf den Profit zahlen muss. Der Plan geht von der Voraussetzung aus, dass Barack Obama die Wahlen in der kommenden Woche gewinnt, was sehr wahrscheinlich ist, aber nicht sicher. Huizenga sollte sich aber vermutlich mal einen Taschenrechner besorgen. Wenn er glaubt, dass er dieser Tage angesichts der Finanzkrise so viel Geld für den Football-Club bekommt wie vor einem Jahr oder sechs Monaten, dann sieht er eine Fata Morgana. Die inflationären Wertschätzungen von amerikanischen Sportclubs sind auf dem Weg nach unten. So wie bei allen anderen Luftschlössern auch. Wer in diesen Markt hineinverkauft, drückt die Preise. Die Spirale kommt zwar erst langsam in Fahrt, aber sie dreht sich.

27. Oktober 2008

Von Toten und Tuten keine Ahnung

In einem Augenblick extremer Umnachtung hat eine Football-Sideline-Reporterin von Fox am Sonntag den neuen Head Coach der San Francisco 49ers vor seinem ersten Spiel gefragt, wie denn das Telefonat mit seinem Mentor Bill Walsh gelaufen sei. Ein Gespräch, dass er doch sicher sofort geführt habe, als er den Job übertragen bekam. Die Frage und die Antwort gingen nie über den Sender, weil jemand in der Regie den großen Schnitzer bemerkte: Die Trainerlegende Walsh ist vor einem Jahr gestorben. Aber sideline hottie Danyelle Sargent verstand überhaupt nicht, was man ihr in den Ohrknopf trompetete: "Was habe ich gemacht? Was war falsch?"

Die Episode lief am Ende trotzdem in New York, weil das fragliche Material über Satellit routinemäßig an alle Lokalfernsehstationen gegangen war. Den Moderator, der vermutlich die Duftnote "mysogyn" trägt, hatte der Lapsus mächtig amüsiert. Was den Top-Typen von Fox wiederum natürlich extrem ärgerte. Vor allem, weil der Schnipsel auf diese Weise zwischendurch auch noch bei YouTube zu sehen war. Über das Hauptproblem ärgert man sich wohl nur hinter verschlossenen Türen: die Neigung der Sender, gutaussehende Frauen von der Straße aufzulesen, sie mit einem Mikrofon zu bewaffnen und den Trainern und Spielern irgendwelche Soundbites zu entlocken. Die Verantwortlichen könnten das ändern. Aber welche Männer wollen überhaupt diesen undankbaren Job?

Nachtrag: Der Videoschnipsel ist wieder aufgetaucht (via The Big Lead). Und er zeigt, dass der Moderator ein Riesenschnösel ist. Er sagt: Wir wollen nicht auf der Frau herumhacken, ehe er auf die Fehler hinweist und sie korrigiert. Warum wurde etwas gezeigt, das andernfalls überhaupt nicht im Fernsehen zu sehen gewesen wäre?

Vor der neuen NBA-Saison: Oklahoma etc. pp.

Das Aus für die SuperSonics in Seattle und der Umzug nach Oklahoma City kam nicht über Nacht. Darüber haben wir schon sehr gründlich hier, hier, hier und hier geschrieben. Aber zum Auftakt der neuen NBA-Saison bot sich das Thema einfach an, um einem größeren Publikum das Phänomen des Ortswechsels in den amerikanischen Ligen zu erläutern. Am Sonntag lief ein Radiobeitrag beim Deutschlandfunk. Morgen druckt die FAZ einen ausführlichen Bericht, in dem auch der deutsche Bezug zu der Geschichte etwas stärker zum Tragen kommt. Seattle ist Detlef-Schrempf-Country. Dort hat er damals fast den Meistertitel errungen. Dort war er zwischendurch Assistenztrainer. Und dort ist er zuhause.

P. S.: Die Geschichte über den aktuellen Stand bei den Dallas Mavericks in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom Wochenende gibt es nun auch online.

26. Oktober 2008

Ein Sack Rice für die 49ers

Vom Außenminister zum Verantwortlichen bei den San Francisco 49ers. Das ist ein Karriereschritt, wie er wahrscheinlich nur jemandem in den USA einfallen würde. Frau Rice bleibt uns erhalten? Warum steigt sie nicht auf ihr Pferd und reitet in den Sonnenuntergang? Sie hat schließlich mit ihrer kompletten Dummheit und mangelnden Intelligenz in verantwortlicher Position schon genug angerichtet.

24. Oktober 2008

Kobe spielt Tom Cruise


...und dann waren da noch Kobe Bryant, Michael Phelps, Alex Rodriguez und ein Drummer mit einem Helm, die von der Firma Guitar Hero für einen Werbespot zusammengetrommelt wurden. Kann man machen. Aber die Original-Szene mit Tom Cruise im Film Risky Business (Deutscher Titel: Lockere Geschäfte) war origineller.
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Die Musik ist übrigens von Bob Seeger. Das Link hat The Big Lead gefunden und damit der viralen Marketing-Kampagne den bislang fehlenden Startschuss gegeben.

23. Oktober 2008

Vorbild für viele

Der Mann hinter einer der ikonografischen Ilustrationen aus dem amerikanischen Sport, die im Laufe der viele Nachahmer gefunden hat: Er heißt Jerry Dior und sein Entwurf ist das blau-weiß-rote Logo von Major League Baseball. Das Wall Street Journal hat ihn getroffen – rechtzeitig zum Beginn der World Series, die am Mittwoch in Tampa Bay mit einem 3:2-Sieg der Philadelphia Phillies über die Rays begann. Obwohl man in Florida extrem gut auf die Kosten achtet und sich zum Beispiel 30 Millionen Dollar im Jahr aus dem Top der Luxussteuer abholt, sieht die wirtschaftlche Prognose für den Club nicht gut aus. Auch dazu in einem anderen Artikel sehr viel mehr im Journal.

Anleihen bei einem Filmtitel

Eine Überschrift vom Feinsten (die Geschichte zum Thema von dieser Stelle aus steht morgen in der Printausgabe der FAZ.)

22. Oktober 2008

Michael Jordans NBA-Team in Charlotte: Eine Abrechnung

Michael Jordan hat schon in Washington bewiesen, dass er kein NBA-Team managen kann und das Problem mit seiner Rückkehr in die Mannschaft übertüncht. Als er schließlich seinen alten Posten wiederhaben wollte, hat ihn der Eigentümer ins Abseits laufen lassen. Bei den Charlotte Bobcats führt er soeben zum zweiten Mal vor, dass er es nicht kann. Wobei es so aussieht, als ob er sich einfach zu wenig um seinen Verantwortungsbereich kümmert und dafür umso mehr um seine anderen Geschäfte und Privatinteressen. Diesmal verschleudert er allerdings auch sein eigenes Geld. Wäre der Club in einer Stadt ansässig, in der sich mehr Leute und mehr Medien für den Erfolg interessieren würden, gäbe es schon lange öffentliche Klagen und Schuldzuweisungen. Aber für das Provinzteam interessiert sich niemand. Weshalb es eine Weile gedauert hat, bis jemand eine derart umfangreiche Analyse zusammengetragen hat – über den Mann, der Kwame Brown als Nummer eins gedraftet hat, Adam Morrison Nummer drei (Adam wer?) und Richard Hamilton an Detroit abgegeben, um Jerry Stackhouse zu bekommen. Jetzt hat er den Wanderprediger Larry Brown als Trainer angeheuert, der zuletzt in New York massiv gescheitert ist (wenn auch gut dafür entschädigt wurde). Die Mannschaft hat jedes Match im Rahmen der Saisonvorbereitung verloren. Nun will auch noch der Mehrheitseigner seinen Anteil am Club verkaufen. Wer bietet mit? Wer bietet mehr?

Achtung, Achtung: Do not report it. Repeat. Do not report it

Der Fall des illoyalen Quarterbacks Brett Favre schlägt Wellen. Und zwar in der Tiefe des Medienozeans. So offenbart sich erstmals, dass es bei ESPN eine Kapitänskajüte gibt, von wo aus klare Anweisungen an die Männer an Deck gehen. Das Schiff könnte sonst ja ins Schlingern geraten und es sich mit den einflussreichen Geschäftspartnern in den Ligen verderben.

In diesem Fall lautete der Ukas: "Do not report it." Das ist nicht nur deshalb signifikant, weil die Senderspitze auf ihre Weise (siehe Memo) den Bericht von einem integeren journalistischen Konkurrenten denunziert. Der hatte zum Beispiel neulich bei der Jagd nach Informationen über Favres Entscheidung, bei den Jets zu unterschreiben, den world wide leader im Alleingang abgehängt. Er zeigt auch, auf welchen Einschätzungen solche Demarchen beruhen. Nachdem die Ligaspitze die Favre-Sache dementiert hatte, genügte das den Oberen bei ESPN, die Nachricht zu unterdrücken (anstatt darüber zu berichten, DASS die Liga dementiert hatte). Der Vorgang ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil er zeigt, welche Macht sich mittlerweile in einer Hand in der Mischwelt aus Fernseh-LIVE-Berichterstattung und sportjournalistischem Handwerk versammelt. Denn tendenziell ist ESPN inzwischen mit seinen Plattformen TV, Internet und Print inzwischen in der Lage, den Informationsstand der interessierten Öffentlichkeit zu bestimmen. Dass sich angesichts dieser Macht ganz oben Zensurgedanken regen, ist das erste Anzeichen dafür, wohin die Reise geht. Wir bleiben dran.

Nachtrag: Favre bestreitet den Hauptverdacht. Er habe überhaupt keine relevanten Infos an die Lions weitergegeben. Die etwas eigenartige Begründung: Er sei seit "mehr als einem Jahr nicht mehr im Angriff" der Packers gewesen.

21. Oktober 2008

Wenn man Nachbarn hat, die jeder kennt

Jedes Mal, wenn in Deutschland das Feuerwerk der Berichterstattung über amerikanische Promis explodiert, ziehe ich – im Geiste – die Baseball-Kappe tiefer ins Gesicht. So wie neulich bei den Nachrichten über Madonna und ihrer Scheidung von Guy Ritchie. Vielleicht liegt es daran, dass man in New York eine ganz andere Beziehung zu diesem Paparazzi-Phänomen entwickelt. Nicht nur leben hier mehr berühmte Leute als anderswo. Man sieht sie auch gelegentlich. Das sind die Momente, in denen jeder echte New Yorker sein wahres Gesicht gezeigt: Er ignoriert die Figuren aus der Welt der Klatsch-Postillen und halbseidenen Entertainment-Magazine im Vorabendprogramm des Fernsehens. Das ist gewiss die gesündere Einstellung als das ständige Lugen in die bunten Wochenblätter, die in den USA vor fast jeder Kasse im Supermarkt hängen und in unmissverständlichen Schlagzeilen auf eine voyeuristische Weise ohnehin nur eine sehr schlichte Botschaft wiederkäuen: Promis sind auch nur Menschen wie du und ich. Ja, wer hätte das gedacht?

Madonna wohnt zwei Straßen weiter am Central Park. Gesehen habe ich sie noch nie. Was viele Gründe haben kann, unter anderem, dass ich nicht vor ihrer Haustür herumhänge und warte, dass sie herauskommt. Dafür sind mir im Laufe der Jahre andere Figuren über den Weg gelaufen: Demi Moore, der man nachsagte, sie sei eng mit Madonna befreundet. Woody Allen, als er noch regelmäßig seine einstige Lebensgefährtin Mia Farrow besuchte, deren Wohnung ebenfalls in der Nähe liegt. Abgesehen von den Filmleuten, die man manchmal wie Jim Jarmusch sogar in der U-Bahn erspähen kann, sieht man Fernsehleute, die in den USA jeder kennt. Der ehemalige Clinton-Berater George Stephanopoulos, der jeden Sonntag eine Politik-Sendung moderiert, wanderte neulich durch unsere Straße und fummelte an seinem Blackberry herum. Lesley Stahl von 60 Minutes bediente sich am Bankautomaten um die Ecke. John McEnroe mit Kindern im Fitness-Center ein paar Häuser weiter. Und dann und wann hält einem einer von CNN ein Mikrofon ins Gesicht, und man erklärt ihnen, "Nein", man habe ihnen nichts zu sagen. CNN und ABC haben ihre Studios in unserer Gegend, die wir die Upper Westside nennen, was ein ziemlich langweiliger Name für ein Viertel ist, in dem sich die Metropolitan Opera befindet und das Museum of Natural History und jenes Stück vom Broadway, an dem sich drei hervorragende Feinkostläden um uns bemühen (in einem faszinierenden Konkurrenzkampf, in deren Rahmen alle drei immer größer und immer besser geworden sind). Nicht wegen Madonna, sondern wegen Leuten wie uns.

Seit gestern geht das Gerücht, dass auch Madonna-Freund Alex Rodriguez in die Nachbarschaft ziehen wird. Eine Geschichte, an der nur eines bemerkenswert ist: dass sie von einer Zeitung in London groß recherchiert und ausgewalzt wurde. Was könnte die Leser in London ernsthaft an der Geographie von Manhattan interessieren? Ich komme fast jeden Tag an dem Apartmentgebäude vorbei. Ich weiß noch, wie der alte Kasten aussah, der an der gleichen Stelle stand und vor ein paar Jahren abgerissen wurde. Und wie der World Gym im zweiten Stock, in dem sich damals der Verleger Si Newhouse von Conde Nast (New Yorker, Vanity Fair, Vogue) auf dem Laufband abrackerte. Seit heute weiß ich, dass auch noch Sting in dem Hochhaus lebt. Nur warum mich diese Information interessieren sollte, weiß ich leider nicht.

20. Oktober 2008

Brett, der Werkspion

Mal abgesehen davon, dass Brett Favre gerade dabei ist, bei den New York Jets seinen Glorienschein als Quarterback zu schreddern, offenbart er noch andere Eigenschaften, die gar nicht in das alte Bild eines vorbildhaften Footballprofis passen wollen. So verriet er neulich einem ehemaligen Division-Rivalen der Green Bay Packers lang und breit, wie man bei seinem ehemaligen Team auf dem Trainingsplatz am Angriff feilt. Die Detroit Lions, die Empfänger der Informationen, sind zwar zu schlecht, selbst mit solchen Angaben Spiele zu gewinnen, und haben inzwischen Favres Freund geschasst (Matt Millen, die Inkarnation des unfähigen NFL-Club-Managers). Aber die Nachricht über die Werkspionageaktivitäten (vermutlich kein Verstoß gegen Recht und Ordnung in der Liga) bringt viele ins Grübeln. Ist der große Favre tatsächlich doch nur ein ganz, ganz kleiner Mann?

19. Oktober 2008

Bye-Bye Boston


Wir verabschieden uns für dieses Jahr mit dieser kleinen Filmszene von den Boston Red Sox. Wie sagte Adam Sandler in Anger Management (Deutscher Titel: Die Wutprobe) beim Anblick der Unterwäsche?
"I love to see you take that bra off, because it represents a team I've hated my entire life. But you gotto keep it on."

"Why?" fragte Heather Graham, die bereits an dem BH nestelte.
"I got a girlfriend", sagte Sandler. Und damit war der Fall erledigt.

Die Tampa Bay Rays gewannen Spiel 7 mit 3:1 und treten nun in der World Series gegen die Philadelphia Phillies an. Mittwoch geht's los. Kuriosität am Rande: Während die Rays sich im Rundbau des Tropicana Field in St. Petersburg mühten, trugen die NFL-Buccaneers in ihrem Stadion in Tampa ihr Heimspiel gegen die Seattle Seahawks aus (live von NBC übertragen). Jemand bei NBC hat wohl nicht damit gerechnet, dass es die Baseballmannschaft so weit bringt.

Kommt Moneyball dank Brad Pitt ins Kino?

Wenn man jemandem erklären möchte, wie Financiers in Hollywood ticken, geht einem spätestens nach dem dritten Satz der Stoff aus. In LA gibt es Grundregeln und Grundinstinkte. Und dann gibt es Ausnahmen. Ganz viele Ausnahmen. Man kann das Geschäft allerdings ganz allgemein auf das Prinzip reduzieren, dass der Typ praktiziert, der samstags vor dem Kaufhaus in der Fußgängerzone den Passanten seinen billigen Kram für den Hausgebrauch anzudrehen versucht. Und dann noch darauf: Solange ein Produzent oder auch "Produzent" im großen Stil aus Leuten Geld herauslocken und von diesem Geld seinen eigenen teuren Lebensstil bezahlen kann, ist alles möglich. Selbst der eine oder andere gute Film.

Deshalb möchte man auch nicht gleich das Gerücht denunzieren, wonach niemand anderer als Brad Pitt demnächst in der Verfilmung des Buchs Moneyball von Michael Lewis auftreten wird. Obwohl: Man reibt sich erstmal die Augen. Moneyball ist nämlich keine Erzählung, sondern ein Sachbuch. Es tauchen zwar klar umrissene Figuren auf (darunter die Leute, die dafür sorgen, dass die Oakland A's trotz ihrer erstaunlich niedrigen Ausgaben für ihre Baseballprofis leistungsmäßig mithalten können). Aber in erster Linie ist es ein Traktat zur Untermauerung einer Methode der Leistungsanalyse im Sport: Man nehme ganz viele Statistikwerte, produziere ein paar kluge Formeln, um das Aussagepotenzial der nackten Zahlen zu verdichten und lasse sich nicht von den Glamourfaktoren beeindrucken. Denn machen zwar aus prominenten Spielern veritable Stars, die doppelt und dreifach so viel kosten wie die Namenlosen, aber dass sie mehr bringen, ist ein Mythos.

Die Filmrechte für den Stoff waren 2004 an eine Hollywood-Firma verkauft worden. Seitdem ist nicht viel passiert. Von dem ersten Script war nämlich offensichtlich niemand begeistert. Also wird das Pferd jetzt anders aufgezäumt: Über die Besetzung der Hauptrolle. Das Gerede über die großen Namen gehört in Los Angeles zum täglichen Gossip-Programm. Denn anders bekommt man abseitige Filmideen gar nicht ins Gespräch. Der wichtigere Teil der Nachricht allerdings ist nicht, dass Pitt involviert werden soll, sondern die Information, welcher Drehbuchschreiber sich an die Umsetzung des Themas machen soll: Steve Zaillian, der Mann, der für das Script von Schindlers Liste einen Oscar erhalten hat. Zaillian (links) hat einen hervorragenden Ruf. Sein erstes Drehbuch war Der Falke und der Schneemann, eine Geschichte, in dem sich zwei Milieus kreuzen: Drogenhandel und Spionage. Weitere Ausnahmeleistungen: das Script zu Zeit des Erwachsens (Awakenings), Das Kartell (Clear and Present Danger). Zu seinen Regiearbeiten gehört Searching for Bobby Fisher.

Darüber, wieviel Geld einer von der Statur von Zaillian für das Drehbuch, kann man nur spekulieren. Genauso, ob es überhaupt dazu kommt. Denn wenn Pitt nicht zusagt (und kein anderer der sogenannten bankable stars), wird aus der Idee vermutlich so schnell überhaupt nichts werden.

18. Oktober 2008

Der Klingelbeutel: Womit man immer rechnen muss

• Tampa Bay macht es wirklich spannend in diesem Jahr. Oder sind die Boston Red Sox dafür verantwortlich? Nach der 2:4-Niederlage im sechsten Match der Serie gibt es Spiel sieben am Sonntag. Komisch. Kaum jemand glaubt, dass die Rays noch nachlegen können. Und alles nur wegen dieser seltsamen Klatsche am Donnerstag. Am Samstag klappte auch beim übertragenden Sender TBS nicht alles. Es gab am Anfang einen längeren Bild- und Tonausfall.

• Wie bringt man amerikanischen Kindern Mathematik bei? In dem man sie im Unterricht Fantasy Football spielen lässt.

• Der größte Spieler im amerikanischen College-Basketball musste seine Karriere aufgeben. Der Grund: eine Teilamputation am rechten Fuß, die Ärzte vornahmen, weil sie kein anderes Mittel fanden, um eine antibiotikaresistente Infektion zu bekämpfen. Kenny George wäre sicher allein wegen seiner körperlichen Voraussetzungen als Rollenspieler in der NBA zum Einsatz gekommen: 2,31 Meter vom Scheitel bis zur Sohle, Spannbreite 2,60 Meter. (via The Big Lead).

• Camilo Villegas, einer der erfolgreichen neuen Spitzengolfer auf der amerikanischen PGA-Tour, bekam am Samstag schlechte Nachrichten aus seiner kolumbianischen Heimat. Sein Patenonkel wurde in Bogota bei einem Raubüberfall erschossen.

17. Oktober 2008

Die roten Socken sind nicht kaputtzukriegen

Was für ein Fehler: Nachdem Tampa Bay in Fenway Park im siebten Inning mit 7:0 in Führung ging, sind die ersten Fans aus dem Stadion abgewandert. Und ich habe auf die Politkanäle und danach auf Jon Stewart umgeschaltet. Andern Tags wacht man auf und muss lesen: Die Boston Red Sox haben das Ding im fünften Spiel der Serie um die American League Championship doch noch umgedreht und mit 8:7 gewonnen. Es ist kein Trost, dass Kollegen schreiben, das sei eines der unwahrscheinlichsten Resultate aller Zeiten gewesen. Denn tatsächlich möchte man solche Sachverhalte schon gerne so live wie möglich erleben und nicht erst Stunden später aus den Beschreibungen anderer Leute zusammenklauben. Die Serie, die schon zu Ende schien, geht also weiter: Das sechste Spiel ist am Sonntag in St. Petersburg.

Zwei Doping-Fälle im US-Fußball: Milde Sperren für die Spieler

Wir empfehlen Fußball-Profis, die ihrer Karriere ein wenig mit Dopingmitteln nachhelfen wollen, sich vielleicht mal bei einem Team in Major League Soccer zu verdingen. Erstens wird man dort so gut wie nie erwischt. Und zweitens kommt man im Fall des Falles mit ziemlich milden Strafen davon. Das aktuelle Beispiel sind zwei Spieler von New York Red Bulls, die soeben von der Liga mit einer Sperre von zehn Spielen und einem Gehaltsabzug von 10 Prozent bestraft wurden. Natürlich wirft sich MLS angesichts der Nachrichtenlage in die Brust: Man habe die "strengsten Drogen-Regeln im professionellen Sport", sagte der Commissioner in einer Stellungnahme. Aber wieso ausgerechnet zwei Figuren in einer Mannschaft gleichzeitig mit demselben Stoff aufgefallen sind, mochte er dann doch nicht erklären. Wir wissen nur, dass der Club die Geschichte verbreitet, wonach sich die verbotenen Substanzen (darunter Boldenon), in einem Produkt befunden haben sollen, das man in den USA in Vitamingeschäften kaufen kann. Eine solche Version der Geschichte, die so klingt, als hätten sich Sportler aus Versehen gedopt, haben wir schon tausendmal gehört. Sie gehört zu der Verschleierungstaktik aus der Zeit vor BALCO und vor Heredia und vor den Spezial-Apotheken mit den Ärzten, die am Fließband Rezepte ausstellen, ohne die Athleten je gesehen zu haben.

16. Oktober 2008

Test-Spiele ganz privat

Das Wort Ballgefühl hat in Fußballerkreisen in Simbabwe eine neue Bedeutung erhalten: Dank Henrietta Rushwaya und einer Geschichte, die über sie seit Kurzem zirkuliert. Die gute Henrietta ist Geschäftsführerin des Fußballverbandes des Landes und soll sich in dieser Rolle das Recht ausbedungen haben, ein paar Nationalspieler höchstpersönlich zu testen. Im Bett. Darunter: Manchester City-Stürmer Benjani Mwaruwari. Die Andeutungen reichen aber noch weiter. Auch Medienleute sollen bei der Dame schon sehr weit vorgefühlt haben, die einen Ruf als dominierende Person hat. Das alles macht wohl auch deshalb die Runde, weil die intimeren Begegnungen in Hotels stattfinden. Das Personal ist offensichtlich nicht besonders diskret (via Unprofessional Foul, wo man auch ein Foto hat). Henrietta amtiert noch immer, trotz einer solcher Vorwürfe aus der Vergangenheit, zu denen Diebstahl gehört. Und massive Medienschelte. Die politischen Verhältnisse und die virulente Gewalt im Land sind keine guten Voraussetzungen, die Eigenheiten der Funktionärin aufs Genaueste zu untersuchen.

Stern-Stunden in Berlin

Die NBA war in Berlin zu Gast. Was Liga-Chef David Stern zu einem relativ großen Auftritt nutzte und eine Reihe von Medienvertretern zu ziemlich nachdenklichen und skeptischen Abhandlungen über das uralte Gedankenspiel: Bringt die NBA eines Tages einen Ableger nach Europa?

Hier ein Teil der Ernte:

"Ein Tross von zweihundert Menschen – darunter dreißig Basketballprofis und der Commissioner der Liga, David Stern – vertrat die Liga in Berlin und stieg für vier Tage in einem der besten Hotels der Stadt ab. Das Luxusquartier am Potsdamer Platz war eine deutlichere Aussage über die Bedeutung der NBA als das lahme Spiel am Dienstagabend nahe dem Ostbahnhof." (Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung)

"Der Jurist Stern, 66, leitet seit einem Vierteljahrhundert die nordamerikanische Basketball-Profiliga NBA, er beherrscht es perfekt, eine Debatte am Leben zu halten, obwohl viele Argumente dagegen sprechen. So sichert er seinem Hochglanzprodukt öffentliche Aufmerksamkeit." (Ronny Blaschke in der Süddeutschen Zeitung)

"Während die NBA versucht, in Europa Tritt zu fassen und andererseits die Besten aus dem alten Kontinent für die NBA rekrutiert, glaubt der 66-Jährige nicht an die Chance für europäische Vereine, amerikanische Top-Stars zur Aufwertung ihrer Liga zu bekommen. "Das ist doch eine Frage des Geldes", doziert er selbstbewusst. "Wir zahlen 57 Prozent unseres Umsatzes an Gehältern aus." Wer wolle da mithalten?!" (Martin Sonnleitner bei SpOn)

Barcelona will sich im US-Fußball engagieren

In Barcelona hat man fußballmäßig längst verstanden: Man muss sich größeren Zielgruppen-Märkten außerhalb des eigenen Aktionsradius zuwenden, wenn man neue Einnahmequellen aufreißen will. Die Premiere League mit ihren superreichen Vorzeigeclubs macht es allen anderen schließlich deutlich vor. Aber auf diese Idee muss man erstmal kommen: Der FC will in den USA ein Fußball-Team auf die Beine stellen, um von dort aus den potenziellen Fans in Lateinamerika näher zu kommen. Zugegeben: Ihr Antrag konzentriert sich auf den Standort Miami, wo ein enormer spanischsprechender Ethnik-Mix zuhause ist (mit Einwanderern nicht nur aus Kuba und Mexico, sondern auch aus Nicaragua, Honduras und Kolumbien). Miami sei das "Tor zu Amerika" für die Menschen aus dem Süden des Kontinents, sagte Barcelonas Präsident Joan Laporta der New York Times.

Der Grund für diese eigenartige Erklärung: Barcelona ist bereit, zusammen mit einem bolivianischen Geschäftsmann 50 Millionen Dollar auszugeben, um sich in Major League Soccer einzukaufen. Die MLS hat momentan kein Team in Florida (nachdem vorherige Versuche wirtschaftlich gescheitert sind). Ob es dazu kommt, entscheiden die Granden der Liga in der nahen Zukunft. Bislang haben sie erstmal wohlwollend zur Kenntnis genommen, dass man ihnen in Spanien Komplimente macht. "Wir glauben, dass Fußball in den Staaten erwachsen wird", sagte Laporta. “Wir wollen Teil davon sein."

Nicht so erwachsen übrigens, dass es Borussia Mönchengladbach gereizt hätte, zur Vorbereitung auf die laufende Saison nach Denver zu reisen und dort – wie verabredet – das Traingslager in der Höhe durchzuführen, was vielleicht jene müden roten Blutkörperchen in Schwung gebracht hätte, die jetzt Christian Ziege in der niederrheinischen Tiefebene auf Trab bringen will.

Vitamin B(easley)

Nichts gegen Assistenztrainer am College. Schon gar nicht gegen gute. Aber 420.000 Dollar im Jahr als Gehalt an einer staatlichen Bildungseinrichtung für einen Job in der Basketballabteilung? Ist das nicht ein wenig exzessiv? Das sind ja fast schon Wall-Street-Dimensionen. Der Mann, der soviel kassiert, heißt Dalonte Hill. Sein Ticket bei Kansas State war seine gute Beziehung zu Michael Beasley, der soeben in die NBA verduftet ist. Hier gibt es eine vergleichende Statistik mit der Bezahlung von Assistenztrainern an anderen Universitäten mit erfolgreichen Basketballmannschaften. Ein Augenöffner. Die meisten verdienen mehr als die Professoren, die den Studenten wirklich etwas beibringen. Und zwar in den Fächern, in denen die Studenten am Ende auch noch einen Abschluss machen. Hill ist noch nicht lange in Manhattan (Kansas), aber lange genug, um sich eine kleine Alkohol-am-Steuer-Sache einzuhandeln. Wie lange war Beasley in Kansas State? Keine zwölf Monate. Wie lange wird Hill der Uni noch auf der Tasche liegen? Mehrere Jahre.

P. S. Das alles passiert unter demselben Dach, unter dem die beiden deutschen Basketball-Talente Lucca Staiger (Bild) und Fabian Böke mit einer einjährigen Sperre belegt wurden, weil sie in Deutschland in der zweiten Liga einer Mannschaft mit (schlecht bezahlten) Profis gespielt haben. Zumindest in seiner Heimat hat Staiger noch Freunde. Der Verband hat ihn eingeladen, sich in diesem Winter um einen Platz in der Nationalmannschaft zu bemühen. Das Problem: die Sichtung trifft genau in jene Zeit, in der er am College Iowa State gebraucht wird.

15. Oktober 2008

Ein Stadion, zwei Ansichten

Man kann die Panne nur verstehen, wenn man weiß: die New York Giants und die New York Jets spielen im selben Stadion. Trotzdem hat es Sports Illustrated hinbekommen, in ihrem Stadion-Ranking die Giants auf Platz 22 einzuordnen und die Jets auf Platz 29. Wieso die beiden in der Unterkategorie "Zugänglichkeit" nicht auf dem gleichen Platz logieren? Keine Ahnung. Die Zuschauer haben in beiden Fällen den gleichen Weg. Angeblich basieren die Bewertungen auf den Ansichten der Fans. Die Fans der Teams oder die Fans von Sports Illustrated?

Skipper Schmalhans hält den Kurs

Wir gehen in die entscheidende Phase der Baseball-Saison und müssen uns mit dem Gedanken anfreunden, dass sich demnächst zwei Mannschaften in der World Series gegenüberstehen, auf die sich kaum jemand freut. Die Tampa Bay Rays und die Philadelphia Phillies. Die meisten Leute wollen die Oligarchen-Teams sehen: die New York Yankees, Boston Red Sox oder die New York Mets. Die werfen mit dem Geld nur so um sich, kaufen die bekannteren Spieler vom Markt und inszenieren Baseball mit dem Hauch des Besonderen. Wer hat, der hat. Richtig?

Meistens ja. Aber in dieser Saison scheint Schmalhans der beste Skipper zu sein. Obwohl: Hinter den Rays zum Beispiel steckt durchaus jemand, der in den guten Wall-Street-Jahren beim Investmentbanker Golfman Sachs extrem viel Geld verdient hat. Aber jetzt spielt Tampa Bay mit der zweitniedrigsten Gehaltsliste von Major League Baseball. Mit anderen Worten: Da sitzen Leute, die ein Auge für junge Talente haben und sich nicht vom Glanz der großen Namen blenden lassen. Mehr zu Tampa Bay habe ich vor ein paar Tagen in einem Artikel für die FAZ zusammengetragen. Der steht jetzt auch online zur Verfügung.

Aktueller Stand: Phillies gegen Dodgers 3:1, Rays gegen Red Sox 3:1.

Hinweis: Im letzten Jahr lag Boston gegen die Cleveland Indians ebenfalls mit 1:3 zurück. Sie drehten den Spieß um, gewannen die Serie mit 4:3 und machten in der World Series den Sack zu. Ob sie aber auch in diesem Jahr die Pitcher haben, um so etwas hinzubekommen, darf man bezweifeln.

13. Oktober 2008

Sperren und Sparen

Es ist keine Entscheidung auf dem Niveau des Kuranyi-Rauswurfs, aber es geht in die gleiche Richtung: Der junge Spielmacher Monta Ellis wurde vom Besitzer der Golden State Warriors für 30 Spiele gesperrt, weil er sich im Sommer bei einem Mopedunfall eine schwere Knöchelverletzung zugezogen und anschließend über die Ursache gelogen hatte. Erst nach ein paar Tagen zog er die falsche Behauptung zurück, die Geschichte sei bei einem privaten Basketball-Match passiert. Die Sperre kostet Ellis 3 Millionen Dollar Gehalt und wurde gegen den Willen von Chefmanager Chris Mullin und Trainer Don Nelson verhängt. Die hatten wohl eine Papa-Gnädig-Behandlung des Falls vorgesehen, obwohl Ellis gleich zwei Fehler begangen hatte: Mopedfahren (das hat er laut seinem Vertrag gefälligst zu unterlassen) und Lügen.

Die moralisch angehauchte Strafmaßnahme könnte allerdings einfach nur eine kluge Geldsparmaßnahme sein. Die Fahnen hängen schon überall in der Liga – symbolisch gesprochen – auf halbmast. In der NBA-Zentrale in New York wurde eine erste Kündigungswelle verordnet. 80 Mitarbeiter (das entspricht etwa 10 Prozent) werden entlassen, weil man befürchtet, dass sich die abschwächende Wirtschaft auf das Verhalten der Basketball-Kundschaft auswirkt. Tatsächlich dürfte diese Ersparnis in der Summe noch unter dem Gehalt von Commissioner David Stern liegen. Der hat nicht angekündigt, auf einen Teil seines Honorars zu verzichten.

Nachtrag: Eine wichtige Dimension der neuen Zeitrechnung wurde jetzt bei Vorbereitungsspielen in Las Vegas und Pittsburgh deutlich, also in Städten, die keine NBA-Teams haben. Dort waren die Hallen mal gerade zu drei Vierteln gefüllt.

"Das ist Amerika. Wir sind fett"

Das alte Stadion mit dem Namen Cotton Bowl in Dallas wurde soeben aufgehübscht. Für 57 Millionen Dollar. Es ist die neuntgrößte Arena in den USA (Fassungsvermögen: 92.000). Nicht groß genug für alle Zuschauer. Oder besser gesagt, nicht breit genug. Am Wochenende gab es Beschwerden. "Es ist zu eng, um sitzen zu können", sagte eine Besucherin. "Was soll das? Das ist Amerika. Wir sind nicht klein. Wir sind fett."

Hicks salta

Man darf davon ausgehen, dass ein amerikanischer Sportclub-Besitzer ein bisschen von dem Geschäft versteht, in dem er sich tummelt. Selbst wenn er einen Club in England kauft und der Verdacht nahe liegt, dass er weder die Feinheiten der Sportart begreift noch die Seele der Fans. In guten Zeiten ist "ein bisschen" vielleicht sogar gut genug. Aber dies sind keine guten Zeiten – weder in den USA noch in England, wo die enorme Überschuldung von Clubs in der Premier League bereits zum guten Ton gehört. Solches Wirtschaftsgebaren wird nicht ohne Folgen bleiben. Man kann sich schon mal das eine oder andere Kollaps-Szenario ausmalen und sich fragen, ob der britische Staat den Fußball-Unternehmen im entscheidenden Moment ähnlich unter die Arme greifen wird wie jetzt den Banken.

Aber das scheint einen Mann wie Gil LeBreton nicht zu interessieren. Der hat beschlossen, von seinem Pappeimer aus, seinem persönlichen Hyde Park Corner, dem Fort Worth Star Telegram, dem Sportclub-Besitzer Tom Hicks (FC Liverpool) den Rücken zu stärken. Moralisch. Und ideologisch. Wäre Tom Hicks ein wirklich erfolgreicher Sportclub-Unternehmer und nicht der Besitzer von solchen Schlappmachern wie dem Baseball-Team Texas Rangers und dem Eishockey-Team Dallas Stars hätte man vielleicht Sympathien für diesen Schreib-Versuch, der darin besteht Mr. Hicks Zucker in den Arsch zu blasen. Warum interessiert einen das, wenn sich in Texas zwei Leute auf diese Weise näher kommen? Weil es als Anschauungsunterricht ganz gut taugt, um zu verstehen, wie reiche Leute in Texas (und ihre journalistischen Fellationäre) ticken. Viele Menschen dort glauben tatsächlich, dass ihre Haltung und ihr Umgang zu Geld, zu Investitionen und Überschuldung eine seligmachende Prämisse ist. Und weil sie sich bislang mit diesem Geld und dieser Wahnsinnsschulden-Mechanik im Rest der Welt als dickster Elefant austoben konnten, erleben wir jetzt den GAU der Finanzmärkte.

Dass Clubs in Ligen mit diesen enormen Fernseheinnahmen Schulden haben, ist im Grunde ein unverständliches Phänomen. Sie könnten doch auch ganz anders wirtschaften, Gewinne machen und sicher weglegen, damit sie in schlechten Zeiten etwas zu beißen haben, oder nicht? Sie könnten, aber sie tun es nicht. In manchen Fällen entspringen die Verbindlichkeiten einer Stadionfinanzierung. Gut, da hat man dann zumindest eine Immobilie als Gegenwert. Aber Stadien- und Hallenbau ist nicht der einzige Faktor. Der größte Teil des Problems hat mit der Entlohnung von Spielern zu tun. Denen möchte man ihre Millionen gönnen. Denn dort, wo die Salary Cap einen unmissverständlichen Deckel auf die Gehälter legt wie etwa in der NFL, geht das Geld in andere Kanäle. In beiden Fällen sind die Clubbesitzer die Verantwortlichen. Sie sind es, die hinter jeder Spirale stecken, die sich dreht. Warum geht für die meisten die Rechnung trotzdem auf? Weil man spätestens beim Verkauf des Clubs mit einen enormen Wertzuwachs materialisieren kann, der einen für etwaige angehäufte Verluste mehr als entschädigt. Der Marktwert eines Clubs basiert allerdings nie auf einer Kalkulation, wie man sie in anderen Bereichen der Wirtschaft anstellt, wenn Unternehmen, die nichts herstellen und keine Waren lagern, den Besitzer wechseln. Da zieht man die Gewinne der Vergangenheit zu Rate und rechnet die auf eine Frist von maximal zehn Jahre hoch und addiert den Betrag. Wenn man so im Sport arbeiten würde, läge der Marktwert der meisten Clubs (ohne Stadion) zwischen 20 und 50 Millionen Dollar. Tatsächlich reden wir in fast allen Ligen vom Zehn- bis Zwanzigfachen.

Wie ist eine solche Verzerrung möglich? Weil jeder der kauft, glaubt, er könnte irgendwann den viel zu teuren Laden für einen noch höheren Preis an jemand anderen verkaufen. Das ist pure Spekulation. Es hat aber in den letzten hundert Jahren in der Profi-Welt des amerikanischen Sports immer funktioniert. Aber geht es auch so weiter? Laufen da nicht Leute einer ähnlichen Fata Morgana hinterher wie in den letzten Jahren an Wall Street? Wahrscheinlich schon. Wie dort wird es sich im Sportbusiness auch erst ändern, wenn Menschen, die den kommerziellen Sport über Kredite finanzieren wollen, pleite gehen, weil die Banken ihr Geld wiederhaben wollen/müssen. Der Tag ist nicht mehr fern.

12. Oktober 2008

NBA-Test: Ein Spiel unter freiem Himmel

Das beste Wort für den Abstecher der NBA in die Wüste von Kalifornien und in ein Tennis-Stadion: Gimmick. Aber damit war wohl zu rechnen, dass die Liga einen Weg findet, den Eishockeybossen nachzueifern, die von jetzt ab jeden Neujahrstag in großen Stadien spielen lassen wollen. Also mussten die Phoenix Suns und die Denver Nuggets nach Indian Wells fliegen (ein Nachbarort von Palm Springs) und unter Flutlicht unter freiem Himmel ein Vorbereitungsspiel austragen. Es muss ziemlich kalt gewesen sein (normal für die Nächte in der Wüste) und obendrein auch noch windig. Die Zusammenfassung kann man hier lesen. Mehr Fotos findet man hier. Man kann übrigens die Gegend durchaus empfehlen, außer im Sommer. Im Juni, bei meinem letzten Abstecher, hatte man tagsüber Brutkastentemperaturen von 40 Grad im Schatten und keinen Schatten. Es ist eine blitzblanke, neureiche Oasenlandschaft mit vielen, rechtschaffen guten Golfplätzen, inzwischen auch einer Reihe von Indianer-Casinos und einem sehr informativen Wüsten-Lehrpfad in Palm Desert. Die beste Zeit ist das Frühjahr, wenn die karge Pflanzenlandschaft blüht und man auf dem ziemlich hohen Bergrücken gleich nebenan noch durch den Schnee wandern kann. Man fährt mit einer Gondel hoch.

11. Oktober 2008

Diagnose: Krebs


Sie wurde vom Hallensprecher als "Amerikas bekannteste Eishockey-Mutter" angekündigt und vom Publikum herzhaft ausgebuht. Dann drehte man im Wachovia Center in Philadelphia die Filmmusik auf und ertränkte das störende Geräusch von den Rängen. Das alles war Sarah Palin vermutlich ganz egal, als sie den symbolischen Akt vollzog und den Puck fallen ließ, während von beiden Seiten die Kapitäne der New York Rangers und Philadelphia Flyers brav in die Kameras der Fotografen grinsten. Photo-Op ist Photo-Op. Und zwei ihrer Kinder durften auch noch mit aufs Eis.

Dann verschwand sie wieder, die winkende Mutter mit ihren zwei Töchtern: das Symbol für all das, was in in den USA in die verkehrte Richtung läuft. Sie mag inzwischen berühmt sein (und berüchtigt wegen ihrer politischen Ideen und ihrer geistigen Flachbrüstigkeit). Sie mag aus Angst vor den Fragen von Reportern nur noch Termine wahrnehmen, bei denen man die neugierigen Journalisten auf Abstand hält. Sie mag nach Art der Heckenschützen auch weiterhin Millionen von Rassisten aufstacheln, um den ersten schwarzen Präsidenten aus dem Weißen Haus herauszuhalten. Aber in Philadelphia und Umgebung wird sie niemanden davon überzeugen, dass sie die bessere Wahl wäre. Sie ist nicht nur ein "tödlicher Krebs" für die Partei der Republikaner, wie der konservative politische Kommentator David Brooks vor ein paar Tagen feststellte. Sie ist das Symptom für jenen Zynismus, in dem sich Leuten aalen, die in den letzten acht Jahren ganz wunderbar von der Politik dieser Partei profitiert haben, während der Rest des Landes und der Bevölkerung nur ausgeplündert wurde.

P. S.: Das Wachovia Center wird sicher demnächst einen anderen Namen erhalten. Zwei Banken – CitiGroup und WellsFargo – befinden sich im Streit darüber, wer das Finanzinstitut übernehmen darf, das in den letzten Wochen wie so viele große Firmen wie ein desorientierter Wal an Land gespült wurde. Nachtrag: WellsFargo hat den Zuschlag bekommen.

P. P. S.: Wenn hier schon von Krebs die Rede ist: Der Mann, der Sarah Palin ausgesucht hat, um ihn im Fall des Falles als Präsident nachzufolgen, hat mehrere Hautkrebs-Episoden hinter sich. Die schlimmste im Jahr 2000, als ihm Ärzte aus der linken Gesichtshälfte neun Lymphknoten entfernten. John McCain ist 72 Jahre alt und aufgrund dieser Vorgeschichte eindeutig in der Gefahr, irgendwann komplett von der Krankheit übermannt zu werden. CNN berichtete jetzt im Detail über das wenige, was der Politiker bislang an die Öffentlichkeit gelassen hat. Ein Präsident, der mit 72 das Amt antritt, wäre mit Abstand der älteste Politiker in der Geschichte des Landes. Der bislang älteste war Ronald Reagan mit 69 bei seiner Einschwörung und mit Anzeichen von Alzheimer in den letzten Jahren seiner Regentschaft.

10. Oktober 2008

Zu früh gefreut


Ein Möbelhaus in Chicago hat vorher den Werbefilm gedreht, den man hinterher nicht mehr rechtzeitig fertigbekommen würde: den Film mit den strahlenden Gesichtern von ehemaligen Chicago-Cubs-Spielern, die sich über den World-Series-Erfolg der Mannschaft freuen. Das wäre wirklich was gewesen. Die Cubs haben schließlich seit hundert Jahren nicht mehr gewonnen und sind nach dem Ende der Durststrecke in Boston so etwas wie das arme Waisenkind von Major League Baseball. Die Hoffnungen der Alten und der Jungen platzten in der ersten Runde der Playoffs gegen die Los Angeles Dodgers.

Andere Hoffnungen platzen in diesen Tagen ebenfalls. Zum Beispiel jene von Team-Besitzer Sam Zell, der bis vor kurzem den Eindruck hatte, dass er den Club für über eine Milliarde Dollar verkaufen kann. Das war der Preis, den Mark Cuban geboten hatte. Die Finanzkrise, die soeben an der Wall Street alle in Dollar und Cent ermittelten Wertmaßstäbe pulverisiert, wird auch auf den Marktwert von Teams durchschlagen. Vor allem dann, wenn jemand gezwungen ist, wie vor ein paar Minuten auf dem Börsensender CNBC geunkt wurde, den gesamten Club oder Anteile daran zu verkaufen, weil er dringend Geld braucht. So etwas drückt die Preise. Ob der Kollege dabei an die Probleme der Moores-Familie gedacht hat?

Mark Cuban war mit den Dallas Mavericks am Donnerstag zu einem Vorbereitungsspiel gegen die Chicago Bulls in Chicago und wurde natürlich vor allem wegen der Cubs von den Reportern gelöchert.

Eine Major-League-Scheidung

Als vor ein paar Monaten in Südkalifornien die Nachricht die Runde machte, dass Rebecca Moores, die Ehefrau des Besitzers der San Diego Padres die Scheidung eingereicht hatte, haben viele vermutet, dass die Trennung nicht ohne Auswirkungen auf den Baseballclub bleiben wird. Die beiden waren 44 Jahre verheiratet und hatten keine Gütertrennung. Nun berichtet ein Fernsehsender: John Moores, der sein Geld im Immobilienmarkt in der aufgehübschten Innenstadt von San Diego verdient hat, wird 49 Prozent der Padres verkaufen. Das Team nannte das Gerücht allerdings "hochspekulativ". Von welchen Größenordnungen reden wir? Moores war 1994 eingestiegen und hatte 80 Millionen Dollar ausgegeben. Inzwischen liegt der Marktwert des Clubs nach Schätzungen des Wirtschaftsmagazins Forbes bei knapp unter 400 Millionen Dollar. Ebenfalls zum Verkauf steht die Villa am 18. Loch von Pebble Beach, einem der berühmtesten Golfplätze Amerikas mit Blick auf den Pazifik. Moores verbringt seine Zeit, seitdem die Scheidung läuft, hauptsächlich in Texas, wo sich die beiden einst in der Schule kennengelernt hatten.

Wo es nur um materielle Fragen geht, wird sich die Scheidung vermutlich noch ziemlich leicht abspulen lassen. Es gibt aber bei den Moores noch kuriose andere Verhältnisse zu klären. So hatte das Ehepaar vor ein paar Jahren der örtlichen Universität 21 Millionen Dollar für den Bau eines Krebszentrums gestiftet und wurde dafür nach guter amerikanischer Manier belohnt: Die Institution heißt seitdem Rebecca & John Moores UCSD Cancer Center. An der Universität in Houston gibt es ein ähnliches Problem. Dort haben sich die beiden Anfang der neunziger Jahre durch eine Spende an der Fassade der Rebecca and John J. Moores School of Music verewigt. Wie man mit diesem Namensproblem nach der Scheidung umgeht, haben die lokalen Medien noch nicht recherchiert.

8. Oktober 2008

Oden an die Freude

Er trägt ein ziemlich alt aussehendes Gesicht, dabei ist er noch immer ganz neu. Und zwar so neu, dass Greg Oden soeben sein allererstes Match für seinen Arbeitgeber bestritten hat. Ein Jahr, nachdem ihn die Portland TrailBlazers gedraftet hatten und nachdem er wegen einer Knieverletzung die Ausübung von jedwedem Sport einstellen musste, wirkte er im ersten Vorbereitungsspiel der anstehenden Saison auf den Reporter der Los Angeles Times "ziemlich stark". Tatsächlich wirkte letzten Winter die gesamte Mannschaft auch ohne ihn ziemlich stark (auf der Seite bis um Beitrag Was haben die TrailBlazers getankt? scrollen). Trainer McMillen war von seinen Spielern angetan. Ist Portland ein Playoff-Team?

P. S.: Greg Oden bloggt. Sporadisch.

Silvester-Tod in Denver: Anklage gegen Hauptverdächtigen

Es hat fast zwei Jahre gedauert, bis die Mühlen der Justiz in Colorado eine Anklageschrift produziert haben. Der Mann, der vermutlich das Leben des Denver-Broncos-Cornerback Darrent Williams auf dem Gewissen hat, wird sich demnächst vor Gericht verantworten müssen. Die Tat wurde in der Silvesternacht 2006/2007 in Denver verübt und wirkt bis heute völlig mysteriös. Die Polizei war dem Hauptverdächtigen schon ziemlich früh auf der Spur. Aber die Staatsanwaltschaft kam anschließend nur im Kriechtempo voran.

7. Oktober 2008

LeBron an Fans in Ohio: "Gehe nirgendwohin"

LeBron James ist in Ohio aufgewachsen und spielt in Cleveland, der schwer angenagten Wirtschaftsmetropole am Lake Erie und größten Stadt im Bundesstaat. Bisweilen macht er die Fans nervös. Die würden zwar nie auf die Idee kommen, dass er demnächst nach China auswandert, weil dort zahlenmäßig betrachtet die meisten Fanartikel-Verbraucher der NBA wohnen. Aber dass er den Verlockungen von New York nicht standhalten kann und irgendwann zu den Knicks wechselt. James hat das jetzt auf seine Art dementiert, im besten Ebonics-Ghetto-Duktus: "I ain't goin' nowhere", sagte er bei einer Veranstaltung. Sein Auftritt hatte eine politische Dimension: Er will helfen, Wähler zu moblisieren und für change zu stimmen. Wir nehmen mal an, dass er damit nicht "Kleingeld" meint und auch nicht das Wortgeklingel von John McCain und der kessen Deern an seiner Seite. Er erwähnt zwar den Namen des Basketballers Barack Obama in seiner kurzen Ansprache nicht. Aber seine Einschätzung der beiden Kandidaten sollte klar sein. Sonst hätte er nicht 20.000 Dollar an die Adresse des Demokraten gespendet. Wahrlich kein Kleingeld.




6. Oktober 2008

Texaner gut im Verplempern

Ladies and Gentlemen: Wir präsentieren die Houston Texans, eine Football-Mannschaft, die in der Lage ist, mit noch vier Minuten auf der Uhr einen Vorsprung von 27:10 zu verplempern. Dazu muss der Gegner nach Adam Riese mindestens drei Touchdowns erzielen. Und das hat er am Sonntag denn auch getan. Die Sieger des Matches: die Indianapolis Colts (Endresultat 31:27), die solche Geschenke beim besten Willen nicht verdient haben. In Houston wurden bestimmt Erinnerungen wach. Und zwar an die Houston Oilers (die heute als Tennessee Titans ihrem Geschäft nachgehen). Die haben im Januar 1993 in den Playoffs auf legendäre Weise eine 35:3-Führung vergeigt. Der damalige Erfolg der Buffalo Bills und die selbstsame Selbstaufgabe der Oilers gelten als das größte Comeback aller Zeiten in der NFL. Wenn die Texans noch ein bisschen üben, werden sie das bestimmt eines Tages noch überbieten.

Bull Durham: Fortsetzung im Gespräch

Alles noch im Gerüchtestadium, aber nicht ohne Reiz: Angeblich reden Kevin Costner und Ron Shelton über Möglichkeiten und Wege, dem besten Sportfilm aller Zeiten 20 Jahre später eine weitere Episode hinzuzufügen. Der Film – Bull Durham – spielt im Minor League-Baseball-Milieu und wird aus der Perspektive einer Frau erzählt: dem belesenen, selbstbewussten Sportgroupie Annie Savoy, das sich in jeder Saison einen Spieler ihrer Mannschaft herausgreift, aber sich diesmal zwischen zweien entscheiden muss: zwischen einem aufstrebenden Pitcher und Total-Dummkopf und einem alten Catcher am Ende seiner Karriere. Der wurde in die Mannschaft geholt, damit der Junge noch das lernt, was ihm fehlt: ein Verständnis für Taktik und Wurfauswahl. Costner spielt den Catcher namens Crash Davis. Der Pitcher wird von Tim Robbins gegeben, der bei der Gelegenheit Susan Sarandon kennenlernte, die Darstellerin der Annie Savoy. Die beiden leben seitdem zusammen und haben zwei Söhne.

Abgesehen von der gelungene Ensemble-Leistung und den glaubwürdigen sportlichen Fähigkeiten von Costner, der bei den Dreharbeiten zwei Home Runs erzielte, während die Kamera lief, war das eigentlich Bemerkenswerte an dem Projekt das Script von Ron Shelton, der einst selbst als Minor-League-Profi gespielt hatte. Die Essenz: Komödie statt Klamauk und Klischeee. Er sorgte anschließend noch für zwei weitere Kinofilme, die sich mit Sportthemen beschäftigen: White Men Can't Jump und Tin Cup (ebenfalls mit Costner). Übrigens: Der Film erhielt in Deutschland einen kuriosen Titel verpasst: Annie's Männer. Man mag sich gar nicht ausmalen, wie die deutschen Synchron-Stimmen klingen. Susan Sarandon zum Beispiel produziert einen fabelhaften Südstaaten-Akzent (der Film spielt in North Carolina), durch den die intellektuell angehauchten Statements von Annie einen besonderen Charakter erhalten.

4. Oktober 2008

NHL-Saisonauftakt in Europa: Das Ego reist mit

Die NHL-Saison hat offiziell begonnen. In Stockholm und Prag. Das Konzept sieht jeweils zwei Begegnungen vor. In Schweden sind es die Pittsburgh Penguins und die Ottawa Senators, die sich beharken. In Tschechien die New York Rangers und Tampa Bay Lightning. Was die Kernfrage angeht – Was soll das, was bringt der Trip nach Europa? – halten sich die Gazetten und Internetseiten hierzulande eher zurück und haben sich entschieden, vor allem über die Action auf dem Eis zu berichten (Auftakt-Siege für New York und Pittsburgh). Und wenn sie mal etwas weiter ausholen, dann greifen sie wiederum nur in die Kiste mit den vielen Klischees. Wie meinte doch noch der Schwede Daniel Alfredsson, der bei den Senators den Captain gibt, über die Reise nach Göteborg und Stockholm? "Es ist unglaublich. Das wird vermutlich erst in Ottawa nächste Woche so richtig sacken, wenn ich ein bisschen entspannen und es genießen kann. Es war bisher eine großartige Erfahrung, ein enormer Ego-Trip für mich." Na, wie erhellend.

Auch Tampas Tscheche Vaclav Prospal schwärmt: "Das ist ein besonderes Gefühl, ein NHL-Spiel in meinem Heimatland und vor meinen Familienmitgliedern und allen Freunden auszutragen." Ja, prima. Gut für dich, Vaclav. Zumal es für ihn das Größte an der Reise sei, dass seine Mannschaftskollegen "eine Gelegenheit erhalten, um sehen zu können, woher wir kommen, und ein bisschen die Tschechische Republik kennenzulernen". Ja, stehen denn auch Ausflüge nach Theresienstadt, Lidice und Pilsen auf dem Programm? Werden Nachfahren des Prager Frühlings den Profis einen Vortrag über die Zeit damals halten? Oder hat sich vielleicht sogar ein Verwandter von Jan Palach gemeldet?

Unwahrscheinlich. Unwahrscheinlicher jedenfalls als die Ausdehnung der NHL nach Europa, worüber seit ein paar Tagen mal wieder gemurmelt wird. Die Verlockungen und Visionen sind ähnlich wie bei der NBA, die wirtschaftlich sehr viel stärker ist, aber im Vergleich einen geringeren Zufluss von Spielern aus Europa hat. Die Argumente gegen und für werden in beiden Fällen durch den gleichen Leierkasten gedreht.

Tatsächlich basieren die Wunschvorstellungen auf null Basisrecherchen. So bieten die denkbaren Landeplätze für beiden Ligen nicht annähernd die Ertragsaussichten, wie man sie in den amerikanischen Metropolen hat. 7 Millionen Schweden, 7 Millionen Schweizer, 10 Millionen Tschechen (wenn wir mal nur von den virustechnisch am stärksten angestochenen Ländern ausgehen), sollen die Fernsehgelder auftreiben, die man braucht, um solche Pläne zu finanzieren? Wer baut die modernen riesigen Hallen? Wie kann man verhindern, dass der Abzug/die Heimkehr von europäischen Talenten nicht gleichzeitig das Niveau der Mannschaften in Nordamerika reduziert? Fragen über Fragen. Schon jetzt fehlen der NHL der Nachschub der jungen Russen, die keinen Grund mehr sehen, ihre Heimat zu verlassen.

Wenn's auf jedes Gramm ankommt


Was macht eine Frau, die beim Wiegen vor einem Kampf der Blutsportart Mixed Martial Arts ein paar hundert Gramm zuviel mitgebracht hat und mit einer Disqualifikation rechnen muss? Sie entledigt sich komplett ihrer Kleidung und stellt sich noch mal auf die Waage (im Video ab 2:20 Minuten). Mehr Informationen hat der Houston Chronicle Brawl-Blog.

3. Oktober 2008

Die Steuerfahndung ist langsam, aber wehe, wenn sie dich einholt

Ein paar Millionen hier, ein paar Millionen da. Und plötzlich reden wir über eine ordentliche Menge Geld. Leider reden wir in diesem Fall auch über eine ordentliche Strafe. Aber anders als im Fall Emig sind die Fronten völlig klar: Auf der einen Seite der brasilianische Automobilrennfahrer Hélio Castroneves, seine Schwester und sein Anwalt, auf der anderen die amerikanische Steuerbehörde. Dazwischen? Ein Gericht, das entscheiden wird, ob die drei im Zusammenhang mit den happigen Einnahmen des ehemaligen zweifachen Indy-500-Siegers einen happigen Fall von Steuerbetrug und mehrere Fälle von Steuerhinterziehung begangen haben. Castroneves lebt in Carol Gables, einer Villengegend von Miami, hatte aber offensichtlich ein paar Konstruktionen in Panama und den Niederlanden installiert, um das Geld im großen Stil am US-Finanzamt vorbei zu leiten. Im Zeitraum von drei Jahren soll er nur eine Million Dollar an Einnahmen in seinen Steuererklärungen angegeben haben. Mehr als 5 Millionen wanderten nach Auffassung der Steuerfahnder über andere Kanäle ins Ausland.

Das Besondere am Stand der Dinge: Normalerweise wird ein säumiger Steuerzahler nicht gleich vors Gericht gezerrt, sondern erhält die Gelegenheit, die Faktenlage noch einmal geradezurücken (was mit dem Nachzahlen von Steuern und empfindlichen Geldbußen einher geht). Castroneves scheint auf dem Standpunkt zu stehen, nicht gegen die Gesetze verstoßen zu haben. Beziehungsweise er scheint seine Verteidigung darauf aufzubauen, dass ihm seine Steuerberater ihn in diese missliche Lage gebracht haben. Es droht allen Angeklagten Gefängnis.

2. Oktober 2008

Doktor-Spiele

In fast jeder Moritat die unsereins interessiert, verbirgt sich irgendeine ganz besondere Ironie. Besonders bei Vergehen und Verbrechen der mittleren und oberen Schichten, die ja meistens nicht ganz spontan begangen werden, sondern mit Absicht, und auch nicht von unmittelbaren akuten Bedürfnissen ausgelöst werden wie, sagen mir mal, Mundraub. Aber soviel Ironie wie im Prozess gegen den diplomierten Sportlehrer und Fernsehjournalisten Dr. Jürgen Emig ist dann doch eher selten. Wie Jens Weinreich in einem Eintrag zur Urteilsnachricht schreibt, hat der soeben mit zwei Jahren und acht Monaten Gefängnis belegte ehemalige Ressortleiter Sport des Hessischen Rundfunks seine Studienjahre mit dieser Doktorbeit abgeschlossen:
Barrieren eines investigativen Sportjournalismus – Eine empirische Untersuchung zu Bedingungen und Selektionskriterien beim Informationstransport.

Die Schrift hätte man in diesem Augenblick gerne zur Hand. Vor allem auch deshalb, weil ein Verweis auf der Open Library Webseite diesen Untertitel zitiert: "Informationsgenerierung über einen mehrstufigen journalistischen Selektions- und Entscheidungsprozess, dargestellt an der Hintergrundberichterstattung im Bereich des Sports". Es macht einen neugierig, weil man erfahren möchte, was der promovierende Jürgen Emig wusste, ehe er dann ins Leben ging, sich auf einen gut bezahlten Posten vorarbeitete und eine Frau zur Gattin nahm, die ihm "Selektionskriterien beim Informationstransport" vermittelte, an die er womöglich bei der Erstellung der Doktorarbeit noch gar nicht gedacht hatte.

Der Form halber wollen wir an dieser Stelle betonen, dass das Urteil gegen Dr. Emig noch nicht rechtskräftig ist, weshalb wir uns mit unseren Einschätzungen zum Sachverhalt zurückhalten wollen. Das Zitat aus der Schrift, das man hier finden kann, spricht eher für einen Autor, der das Thema Sportjournalismus ziemlich verquast gesehen hat. Oder vielleicht auch nur matt erleuchtet, wie man aus diesem Verweis entnehmen kann (Fußnote Nummer neun). Aber wohl soviel steht fest: Ohne den investigativ arbeitenden Journalisten Frank Thonicke aus Kassel wäre Emigs Arbeitsweise womöglich nie ans Tageslicht gekommen. Dessen Selektionskriterien beim Informationstransport hat Emig damals bei seiner Dissertation bestimmt nicht kommen sehen.

1. Oktober 2008

Neue olympische Disziplin: Dreimaliges Niederwerfen

"Mit Kotau (chin. 磕頭 / 磕头, kētóu) bezeichnet man den ehrerbietigen Gruß im Kaiserreich China. Dabei wirft sich der Grüßende in gebührendem Abstand zu dem zu Begrüßenden nieder und berührt mehrmals mit der Stirn den Boden. Gegenüber dem Kaiser erfolgte ein dreimaliges Niederwerfen mit je dreimaligem Berühren des Fußbodens mit der Stirn. Nach der Vollführung des Kotau blieb man häufig in kniender oder sitzender Körperhaltung", sagt Wikipedia. Eine kniende oder sitzende Körperhaltung ist für Turner ja nichts Besonderes. Bei manchen sieht das sogar ganz elegant aus. Nicht so bei der Entscheidung des Internationalen Turnerverbandes, die Papiere der Chinesen als echt zu akzeptieren, die vorgelegt wurden, um die zu jungen Mädchen altersmäßig in die Olympia-Mannschaft hineinzufälschen. Aber es war das zu erwartende Resultat, nachdem die Amerikaner, obwohl Hauptbetroffene, darauf verzichtet haben, dass Thema hochzuspielen. Vielleicht hat das etwas mit der Goldmedaille von Athen zu tun, die der Amerikaner Paul Hamm bekam und später nicht wieder aberkannt wurde, obwohl sie ihm nicht zustand. Vielleicht illustriert dies auch nur die neuen Machtverhältnisse bei den Olympischen Sportarten. Falls das so sein sollte, sind für die USA harte Zeiten angebrochen.

Das blaue Wunder

Man könnte denken: Wir bewegen uns in die richtige Richtung:
via Talking Points Memo

Der alte Mobbing-Meister


Die Geschichte der Oakland Raiders ist die Geschichte von Al Davis. Und die ist ungewöhnlich genug. Denn es gibt in der NFL keinen Club-Besitzer, der bei seinem Laden als Cheftrainer angefangen hat und sich später mit einer Einlage einkaufte. Und der im Laufe der Jahre seinen Hang zu eigenwilligem diktatorischen Tun so profitabel und konsequent durchgesetzt hat. So ist Davis, der jeweils im Streit mit den beiden Stadtverwaltungen einmal von Oakland nach Los Angeles umzog (1981) und 14 Jahre später wieder zurückkehrte, der Hauptgrund, weshalb sich heute keine Liga mehr traut, einem Clubbesitzer den Weg zu verlegen, wenn er die Umzugslaster bestellt und in eine andere Stadt abwandern will: Er gewann den Kartellrechts-Prozess gegen die NFL, als sich die Liga gegen den Ortswechsel nach Los Angeles aussprach.

Für einen Mann, der seit Jahrzehnten immer wieder entscheiden musste, welche Trainer er heuert und welche Spieler er draften lässt, hat er eine jämmerliche Bilanz. Sicher, es gibt noch andere jämmerliche Teams: die Browns, die Bengals in Ohio, nicht zu vergessen die Cardinals in Arizona. Aber dort sitzt niemand in der obersten Etage, der mit soviel an vermeintlichem Football-Wissen gesegnet ist wie Al Davis. Und niemand pflegt den Mythos einer Piratenbande, und einer Spielkultur, die angeblich alles und jeden flach machen kann.

Trotzdem hat man in den USA seit Wochen auf so etwas wie diesen Auftritt des 79jährigen Gaucho der weißgestrichelten Pampa gewartet: Der Tag, an dem er den nächsten Trainer vor die Tür setzt. Lane Kiffin, der vor etwas mehr als einem Jahr angestellt wurde, war der jüngste Head Coach in der Geschichte der Liga und hatte sich vorher im College-Football bei der University of South California unter Pete Carroll einen Namen gemacht. Mit Oakland waren es 5 Siege und 15 Niederlagen unter seiner Ägide, begleitet von einer extrem gereizten Stimmung im Umfeld der Mannschaft. Das ließ sich nicht länger wegschieben oder wegdiskutieren.

Was Kiffins Rauswurf so interessant macht, ist die Entscheidung von Davis, sich aufs Arbeitsrecht zu beziehen, um den Rest eines Gehalts von 2 Millionen Dollar für die laufende Saison einsparen zu können. Also stellte er eine Kündigung "for cause" aus. Davis hat bereits angedeutet, wie er diese Rechtfertigung juristisch untermauern will: Kiffin habe zuletzt eine Arbeitsleistung gezeigt, die so wirkte, als wolle er rausgeworfen werden. Und er nannte ihn einen Lügner. Mit solchen Anwürfen aus dem Arsenal eines Mobbing-Meisters mussten vermutlich unter Davis schon viele NFL-Trainer fertig werden. Genauso wie mit der Schmach, nur wenige Spiele nach Beginn der Saison nach Hause geschickt zu werden. Den Rekord bei den Raiders hält Mike Shanahan (Denver Broncos), der 1989 nach nur vier Begegnungen gefeuert wurde.

Das amerikanische Arbeitsrecht ist übrigens ein ziemliches Dickicht. Denn jeder Bundesstaat hat seine eigenen Regeln. In einer Reihe von Staaten gibt es gesetzliche Bestimmungen, die den Arbeitnehmer einen Hauch besser stellen und vor offener Willkür schützen. Kiffins Situation liegt ein bisschen anders. Nicht nur weil es sich um ein befristetes Arbeitsverhältnis handelt und vermutlich im Vertrag sehr viele Paragraphen enthält, die eine Auflösung desselben spezifizieren, sondern auch weil es um viel Geld geht und sich Kiffin einen guten Anwalt leisten kann.