31. August 2008

Faldo setzt auf Poulters Geist

Nick Faldo hat sich entschieden und die freien Plätze im europäischen Ryder-Cup-Team mit zwei Landsleuten besetzt: mit Ian Poulter (keine Überraschung) und Paul Casey (große Überraschung). Denn irgendwie hätte man da gerne lieber den Namen Darren Clarke gelesen, denn der Nordire hat in diesem Jahr wieder gute Form gezeigt. Poulter und Casey gehörten vor vier Jahren zum Team in Oakland Hills, das den Amerikanern den Zahn zog (optimal eingestellt vom damaligen Kapitän Bernhard Langer). Das war ihre Premiere. Damals waren sie die Europäer die Außenseiter. Das sind sie diesmal beim besten Willen nicht. Die USA wirkt ohne Tiger Woods (der im Ryder-Cup kein Bringer ist, aber trotzdem ein Gegner von Format) schlapper als schlapp. Aber das heißt nicht, dass es diesmal alles ganz anders laufen wird.

Ausgerechnet Alaska

In der Karriere von Sarah Palin gab es mehrere Zwischenstopps, die eigentlich nirgendwohin führten. Und trotzdem wurde sie von einer unsichtbaren Hand in eine Richtung gelenkt: zuerst in die Politik, dann in das Amt des Gouverneurs ihres Heimatstaates Alaska, und nun an die Seite des 72jährigen John McCain, der sich um das Amt des amerikanischen Präsidenten bewirbt. Am Freitag wurde die 44jährige offiziell vorgestellt. Wenn McCain gewinnt und während der nächsten Wahlperiode stirbt (beides nicht ausgeschlossen), übernimmt sie den Staffelstab und zieht ins Weiße Haus. Da möchte man doch wissen, welches Hintergrundwissen sie mitbringt. Wer hätte gedacht? Die Frau, die mal Ambitionen als Schönheitskönigin hatte, beschäftigte sich dereinst doch tatsächlich auch mit Sport. Und zwar journalistisch im Rahmen eines Jobs für einen örtlichen Fernsehsender. Nur falls sich jemand für die Proportionen interessiert: Alaska ist riesig, extrem riesig. Einsam, oder besser: extrem einsam. Und die meiste Zeit auch noch extrem dunkel. Viele Menschen reizt so etwas nicht. In Alaska leben nicht mehr als in Dortmund.

via Deadspin

Damit die Optik stimmt, wird im Umfeld von Palin natürlich ständig gefönt. Nicht nur an den langen Haaren, die die fünffache Mutter neuerdings gerne hochschürzt. Sondern auch an ihrem Wikipedia-Eintrag. Die intensive Manipulation begann bereits Stunden vor der offiziellen Präsentation am Freitag.

Nachtrag: YouTube hat das Video gelöscht. Deadspin hat es deshalb selber hochgeladen.

30. August 2008

Kaymer kann den Ryder-Cup abhaken

Martin Kaymer kann aufhören, an den Ryder-Cup zu denken. Zumindest an den in diesem Jahr in Louisville/Kentucky. Das hat sich am Freitag von selbst erledigt, als er mit einem Schlag zuviel auf der Karte in Gleneagles in Schottland den Cut verpasste. Er artikulierte sich hinterher ungewohnt kritisch über die Bedingungen auf dem von Jack Nicklaus designten Platz: "Ich habe ziemlich gut gespielt, aber die Grüns waren lächerlich. Wirklich uneben." Man darf davon ausgehen, dass Kaymer als gewöhnlich eher moderater Mensch nicht nur aus purer Enttäuschung seiner Einschätzung freien Lauf ließ. Es muss für die Beschwerde wirklich Gründe gegeben haben. Kein Problem allerdings für Kaymers Hauptkonkurrenten um den zehnten Platz im Team. Der Engländer Oliver Wilson arbeitete sich heute auf einen der besseren Plätze im Klassement vor und ist eine Bank für Louisville.

Die anderen Aspiranten vor allem aus England und Schottland scheinen sich mit scharfen und spitzen rhetorischen Mitteln gegenseitig zu enervieren. Das sind vor allem Ian Poulter und Colin Montgomerie, die beide stark darauf hoffen, dass sie von Captain Nick Faldo berufen werden. Zehn qualifizieren sich automatisch. Faldo kann zwei Spieler nach Gutdünken benennen. Für Poulter spricht die gute Form und eine ordentliche kämpferische Einstellung. Für Montgomerie eine nahezu perfekte Ryder-Cup-Bilanz, die selbst in solchen Jahren nie angekratzt wurde, in denen er auf der Tour hinterherhinkte.

Dass man Poulter reizen kann, der an diesem Wochenende in Boston spielt, um seine Chancen auf das viele Geld im FedEx-Cup aufrecht zu erhalten, ist nicht überraschend. Seine Haare brauchen zwar sicher Spray, um igelig nach oben ab zu stehen. aber wahrscheinlich nicht sehr viel. Montgomerie ist die Totalmimose schlechthin. Weshalb er früher in den USA vom Publikum am Rand des Turniers regelmäßig mit beleidigenden Sprüchen attackiert wurde. Die britischen Journalisten wissen das natürlich und heizten die Kontroverse mit aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten in beide Richtungen an.

Mit eins Komma zwei Frauen pro Tag ins Bett

Produkt: Buch.

Zielgruppe: weibliche Sportfans, die noch immer nicht genau begreifen, wie Sportler in den USA ticken und was man von ihnen erwarten darf.

Erkenntnisse: Athleten sind aggressiv und ehrgeizig. Weshalb erwarten wir von denen eigentlich, dass sie nach dem Spiel den Schalter umlegen und sich wie honorige Staatsbürger verhalten? "Profis haben viel Geld, sind berühmt und haben Egos in Überlebensgröße. Warum sollten sie nicht mit 1,2 Frauen am Tag ins Bett gehen, wenn sie dazu die Gelegenheit haben?"

Gute Frage (wenn auch irgendwie zu spät gestellt für Michael Vick oder Mike Tyson und ein paar andere US-Profis, die aufgrund ihrer Haltung gegenüber den Regeln der Zivilgesellschaft im Gefängnis landeten). Wirklich gute Frage vor allem an die Adresse jener Frauen, die sich mit Sportlern einlassen und dann später vergeblich auf die gut dotierten Alimentezahlungen warten, weil die Jungs pleite sind.

Übrigens spielt die Dezimalzahl 1,2 (eins Komma zwei) auf einen Wert an, der sich ergibt, wenn man die Behauptung des überragenden NBA-Centers Wilt Chamberlain herunterbricht. Der will es mit 20.000 Frauen getrieben haben.

Das Buch hat den Titel: Gameface: The Kick-Ass Guide for Women Who Love Pro Sports. Die Autoren sind Erica Boeke and Chris De Benedetti. Es ist nicht ihre Schuld, dass Leute, die ihr Buch bei Amazon kaufen, sich ganz offensichtlich auch für dieses Thema interessieren.

29. August 2008

Chad Johnsons Nummern- und Namenlotto

Das Theater um Brett Favre ging schon reichlich in Richtung absurd. Aber das lag zumindest nur bis zu einem gewissen Grad an ihm selbst. Der Rest war der Medienhype, der in die Zeit passte, weil ESPN nun mal kaum über Olympia berichtet, aber viele Leute bezahlt, die echte oder auch nur halbwahre News ausgraben müssen. Aber absurd kann man steigern. Zum Beispiel auf die Weise wie Chad Johnson von den Cincinnati Bengals seine Existenz als lautmauliger Clown zu rechtfertigen versucht. Der Wide Receiver will seinen Namen kurz vor Beginn der neuen NFL-Saison legal in eine spanische Version seiner Rückennumer umwandeln lassen. Die Nummer 85 will von jetzt an Ocho Cinco genannt werden. Damals bei Cassius Clay hat das mehr als zwei Jahre gedauert, bis die Journalisten aufgaben und den Boxer endlich Muhammad Ali nannten. Mal schauen, wieviel Toleranz sie diesmal aufbringen. Bei Wikipedia hat schon jemand konsequent zugeschlagen und tut so, als sei der Schritt bereits vollzogen. Die NFL wird sich vermutlich als nächstes zu einer Haltung durchringen müssen. Johnsons eigentliches Ziel ist schon jetzt erreicht: Man redet über ihn. Übrigens: 85 auf Spanisch heißt ochenta y cinco. Aber das war dem Burschen aus Miami vermutlich zu schwierig. Einen rechtlichen Anspruch als NFL-Spieler auf die Trikotnummer hat er nicht. Das hängst allein vom Club ab.

Nachtrag:
Es gibt einen Bericht, wonach die Namensänderung offiziell vollzogen wurde.

28. August 2008

Damals nur ein Traum

Gleich live der Abschluss des Parteitags der Demokraten: Barack Obama in einem Football-Stadion in Denver vor ungefähr 70.000 Zuschauern, wo er die Rede hält, mit der der Wahlkampf richtig in Fahrt kommt. Viele Kommentatoren sehen sich veranlasst, an diesem Tag an den 28. August vor 45 Jahren zu erinnern, als Martin Luther King auf den Stufen des Lincoln Memorial in Washington seine berühmte Rede hielt, die als I have a dream speech in die Geschichte einging. King erinnerte damals vor hunderttausenden von Demonstranten daran, dass hundert Jahre nach Abschaffung der Sklaverei in den USA de facto in vielen Teilen des Landes, insbesondere im Süden, von Gleichberechtigung nicht die Rede sein konnte. Rassentrennung war an der Tagesordnung. Schwarze wurden aktiv bedroht und behindert, wenn sie versuchten zu wählen. Ihre wirtschaftliche Lage war elend. Es gab erste Versuche seitens der Kennedy-Regierung, mit Hilfe von Armeeeinheiten die Öffnung der Schulen durchzusetzen, die ein Jahrzehnt vorher durch eine Entscheidung des Supreme Court dekretiert worden war. Dies ist das Video-Dokument von damals:

Hier kann man den Text nachlesen.
Ein Kommentator der Baltimore Sun hat noch einen weiteren Jahrestag ausgegraben, der zu diesem Thema passt: Der 28. August 1945 ist der Tag, an dem der schwarze Baseballprofi Jackie Robinson den Mann traf, der ihn später bei den Brooklyn Dodgers als ersten dunkelhätuigen Athleten in eine Profimannschaft aufnahm. Damals spielten die schwarzen Baseballspieler in der sogenannten Negro League vor schwarzem Publikum.

Eine Buch-Empfehlung aus besonderem Anlass: Das Rock-Lexikon

Der erste Song, den Siegfried Schmidt-Joos auf einem imaginären Sampler zur Geschichte der Rock-Musik unterbringen würde, ist eine Blues-Nummer von Betty Roche mit dem Titel Trouble Trouble. Vermutlich kennt kaum jemand die Komposition und ihre Stimme. Was sicher auch daran liegen dürfte, dass sich kaum jemand auch nur halb so ausgiebig mit den Preziosen der Musikgeschichte und den Vorläufern des Rock-Genres beschäftigt wie besagter Siegfried Schmidt-Joos, Initiator und Co-Autor des Rock-Lexikon.

Ich habe dieses Wissen und diese besondere Begabung zur Einordnung und zur Beschreibung von Musik und Musikerbiographien, wie sie sein Lexikon bietet, immer ein bisschen bewundert. Und zwar seit 1973, als ich mir die erste Ausgabe mit der Jimi-Hendrix-Illustration auf dem Cover gekauft habe. Das Buch war vermutlich indirekt für ein paar persönliche Entscheidungen mitverantwortlich, die ich im Laufe der Jahre getroffen habe: Studium der Musikwissenschaften in Berlin, die journalistische Beschäftigung mit Rockmusik, die Neugier auf und das bessere Basisverständnis für Interviews mit Figuren wie Mark Knopfler, Steve Winwood, Bette Midler, Sheryl Crow und vielen anderen sowie die Recherchenreise nach Woodstock (wo das Festival übrigens nicht stattfand) und nach Bethel (wo statt dessen drei Tage lang Chaos und Magie herrschten, die durch den Dokumentarfilm und die Alben den Rest der Welt erreichten). Alles ein paar Jahre her. Aber immer wieder lebendig und wach – besonders bei Besuchen von solchen Institutionen wie der Rock 'n' Hall of Fame in Cleveland (gutes Museum), dem Rock 'n' Soul Museum in Memphis (kleiner, aber intelligenter) oder von Graceland, dieser kitschigen großen Kaschemme, die Elvis Presley hinterlassen hat.

Ich bin am Sonntag mal wieder zufällig in Bethel an der Woodstock-Wiese vorbeigekommen, in jener abgelegenen Gegend zwei Stunden außerhalb von New York, wo man 20 Jahre lang Angst hatte, dass die ausgelassen Bataillone von Langhaarigen wiederkommen und noch einmal alle Felder ringsherum verwüsten, und weitere 20 Jahre brauchte, um den langsam verblassenden Ruhm zu akzeptieren. Auf der Fahrt ist mir eingefallen, dass dieser Ausflug ein guter Anlass sein könnte, an dieser Stelle auf die nagelneue, total überarbeitete und erweiterte Ausgabe des Rock-Lexikon hinzuweisen (1500 Stichwörter, 2000 Seiten). Zwei dicke Taschenbuch-Bände, die ich selbst in Zeiten von Wikipedia einfach unersetzlich finde.

Weil das so ist, habe ich neulich ausführlich mit Siegfried Schmidt-Joos über seine Arbeit und seine Einschätzungen gesprochen. Das Interview kann man in der aktuellen Ausgabe des Musikmagazin Rolling Stone nachlesen (leider nicht online). Eine kürzere Fassung ist vor ein paar Tagen im Tages-Anzeiger in Zürich erschienen (ebenfalls nicht online).

Die Rhythm&Blues-Auswahl von Schmidt-Joos für den oben angesprochenen fiktiven Sampler endet mit einem Stück von Stevie Wonder von seinem Album Fulfillingness' First Finale und dem Titel You Haven't Done Nothing (hier live von der Grammy-Verleihung):

Die gesamte Liste der von ihme genannten Musikstücke findet man auf einer Seite vom Rowohlt-Verlag. Dort kann man auch die beiden Bände bestellen.

Kaymer kämpft

Der PGA Centenary Course in Gleneagles ist schwer. Schwerer als die beiden alten Golfplätze gleich nebenen, die einst den Ruf des elegangen Resorts in der hügeligen Moorlandschaft von Perthshire begründet haben. Deshalb wurde die Anlage als Austragungsort für den Ryder Cup 2014 ausgewählt. Und deshalb ist sie auch in dieser Woche ein guter Test für Spieler wie Martin Kaymer im Kampf um die letzten Plätze im europäischen Ryder-Cup-Team 2008. Am Sonntag wird abgerechnet. Vielleicht aber schon vorher. Denn der 23jährige hängt nach einer 76er Runde am ersten Tag im hinteren Feld und muss sich morgen schon sehr steigern, um den Cut zu schaffen. Nur die obere Hälfte im Klassement eines Turniers spielt an den zwei letzten Tagen um Geld. Und nur wer Geld verdient, kann sich in der Ryder-Cup-Qualifikation nach oben arbeiten. Kein Cut: Kein Cup mit Kaymer. Kaymer muss zwar an diesem Wochenende theoretisch nur den Engländer Oliver Wilson abhängen, der heute ebenfalls eine 76 zusammenkratzte und damit eine brauchbare Vorlage gab. Aber um dieses Ziel zu erreichen, braucht er ein sehr viel besseres Resultat. Freitag, Abschlag: 8.20 Uhr Ortszeit.

Das Turnier findet auf einem Platz statt, für den die meisten Freizeitgolfer nicht viel übrig haben. Das von Jack Nicklaus entworfene Layout ist zwar sportlich anspruchsvoll, aber amerikanisch langweilig ausgearbeitet und vermag insbesondere gegen den King's Course und seinen landschaftlichen Charme nicht anzukommen. Attraktive Inland-Golfplätze in Schottland sehen anders aus. Wer die Debatten nachvollziehen will, sollte mal hierhin klicken. Da haben sich britische Freizeitgolfer vor ein paar Jahren geäußert. Die European Tour hat eine Animation mit simulierten Hubschrauberflügen von allen Löchern (unter Hole-by-hole Course Guide).

27. August 2008

Der Zahn der Zeit: Promi-Printmann will lieber fürs Web schreiben

Das Rad, das die digitale Revolution in den Medien in Bewegung gesetzt hat, dreht sich jeden Tag ein kleines bisschen weiter. Die jüngste Bewegung ist allerdings schon ziemlich bemerkenswert: Jay Mariotti, Kolumnist des Boulevardblatts Chicago Sun-Times und regelmäßiger Gast der ESPN-Pseudo-Gedankenschlacht Around the Horn, hat seinen Posten geräumt. Und zwar aus freien Stücken. Und jetzt kommt es: Der Grund: Mariotti hat er während der Berichterstattung von den Olympischen Spielen in Peking die Zukunft gesehen: die Arbeit fürs Web. Nun muss man diesen Burschen, Typ Kotzbrocken meets Narziss, nicht in jedem Fall ernst nehmen. Aber als eine der etwa 20 Figuren im US-Sportjournalismus, deren Namen einem landesweiten Publikum etwas sagen, wird sein Schritt sicherlich stark beachtet.

Rein taktisch dürfte hinter seinem Verhalten jedoch Folgendes stehen: Erst im Juni hatte er eine Verlängerung seines Vertrages für drei Jahre unterschrieben. Ein neuer Arbeitgeber, der ihn abwerben will, würde sich die Finger verbrennen, wenn er sich in diese Rechtsbeziehung einmischt. Also muss Mariotti als erstes kündigen, ehe er formal mit jemand anderem verhandeln kann. Alle Fingerabdrücke zeigen: die Spur führt zu ESPN.

Zu empfehlen: ein Abstecher zum Blog Fire Jay Mariotti, der folgende Headline produzierte: "Mariotti feuert sich selbst. Blog macht trotzdem weiter".

26. August 2008

Die Demokraten bringen den Ball ins Spiel


Am Montagabend hatte Craig Robinson seinen bisher größten Auftritt. Der Basketballtrainer von Oregon State stellte in der riesigen Halle in Denver, in der normalerweise Colorado Avalanche und die Denver Nuggets spielen, mit einer kurzen Ansprache seine Schwester vor: Michelle Obama, die Ehefrau des Präsidentschaftskandidaten Barack Obama. Die Demokraten halten in dieser Woche ihren Parteitag ab, der nach monatelangem innerparteilichem Wettstreit den Wahlkampf offiziell eröffnet. Obama wird am Donnerstag die Rede halten, mit der der Startschuss fällt. Aber zurück zu Robinson, der einst an seinem zukünftigen Schwager die Theorie ausprobierte, dass man an dem Stil, wie jemand Basketball spielt, seine Persönlichkeit ablesen kann. Die New York Times hat ihn bereits 2007 interviewt und dieses Video produziert, um die Familieninterna abzufragen. Damals arbeitete er noch für die Brown University in Rhode Island. Der 46jährige Robinson war einer der besten Spieler in der Geschichte von Princeton (wie Brown eine Ivy-League-Universität) und verdiente zwei Jahre lang in Europa als Profi sein Geld.

Das Video oben zeigt ESPN-Schwatzkopf Stuart Scott im Interview mit Obama und in ein paar Szenen, in denen die beiden Basketball spielen. Wahrlich keine Offenbarung, dieses Treffen. Aber wenigstens warf Scott eine Frage auf, die wirklich von kritischer Bedeutung ist: Für welche Mannschaft ist der aus Chicago stammende Obama, falls die Cubs und die White Sox die World Series erreichen? "White Sox. That's Baseball."
Blick zurück: Der Basketballer Barack Obama hat mal klein angefangen
Blick zurück: Gedanken zum Wahlkampf

Sprachtests für die Auslandsgolfer

Wenn man sich die oberen 20 Plätze Geldrangliste der LPGA anschaut, stolpert man über folgende zehn Namen:
Yani Tseng, Inbee Park, Seon Hwa Lee, Na-Yeon Choi, Jeong Jang, Eun-Hee Ji, Angela Park, Song-Hee Kim, Hee-Won Han, Jee Young Lee.
Diese Golfspielerinnen sind allesamt aus Fernost und haben die Tour der Frauen auf eine Weise geentert, die den Vermarktern erhebliche Probleme bereitet: Nicht alle sprechen ausreichend Englisch und können weder vernünftige Fernsehinterviews führen noch mit den Spielpartner bei den werbewichtigen Pro-Am-Turnieren reden. Gegen den ständigen sportlichen Ansturm vor allem aus Südkorea wirken vor allem die Amerikanerinnen vergleichsweise ratlos. Denn zu den Top Twenty gehören noch Ausländer wie Lorena Ochoa aus Mexiko (an Nummer eins) und Annika Sörenstam aus Schweden (die Nummer zwei), Helen Alfredsson ebenfalls aus Schweden (an Nummer sechs) und Suzann Pettersen aus Norwegen (an Nummer elf). Zumindest das Sprachproblem will man jetzt anpacken. Die LPGA hat beschlossen, dass alle Spielerinnen spätestens zwei Jahre, nachdem sie ihre Tourkarte erworben haben, einen Spracheignungstest bestehen müssen. Sonst werden sie ausgeschlossen. Man darf davon ausgehen, dass junge Frauen, die die Kapazität hatten, Weltklasse-Golf zu lernen, in der Lage sind, die Umgangssprache der Sportart aufzuschnappen (via The Big Lead)

25. August 2008

Witze beim Tennis: Wer lacht am letzten?

Wenn man liest, was sie in diesem Jahr aufgeboten haben, um eines der bedeutendsten Tennisturniere der Welt zu lancieren, fällt einem nichts mehr ein: Box-Promoter Don King bei einer Art von Wiegen mit Roger Federer und Rafael Nadal und eine Wrestling-Parodie für einen Werbespot, den man sich bei YouTube reinziehen kann. Was kommt als nächstes?

Hatten wir neulich nicht in Wimbledon eines der besten und spannendsten Tennisfinale aller Zeiten? Ach so, die allgegenwärtige Firma Nike ist verwickelt und bezahlt diesen Spaß – Titel Grapple in the Apple – mit dem einstigen Knacki Don King, der seine Boxer regelmäßig wirtschaftlich über den Tisch gezogen hat und berühmt ist für ein kreatives Idioten-Englisch und seine Beziehung zu Mike Tyson. Die Rolle der Ausrüsterfirma erklärt die Sache natürlich schon sehr viel besser. Denn die Marketing-Leute dieser Firma interessieren sich nicht für Tennis, sondern nur für den Verkauf von Paraphernalia. Das angesprochene Turnier, die US Open, hat übrigens heute angefangen.

via Awful Announcing

Die Stadt stirbt, und keiner weiß warum

Zur Illustration für alle, die sich keinen Reim auf die Stadt Baltimore machen können: ein paar Zeilen aus Randy Newman's unvergessenem Song mit dem gleichnamigen Titel und Bilder von seinem Auftritt in Stuttgart:
"And they hide their faces
And they hide their eyes
'Cause the city's dyin'
And they don't know why
Oh Baltimore
Man it's hard just to live
Oh, Baltimore
Man, it's hard just to live, just to live"

Dieser Trailer gibt ein paar Eindrücke aus der vor kurzem beendeten Kriminalserie The Wire auf HBO. Tatort? Baltimore.

Und hier die Bilder von der neuen Wohnung von Michael Phelps in Baltimore, für die er ganz locker 1,69 Millionen Dollar bezahlt hat. Die Rückkehr des hoch dekorierten Sohnes der Stadt nach den Olympischen Spiele aus Ann Arbor in Michigan könnte noch mehr Transaktionen nach sich ziehen. Es hält sich das Gerücht, wonach der Schwimmer die Badeanstalt kaufen will, in der er im Alter von elf Jahren entdeckt wurde und seine ersten Züge probierte. Womöglich steigt noch sein Trainer Bob Bowman mit ein.

Alles in den Genen

Wir wissen noch nicht ganz genau, weshalb die weißen Amerikaner so schnell schwimmen. Aber dafür schält sich ganz langsam heraus, weshalb die schwarzen Jamaikaner so schnell laufen: "Man sagt, dass unsere Aggressivität, unsere Härte aus der Sklaverei kommt", meint der Arzt der Olympiamannschaft (der linke Herr im Bild). Und nicht zu vergessen: "Jamaika hatte mehr Sklavenaufstände als jedes andere Land in der Welt." Der Mann heißt Dr. Herb Elliott und ist Experte. Auch in Fragen des illegalen Leistungsmissbrauchs. Das ist der Tatsache geschuldet, dass er sich in Tateinheit um die Dopingtests seiner Athleten kümmert. Eine Praxis, die vermutlich angesichts der oben genannten historischen Erkenntnis nahe liegt: Warum sollte man noch mehr Geld für Personal und unabhängige Tester ausgeben, wo doch sowieso feststeht, weshalb die Insel genetisch und kulturell die Brust vorne hat?

Victor Conte, selbst ein Fachmann für die Verabreichung von hochwirksamen Stoffen, an denen sich eine ganze Reihe von erfolgreichen Athleten labten, nennt Herb Elliott zwar übrigens Jamaikas "Vertuscher" und sagt: "Ich glaube, er weiß ganz genau, dass seine Athleten Drogen genommen haben." Die Replik kam wie eine harte rechte Gerade: "Victor Conte ist ein Idiot. Er hat ein Laboratorium gegründet, um zu betrügen. Man hat ihn erwischt. Er musste ins Gefängnis, und nun beschuldigt er Leute, die seit 40 Jahren im Sport aktiv sind und sauber geblieben sind."

23. August 2008

Phelps und Hitler damals in München...

Für manche Leute passt einfach zu jeder Geschichte ein Hinweis auf Adolf Hitler:

Hier mehr Hintergrund-Informationen.

Selbstbedienung nach Art des Hauses

Immer mal wieder landen wir an dieser eigenartigen Kreuzung aus Musik und Sport und reiben uns die Augen und natürlich auch die Ohren. Wenn die alten Rocker beim Super Bowl auf die Bühne steigen. Oder wenn es Pannen gibt beim Abspielen von Nationalhymnen. Nicht zu reden von den zahlreichen Besuchen von amerikanischen Sportveranstaltungen, an deren Anfang immer Star Spangled Banner gesungen wird (plus beim Eishockey das Opus der Kanadier, O, Canada). Nicht zu vergessen die Abstecher zum Baseball mit dieser Leierkasten-Weise Take Me Out To The Ball Game während des Seventh Inning Stretch.

Aber so kurios die Beziehung der beiden Kulturbereiche auch wirken mag, sie findet in diesem Teil der Welt nach bestimmten Regeln statt. Dazu gehört, dass man nicht einfach in einer Halle oder einem Stadion, ohne die sogenannten Leistungsrechte zu erwerben und für die zu bezahlen, ein paar alte Aufnahmen abspielt. Im Land der Copyright-Piraten kennt man solche Umschweife natürlich nicht. Man greift einfach hinein ins Archiv und – bingo – spart ein paar Taler, die andernfalls ein paar Musiker verdienen würden.

Peter Breiner, der über 200 Nationalhymnen für die Spiele von Athen arrangiert und orchestriert hat, ist sich jedenfalls "100 Prozent sicher", dass die Chinesen in den letzten beiden Wochen nichts anderes getan haben und seine Arbeit ausgeschlachtet. Ein Kulturkritiker der Washington Post machte den Hörtest und bestätigte den Sachverhalt. Die Noten der Hymnen selbst sind zwar rechtefrei, aber nicht die Bearbeitungen. Natürlich lautet der erste Kommentar von offizieller chinesischer Seite nicht: "Das überprüfen wir, wäre schade, wenn uns da ein Fehler passiert sein sollte. Und wenn ja, bringen wir das in Ordnung." Nein. Man streitet mit Pauken und Trompeten einfach ab. Das hätten alles Chinesen orchestriert, lautet die Stellungnahme. Zum Glück sind die Medaillenüberreichungen und die Eröffnungszeremonie im Rahmen der Fernsehübertragungen aufgezeichnet worden. Jetzt braucht Breiner nur noch einen guten Anwalt.

"Olympic buff"

Neun von zwölf Fragen richtig beantwortet. SpOn meint, damit sei man ein "Olympic buff". Der Quiz läuft in englischer Sprache.

Zigarrenkabinett auf Rädern

Ein luxuriöses Zigarrenkabinett auf Rädern ist die Antwort von mehreren ehemaligen NHL-Spielern auf das allgegenwärtige Rauch-Verbot in den USA. Sie haben einen großen Airstream-Wohnwagen aufgetrieben und umbauen lassen und vermieten ihn mitsamt hochwertigen Tabakwaren für Veranstaltungen und Partys. Die Idee wird sicher Nachahmer finden, genauso wie die Zigarren-Bars, die vor ein paar Jahren in New York aufgemacht wurden. Wofür sie sicher nicht sorgen wird, sind die guten Zigarren aus Kuba. Die sind in den USA noch verbotener als das Rauchen in öffentlich zugänglichen Gebäuden, Büros und Restaurants.

22. August 2008

Kaymer hat immer noch Chancen auf den Ryder-Cup

Die Hatz auf Platz neun und zehn im europäischen Ryder-Cup-Team ist noch immer offen. Martin Kaymer, der heute in Zandvoort den Cut gut geschafft hat, steht zwar im Moment auf dem elften Platz (genau gesagt steht er auf dem zehnten Platz der Europa-Punkteliste, aber die Feinheiten dieser Regelung erklären wir weiter hinten). Der Abstand zu den vor ihm rangierenden Oliver Wilson und Søren Hansen ist nicht uneinholbar. Das Problem: Die beiden sind formstark und müssten schon deutlich patzen, wenn ihnen der 23jährige aus Mettmann noch die Teilnahme an dem Prestige-Wettbewerb nächsten Monat streitig machen will. So wie Darren Clarke zur Zeit spielt, wirkt er wie ein Aspirant auf den Captain's Pick. Alternative: Für den anderen müsste Ian Poulter als gesetzt gelten. Denn Faldo will sicher das Kontingent der Spieler von der Insel stärken.

Zurück zum Qualifikationsreglement: Weil viele der besten Europäer in den USA spielen (Sergio Garcia, Paul Casey, Ian Poulter, Henrik Stenson) und dadurch kaum eine Chance hätten sich über die Teilnahme an einer Handvoll von Turnieren in Europa zu qualifizieren, hat man vor ein paar Jahren zwei Punktetabellen eingeführt. Die ersten fünf Spieler kommen von der sogenannten Weltpunkteliste. Die anderen fünf von der Europa-Liste. Da die Weltliste Priorität hat, heisst das, dass auf der Europaliste auch Golfer eine Chance haben, die einen Hauch weiter unten rangieren.

Olympia-Live-Blog: Basketball USA gegen Argentinien

10:15 h: Das erste wirklich reizvolle Basketball-Match in Peking wird gleich angepfiffen: USA gegen Argentinien. Die Revanche liegt in der Luft.

10:18 h: Spanien hat im anderen Halbfinale Litauen geschlagen: 91:86

10:24 h: Die argentinische Mannschaft hat das höchste Durchschnittsalter im Turnier. aber wenn man die Gesichter in Nahaufnahme sieht, denkt man unweigerlich: Sie sind nicht nur alt, sondern auch ausgelaugt. 3:2 Für die USA nach knapp drei Minuten.

10:28 h: Argentinien hat im Prinzip nur sechs bis sieben Leute, mit denen man das Niveau der Amerikaner halten kann. Schnelle Fouls und frühe Müdigkeit könnten zum Problem werden. 7:4 für die USA nach viereinhalb Minuten.

10:32 h: Hübsches Duell: Bryant verteidigt eng gegen Ginobili, um ihm jeden Spielraum zu nehmen. Coach K nimmt eine Auszeit. Bryant nagelt einen Dreier von der Seite. Spielstand 12:4.

10:33 h: Ginobili handelt sich gegen Chris Paul sein zweites Foul ein, bleibt aber im Spiel.

10:35 h: Nun liegt Ginobili auf dem Boden und das Spiel ist unterbrochen. Er hält sich den Bereich oberhalb des linken Knöchels und humpelt leicht vom Platz. Er ist bei einem Dribble jemandem auf den Fuß getreten.

10:37 h: Den sechsten Turnover der Argentinier angelt sich Kobe und legt den Ball nach einem Sprint über den ganzen Platz in den Korb: 16:4. Noch zweieinhalb Minuten im ersten Viertel.

10:38 h: Das sieht nach einem Schlachtfest aus. 21:4. Und LeBron James darf an der Freiwurflinie noch zwei drauflegen.

10:41 h: James verfehlt zweimal. Nocioni erzielt einen Dreier. 21:7. Kein Hoffnungsschimmer. Zumal Nocioni mit Knieproblemen spielt und nur wenig eingesetzt werden kann.

10:43 h: Zwischenstand 27:9 mit 20 Sekunden im Viertel zu spielen. Chris Bosh wird gefoult und steht an der Linie zum And-One. 30:9. Nocioni kontert noch kurz vor dem Pfiff: Mit 30:11 geht's in die kurze Unterbrechung.

10:47 h: Die NBC-Kommentatoren reden das Match spannend: "Die Argentinier geben nicht auf. Die kämpfen bis zum Schluss. Das sind erfahrenene Spieler, die vor vier Jahren die Goldmedaille gewonnen haben." 32:13

10:49 h: Ob Ginobili noch mal kommt, weiß niemand. 34:16.

10:51 h: Nachdem sie vorne nicht mehr dauernd den Ball verlieren, lassen die Argentinier in der Defensive nach. Carmelo Anthony kann ungestört abziehen: 37:18.

10:53 h: Dwight Howard fängt sich sein zweites Foul ein. Argentinien darf für den Test des Viertels Freiwürfe schießen.

10:55 h: Noch sechs Minuten in der erste Hälfte. 37:25. Spannend ist das noch nicht, aber wenigstens nicht mehr so einseitig.

10:59 h: Die US-Mannschaft hat intensiv trainiert und sich vor dem Match auf die Lesitungsträger der Argentinier eingepolt. Jetzt sind sie draußen und der Gegner improvisiert/muss improvisieren. Plötzlich verlieren die Amerikaner den Faden: 37:29. Die den Faden verlierenden Amerikaner sind Basketballer, die auf Einzelleistungen und aufs Dribbling verfallen und den Ball nicht mehr laufen lassen.

11:03 h: Nocioni mit drei Fouls. Da verrinnen die Hoffnungen der Argentinier. Ginobili ist nicht mal auf die Bank zurückgekehrt.

11:05 h: 44:38 mit noch zwei Minuten auf der Uhr im zweiten Viertel.

11:08 h: 46:40. Die Amerikaner nehmen eine Auszeit und probieren mit drei Sekunden vor dem Ende der Halbzeit noch einen Spielzug, der etwas bringen soll.

11:10 h: 49:40, weil Carmelo drei Freiwürfe verwandelt, die ihn die Schiedsrichter sehr zum Unwillen der Zuschauer geschenkt haben.

11:22 h: Bevor's weitergeht: Ein anderer Blickwinkel auf die amerikanische Mannschaft. Ein Professor vom MIT hat das Wort.

11:37 h: 67:51. Die Amerikaner haben ihren Stil wiedergefunden. Nocioni hat vier Fouls. Oberto hat vier Fouls. Ginobili noch immer in der Umkleidekabine. Das sieht nach einer klaren Sache aus.

11:40 h: Noch vier Minuten im dritten Viertel. 68:53

11:47 h: 78:58 für die USA. Die Ordnung der Basketball-Welt ist so gut wieder hergestellt. Jetzt braucht das Redeem-Team nur noch den Sieg im Finale über Spanien.

11:49 h: Die Argentinier kommen auf 14 Punkte heran, durch einen Dreier von Delfino. NBC-Co-Kommentator Doug Collins sieht schon wieder einen Hoffnungsschimmer. Man mag ihm nicht glauben. Aber in der erste Halbzeit hatte er durchaus den richtigen Riecher.

11:52 h: Werbeunterbrechung in der kurzen Viertelpause. Und schon wieder muss es Marvin Gaye und die Nationalhyme für Nike sein. Nervt (siehe hier).

11:55 h: 84:69

11:58 h: Manu Ginobili ist mit 20,3 Punkten pro Match der erfolgreichste Scorer des Turniers. Aber man vermag nicht abzuschätzen, ob er dem Spiel eine Wende gegeben hätte. Er hatte zwei frühe Fouls und wurde von Kobe Bryant gut abgeschirmt. Noch etwas mehr als sechs Minuten zu spielen.

12:00 h: 88:73

12:03 h: 90:77

12:05 h: 96:79 mit etwas weniger als drei Minuten auf der Uhr.

12:07 h: Kobe Bryant darf sich ausruhen. Er hat 12 Punkte geliefert. 99:81

12:10 h: 101:81. Heute haben die USA die Freiwürfe verwandelt und ein extrem gutes Viertel abgeliefert. Das hat gereicht. Schlusssirene. 101:81 ist das Resultat. Argentinien spielt um Bronze gegen Litauen. USA gegen Spanien am Sonntag um Gold.

Hormonelle Reaktionen

Heute mal ein Eintrag mit ganz vielen neuen englischen Euphemismen:

Es war viel Arbeit, die acht Goldmedaillen zu gewinnen. Aber nun wissen wir, weshalb es sich gelohnt hat: Michael Phelps und seine Hormone finden wieder in die richtige Balance zurück. Die ersten Impulse sind schon da: Er spielt tonsil hockey, wie die New York Post das nennt, oder auch face-sucking frolics. Die Partnerin gilt ebenfalls als Sonderfall der Schwimmzucht. Es handelt sich um die dreifache Goldmedaillengewinnerin Stephanie Rice – "the Brisbane glamazon", wie die 20jährige in ihrem Heimatland getauft wurde. Die Australierin hat offensichtlich ein Herz für Wasserratten. Man denke an ihre Beziehung zu Landsmann Eamon Sullivan, die vor ein paar Wochen in die Brüche ging. Phelps Vorgehensweise wirkt nicht schlecht. Neulich hatte die Amerikanerin Amanda Beard, die öfter mal ohne Klamotten vorm Fotoapparat steht, die Spekulationen über ein Verhältnis zu Phelps mit den Worten bestritten: "Eww, that's nasty." Hier die Liste der Adjektive, die man für nasty einsetzen kann:
ekelerregend, ekelhaft, ekelig, fies, garstig, gemein, hässlich, scheußlich, schlimm, unangenehm, widerlich, übel. Mit anderen Worten: wirklich nicht nett, dieses Dementi.

Nachtrag: Eine sehr viel tiefer gehende Betrachtung hat der ehemalige Olympionike Matthew Syed abgeliefert. Der Tischtennisspieler aus Großbritannien war zweimal dabei, Barcelons und Sydney und beschreibt und erklärt das enorme Ausmaß der sexuellen Aktivität im Olympischen Dorf. Er ist heute Journalist und betrachtet die Verhältnisse nicht nur mit gesundem Abstand (er kommt mit seiner Akkreditierung ja gar nicht ins Dorf), sondern auch mit hinreichend Humor. Er habe damals in Barcelona mehr Sex gehabt als in seinem ganzen Leben davor. Eine seiner Spekulationen über die Gründe für den exzessiv ausgelebten Sextrieb der Sportler geht übrigens in Richtung Testosteron-Doping.
Blick zurück: Gesteigerte Kondom-Zuteilung bei Olympia

Respekt, Respekt

Die neue Realität des internationalen Sports wurde soeben vom Trainer der chinesischen Turner so formuliert: "The Chinese government and the Chinese athletes must be respected." Wenn sie sagen, sie fälschen keine Dokumente, dann fälschen sie keine. Wenn sie sagen, sie dopen nicht, dann dopen sie nicht. Und wenn sie sagen, sie erlauben Proteste, dann..... Geschenkt.

21. August 2008

Hope hält

Es hat ein Jahr gedauert. Aber jetzt dürfte jedem endlich klar geworden sein, dass der amerikanische Trainer vor einem Jahr bei der WM in China einen katastrophalen Aussetzer hatte, als er erst Torwart Hope Solo gegen Brasilien auf die Bank setzte und anschließend eine drakonische Behandlung der jungen Frau durchdrückte, weil sie sich öffentlich über die Fehlentscheidung beklagt hatte. Die Geschichte im Detail kann man nachlesen. Die aktuelle Nachricht dazu geht so: Hope Solo hat im Spiel um die Goldmedaille den Kasten sauber gehalten. Gegen Brasilien. Ohne sie hätte die Mannschaft das Match, das nach Verlängerung 1:0 endete, abgegeben. Zum Glück verlor der Trainer vor ein paar Monaten seinen Job. Es gibt also doch noch so etwas wie Gerechtigkeit?

Im Keller des Internet finden Blogger noch immer die Wahrheit

Arglose Chinesen, die gedacht haben, sie könnten für die eigens für Proteste vorgesehenen Zonen in Peking bei den Behörden tatsächlich um eine Erlaubnis zum Protest nachsuchen, sind auf dem Weg ins Arbeitslager. Wie wird angesichts solcher Härte in harmlosen Fällen das Strafmaß gegen die chinesische Fälscherbande ausfallen, die für die Teilnahme von Turnerinnen bei den Olympischen Spielen verantwortlich ist, die nicht alt genug sind? Das werden wir vielleicht nie erfahren. Denn zuerst einmal muss das IOC, das nach einer ewig langen Karenzzeit endlich die Ermittlungen eingeleitet hat, die Belege für den Fälschungsakt als plausibel akzeptieren. Wer weiß, ob Jacques Rogge daran ein Interesse hat. Und zweitens müssen erst einmal die Sportfunktionäre in China ihre Betrugsversuche zugeben. Aber falls sie den krassesten Fall weiter abstreiten, werden sie das vor allem mit einer Paranoia unterfüttern, die alle Beschuldigungen erst mal auf die bösen Ausländer schiebt, das wären die, die ein Problem mit der chinesischen Unterdrückungskultur haben.

Aber vielleicht erstmal zu dem konkreten Vorgang, der nach Informationen der Londoner Times endlich vom IOC untersucht wird, nachdem der Internationale Turnverband offensichtlich seine Unfähigkeit dokumentiert hat, eine Angelegenheit zu klären, die in seiner Zuständigkeit liegt, weil sie das Regelwerk betrifft: Man muss 16 sein, um international turnen zu dürfen. Die fragliche Chinesin ist 14.

Es gab in den letzten Tagen schon Fundstellen im Internet, die belegten, dass die Aufsicht gepennt hat. Ich schrieb dann aber lakonisch: "Niemand hat den Mut oder möchte in China den Chinesen ins Gesicht sagen, dass sie betrügen." Warum? Die Turnwettbewerbe und die Spiele standen noch am Anfang. Eine Aufklärung des Sachverhalts und die Aufhellung der unmoralischen Haltung der Chinesen hätte mit einem Schlag die Stimmung gekippt – und das mehr als eine Woche vor dem Ende der Veranstaltung.

Kurz vor Schluss der Spiele ist diese Gefahr gebannt. Zumal sich die betroffenen US-Turnerinnen und ihre Begleiter nicht sonderlich echauffierten. Wer weiß, welchen Dreck die am Stecken haben, dass sie (außer Ex-Trainer Bela Karoly, der im Studio als Fachkommentator seinen Einschätzungen freien Lauf ließ) so still vor sich hin schwiegen? Sie hatten jeden Grund zu meckern: Sie haben schließlich die Goldmedaille in der Mannschaft und am Stufenbarren verpasst.

Als ich gestern las, was der New Yorker Blogger Mike Walker herausgefunden hatte, habe ich denn auch ehrlich gedacht: Das wird niemanden weiter beschäftigen, dass es nun noch mehr Beweise für den Betrug gibt. Denn obwohl die Hinweise auf die Verschleierungsmaßnahmen der chinesischen Sportführung nun klar und deutlich werden, nachdem sie die entscheidenden Webseiten mit den inkriminierenden Excel-Dateien klammheimlich aus dem Netz genommen hat: Wahrscheinlich brauchen die Verantwortlichen die Beweise auf dem Silbertablett, ehe sie einen Anfangsverdacht entwickeln und selbst ermitteln. Aus diesem Grund habe ich nichts über die Fundsachen geschrieben. Obwohl es mich ziemlich in den Fingern gejuckt hat.

Einen Tag später hat sich der Skandal weiterentwickelt und der Blogger scheint auf dem Weg zum Stardetektiv. Ich denke, er wird (sicher nicht bei NBC) im Fernsehen auftauchen. Und er wird allen kleinen Kindern, die davon träumen, mal selbst einen großen Fall zu knacken, als Vorbild dienen. Man fühlt sich übrigens unweigerlich an dogfood, allesaussersport und die "Tonstörung namens Godefroot" erinnert. Denn auch in jenem Fall vor einem Jahr war kein Journalist in der Lage gewesen, den Knackpunkt aufzuhellen. Das war die Leistung eines Bloggers gewesen. Etwas, was man beim Spiegel in der umstrittenen Blogger-Geschichte neulich sehr gerne übersehen hat. Einen Monat später allerdings zollt man dem findigen Blogger Walker bei diesem Spiegel sehr viel mehr Respekt. Warum? Keine Ahnung. Vielleicht weil er in New York sitzt und nicht in Hamburg?

Walker selbst spielt sich in der Sache bis zu einem gewissen Grad herunter. "I am one, but You are Many. Good luck.", schrieb er seine Leser, um sie ermuntern, sich mit der Technik des Auffindens von Informationen im Internet vertraut zu machen. Sein eigentliches Thema: Das Ausmaß an Zensur, in die offensichtlich in China auch Google verwickelt ist. Denn über die chinesische Suchmaschine Baidu gab es bei seiner Suche durchaus relevante Resultate.

20. August 2008

Jux mit Jesus

Tiger Woods liegt irgendwo in Florida auf der Couch und hat sein operiertes Bein hochgelegt. Heilung braucht Zeit. Und wir müssen warten. Aber zum Glück gibt es die Jungs vom Videospiel-Hersteller EA, die verwöhnen uns in der Zwischenzeit mit den Träumen davon, wie der wiederhergestellte Woods im nächsten Jahr auf die Tour zurückkehren und spielen wird. Ball in Rae's Creek in Augusta? Kein Problem. Der Übergolfer kann auch auf Wasser wandeln. Hier der Jesus Shot (via Deadspin), der das Phänomen beschreibt (aber nicht mit Hinweisen aus dem Neuen Testament ausführlich erklärt):

EA hat die Gelegenheit genutzt und ein Video herausgebracht, dass den Spaß anhand der Originalaufnahmen dokumentiert. Witz komm raus:

In anderen Bibel-News: Der Trainer der amerikanischen Bogenschützen findet die Opfer für seinen missionarischen Eifer im eigenen Team. Die Sache ist nicht nur heikel, weil da jemand seine Machtstellung ausnützt, um seine Form der Gehirnwäsche zu praktizieren. In den USA gilt die strikte Trennung von Staat und Kirche. Und das gilt auch für die Aktivitäten im öffentlich geförderten und steuerbegünstigten Sport.

Die Fans in Toronto haben die besten Papierschlangen

Major League Soccer hat in Toronto ganz deutlich Fuß gefasst. Nirgendwo in der Liga sind die Fans so animiert wie in der kanadischen Metropole. Ein schönes Beispiel neulich vom Heimspiel gegen Red Bull New York: eine Attacke mit Papierschlangen, die den ausführenden Schützen beim Eckstoß stört. Wenn das so weiter geht, kommt vielleicht sogar in den anderen Stadien Stimmung auf...

Ab 2014 Olympia auf ESPN?

Heute morgen hat es NBC mal wieder ganz kühl fertiggebracht, den 200-Meter-Endlauf in die Dose zu legen. Der Plan ist: heute abend wird serviert. Nicht live, sondern zwölf Stunden nach dem Ereignis. Also so wie in der Zeit, ehe die ersten Satelliten im Orbit hingen und Filmmaterial mit Motorrädern in Funkhäuser transportiert wurde, weil die sich besser durch den Verkehr schlängeln konnten. An einem solchen Tag macht zumindest diese Nachricht Sinn: ESPN will sich ernsthaft für die Senderechte von den Olympischen Spielen 2014 ff. bewerben. Und zwar mit der Intention, die Ereignisse tatsächlich zu zeigen, wenn sie passieren. Das Geld für solche Ambitionen haben sie. Obendrein zeigt der Umgang mit dem internationalen Fußball (WM und Europameisterschaft), dass sie bei für Amerikaner exotische Disziplinen kompetent den Sportanhänger bedienen und nicht das weibliche Publikum, dass sich zufälligerweise hin und wieder für Turnen und Eiskunstlauf und Synchronschwimmen interessiert.

Nachtrag: Der amerikanische Blog With Leather hat den Lauf trotzdem gespeichert und bereit gestellt. Die Quelle ist die Übertragung des Schweizer Fernsehens.

Was tun bei hinreichendem Tatverdacht?

Die Reaktion von Tobias Unger auf den Erfolg von Usain Bolt bei den Leichtathletikwettbewerben in Peking hat etwas Erfrischendes: "Die springen auf ihrer Insel rum, wie sie wollen, denen passiert gar nichts. Ich muss mich allein hier bei Olympia an- und abmelden, für den Fall, dass wir eine Dopingkontrolle haben. Ich habe langsam keine Lust mehr.“ Das Erfrischende besteht darin, sich auszumalen, was eigentlich passieren würde, wenn noch mehr Sprinter die gleiche Empfindung beseelt und sie das tun, was saubere Sportler schon immer getan haben sollten: einfach den Wettkampf verweigern. Nicht frustriert nach Hause gehen und sich zurück ziehen vom Sport, sondern Organisieren, Demonstrieren, Boykottieren, Inkriminieren. Endlich mal Staatsanwälten erzählen, was sie wissen – über Lieferanten, Trainer, Substanzen.

Wäre das nicht mal eine ernsthafte Maßnahme angesichts der massiven Manipulationsversuche, über die es im Fall von Jamaika überhaupt keine Zweifel geben sollte? Schluss mit der Schimäre der sogenannten Unschuldsvermutung, sondern Auftakt für einen neuen Denkansatz, ausgeliehen aus der Strafprozessordnung: den Anfangsverdacht. Wenn nicht sogar den hinreichenden Tatverdacht.

Wäre das nicht mal etwas, um die routinierte Abwicklung von hochgehypten Sportereignissen und ihrem Rekordwahn aus dem Gleis zu werfen: Ein Boykott nicht aus sehr abstrakten politischen, sondern aus ganz sportlichen und eigennnützigen wirtschaftlichen sowie strafrechtlichen Erwägungen? Nicht mehr starten, wenn eindeutig fragwürdige Personen auflaufen und die Farce aus der Sicht des eigentlichen Opfers attackieren – aus der Sicht des betrugsgeschädigten Athleten? Nicht mehr als Staffage und Pappkamerad zur Verfügung stehen und nicht mehr das absurde Abhalten von Vorläufen und Zwischenläufen rechtfertigen, die keiner braucht, wenn der Gewinner doch sowieso schon feststeht.

Man fragt sich: Wo und unter welchen Umständen würde Bolt dann noch laufen? Würde er vielleicht so wie einst Jesse Owens gegen Pferde antreten? Oder würde er und seine Mitstreiter endlich die Wahrheit sagen? Tobias Unger, das wäre doch den Versuch wert, oder nicht?

19. August 2008

Fische gewinnen beim Schwimmen, Skorpione beim Fechten

Bei den Olympischen Spielen geht es nicht mit rechten Dingen zu. Und das schon seit Jahrzehnten. Wie sonst wäre es zu erklären, dass in bestimmten Disziplinen der Faktor Astrologie eine Rolle spielt? Das jedenfalls hat ein britischer Statistik-Experte ermittelt, der sich die Geburtsdaten der Medaillengewinner angeschaut hat. Und was kommt raus? Menschen im Zeichen der Fische gewinnen im Becken – beim Schwimmen und Wasserball – 30 Prozent mehr Edelmetall als nach der normalen statistischen Verteilung zu erwarten wäre. Fechter, die als Skorpione zur Welt kommen, dominieren die Planche. Und bei den erfolgreichen Stabhochspringern handelt es sich überpropoertional oft um Widder. Das klingt wie ausgedacht. Aber der Mann wehrt sich gegen solche Beschuldigungen: Seine Ermittlungen seien wasserfest. Und er habe einen Dokotortitel von der Universiät Glasgow in Statistik.

John Carlos – oder die Geschichte eines Interviews

Man trifft im Laufe der Jahre in den USA viele Athleten, weil man sich mit ihnen über ihre Karriere, ihre Ambitionen und ihre Einschätzung der Welt unterhalten möchte. Im Regelfall heißt das, man muss einen kleinen Parcours von Managern, Agenten, PR-Leuten im Umfeld durchlaufen, aber erhält am Ende sehr zuverlässig exakt das, was vereinbart wurde. Das erleichtert die Arbeit.

Ganz anders sieht die Sache aus, wenn man jemanden wie John Carlos um einen Gesprächstermin bittet. Der Bronzemedaillengewinner der Olympischen Spiele in Mexico City ist nicht Teil dieses Systems aus Geben und Nehmen, aus dem ein Großteil der Sportberichterstattung besteht. Der Mann, der zu einer Symbolfigur für Politik und Rassendiskriminierung wurde, als er und sein Mannschaftskollege Tommie Smith bei der Siegerehrung die geballte Faust zum Black-Power-Gruß in den Himmel reckten, braucht keine Publicity. Und die Geschichte über die Protestaktion damals hat er oft genug erzählt. Man kann ihn auch nicht damit beeindrucken, dass man bereit ist, sich auf den weiten Weg nach Palm Springs in Kalifornien zu machen, an seinen Wohnort, um ihn dort zu treffen. So wusste ich selbst einen Tag vor dem vereinbarten Termin nicht, ob es zu dem Gespräch kommt. Denn er war nicht zu erreichen, um das Vereinbarte zu bestätigen. Ich saß in San Diego, über 200 Kilometer weit weg, und befürchtete, dass der ganze Plan ins Wasser fallen würde. Einen Tag danach konnte ich ihn dann doch erreichen, und wir trafen eine neue Verabredung. Würde er kommen? Würde er mich sitzen lassen? Er kam, sogar etwas früher als besprochen, und schlenderte entspannt durch die Lobby des Hotels. "Dr. Carlos", wie er am Telefon betont hatte. Ein Mann von 63 Jahren mit weißen Haaren und weißem Hemd und weißer Hose, der sich als Gegenleistung nichts anderes erbeten hatte, als dass ich ihn zum Frühstück einlade. Wir haben uns eine Stunde unterhalten. Und er hat erklärt, weshalb er sich mit seinem Kollegen Tommie Smith zerstritten hat, dem er damals das Rennen und den Sieg geschenkt hat. Und weshalb er im Jahr 2008 einen Athleten-Boykott der Spiele in China ablehnte, obwohl er 1968 eine solche Initiative der schwarzen US-Sportler für notwendig ansah. Die Reise und das Warten hatten sich gelohnt.

Morgen abend stehen in Peking die 200 Meter auf dem Programm. Diesmal mit einem Läufer, der schon über die 100 Meter gezeigt hat, dass er die olympische Bühne vor allem nur für ein Anliegen nutzen will: zu einer Form der Selbstdarstellung, bei der man die Konkurrenz öffentlich vorführt und das Herz der Sponsoren und der eigenen Landsleute erfreut. Da ist es gut, sich daran zu erinnern, dass es auch schon mal andere Athleten gab. Die ausführliche Version des John-Carlos-Interviews wurde vor den Spielen in der FAZ veröffentlicht. Einen Radio-Beitrag zum Thema hat der Deutschlandfunk am Sonntag gesendet.

Übrigens: In der morgigen Ausgabe der FAZ wird ein Interview mit einem weiteren Teilnehmer des Endlaufs von 1968 zu lesen sein. Gesprächspartner: Jochen Eigenherr, der in Mexico City den Europarekord einstellte und als Zeitzeuge die Ereignisse von damals einordnet.


Mehr zum Thema: Ein Video mit dem Titel John Carlos Fist of Freedom gibt es hier. Und hier einen Trailer zum Dokumentarfilm Salute, den Matt Norman, der Neffe des Australiers Peter Norman, gedreht hat. Der belegte damals den zweiten Platz und trug bei der Siegerehrung ebenfalls einen Button der Menschenrechtsorganisation Olympic Project for Human Rights.

Baseball in Peking: Knallhart


Es scheint zu den Eigenheiten von chinesischen Sportlern zu gehören, dass sie in Mannschaftssportarten gerne zu Mitteln greifen, die unweigerlich zum Platzverweis führen. Da waren zum Beispiel vor einem Jahr in England gleich zwei Zwischenfälle mit der Fußball-Olympiamannschaft. Ich schrieb in einem zweiten Eintrag: "Die Kicker aus Asien haben viel zu dünne Nerven für eine Sportart, bei der es gelegentlich ziemlich ruppig zugeht." Vor ein paar Tagen gegen Belgien gingen die Burschen schon wieder zur Sache – man tritt in die Weichteile. Im Baseball können ähnlich gezielte Attacken lebensgefährlich werden, wenn der Pitcher den Kopf des Batters trifft. Dieses Video zeigt nur einen Wurf aus dem Match der Chinesen gegen die Amerikaner, in dem sich die Heimmannschaft ganz offensichtlich extrem provoziert fühlte, nachdem die US-Spieler beim Kampf um Home Plate hemmungslos den Catcher aufs Korn genommen hatten. Die Amerikaner gewannen das Match haushoch, mussten aber einen Spieler ins Krankenhaus transportieren. In jedem Stadion in den USA hätten sich die Mannschaften eine Schlägerei geliefert. Aber Jacques Rogges olympischer Geist scheint das diesmal verhindert zu haben.

18. August 2008

Zirkus auf den Rängen

Ein bisschen Englisch-Unterricht für Fußball-Fans. Deuce of Davenport hat ein Bild von einem Match aus England zwischen Wellington United und Maidstone aufgespürt. Mit vier Jungs, die ihr Missfallen über ein ganz schlappes Tor, das ihr Torwart kassiert hatte, wie Zirkusartisten artikulieren. Der erste ganz links verbeugt sich zum C. Der Zweite liegt auf dem Rücken und formt ein U. Der Dritte kniet und schafft so zumindest ein stilisiertes N. Und der Typ ganz rechts breitet die Arme aus und sieht aus wie ein T. Um mit Country Joe in Woodstock zu brüllen? "What's that spelled?

Abgesang auf die Leiharbeiter aus der NBA

Der Fahnenträger hat zum Schluss seines Auftritts in Peking angekündigt, was er schon vorher angedeutet hatte: eine Pause von der deutschen Nationalmannschaft. Vielleicht war es auch ein Abschied für immer. Das werden wir erst in ein paar Jahren wissen. Was das für die Zukunft von Chris Kaman im Bundestrikot bedeutet, wissen wir: Der hat keine Lust, ohne Dirk Nowitzki irgendwelche Kärrner-Arbeit zu leisten. Der wollte nur zu den Olympischen Spielen. Herr Schäuble und die Kinderlandverschickung vom Deutschen Basketballbund haben das hinbekommen.

Schwamm drüber. Strich drunter. Und auf zu neuen Ufern. Und zwar in jenem Land, in dem man als überdurchschnittlicher Basketball-Profi auch wirklich stattlich entlohnt wird. The American Dream in der Nowitzki-Version geht so: Er will mit den Dallas Mavericks NBA-Meister werden. Kaman spielt bei den Los Angeles Clippers und hofft auf eine Qualifikation für die Playoffs im kommenden Frühjahr.

Übrigens: Der Fahnenträger genießt bei anderen Olympiateilnehmern aus den USA einen guten Ruf. So erwähnte der Über-Athlet der Spiele, der amerikanische Schwimmer Michael Phelps, nicht etwa die Mitglieder vom Redeem Team, sondern die Tennisprofis Rafael Nadal und Roger Federer sowie Dirk Nowitzki, als er von einem amerikanischen Reporter nach seinen Eindrücken aus dem Olympischen Dorf gefragt wurde.

Kamans Vater hat sich wohl insgeheim gefreut, dass Kobe und Co. heute die Deutschen klar und deutlich aus dem Turnier geworfen haben. Er ist Amerikaner – durch und durch.

16. August 2008

Das war unser Fahnenträger

Sicher, einmal dürfen sie noch ran, die deutschen Basketballer, die nicht das Zeug haben, um Mannschaften wie China, Griechenland oder Spanien zu schlagen. Der Gegner am Montag heißt USA. Zeit um abzuhaken. Nehmen wir den Fahnenträger: 13 Punkte gegen Griechenland, 11 gegen Spanien. Heute gegen China eine Ausbeute von sieben Verwandelten bei 20 Wurfversuchen. Das entspricht etwa 35 Prozent und reicht nicht. Aber, hey, macht nichts. Man verliert NBA-Finalserien, Erst-Runden-Playoff-Serien gegen schwächere Gegner und eben auch bei Olympia. Oder in den Worten von Dirk Nowitzki (zitiert bei der Dallas Morning News): "Aber, hey, unser Traum, war hierherzukommen. Es ist eine unglaubliche Erfahrung gewesen, diese zwei Wochen, die wir jetzt hier waren. Ich glaube nicht, wir können uns selbst die Schuld geben. Wir haben heute unser Bestes gegeben." Dann wollen wir ganz beruhigt sein.

Detlef Schrempf hat übrigens zum Einbürgerungsfall Kaman Stellung genommen. Und zwar ganz vorsichtig. Er lebt seit mehr als 20 Jahren in den USA und hat inzwischen einen amerikanischen Pass. 1984 und 1992 spielte er für Deutschland bei den Olympischen Spielen. Die Mannschaft hatte damals auch kaum eine Chance. Aber niemand wäre auf die Idee gekommen, aus ihrer Mitte einen Fahnenträger herauszugreifen.

Aufbruchstimmung in Mali

Ist jemand in Deutschland aufgefallen, dass sich die Basketballerinnen aus Mali für Peking qualifiziert haben, und hat darüber geschrieben? Falls nicht (ziemlich wahrscheinlich), wäre hier ein aufschlussreiches Video von Reuters. Die Frauen haben einen einzigen halbwegs vernünftigen Basketballplatz im ganzen Land, aber mehr Enthusiasmus als die abgezockten Profis aus dem Rest der Welt. Das ist deshalb auch sehr viel bemerkenswerter als die Teilnahme des Iran am Männerturnier. Alle vier Vorrundenspiele der Malinesinnen gingen verloren. Das Land hat außer dem Basketball-Team noch fünf Athleten nach China geschickt.

Olympia-Live-Blog: Basketball USA gegen Spanien

10.21 h: Wir steigen beim Spielstand von 9:9 ein. Noch sechs Minuten im ersten Viertel zu spielen.

10:22 h: Kobe Bryant mit einem offensiven Foul fängt sich das zweite ein und muss auf die Bank.

10:23 h: Die Spanier verlieren vorne viel zu oft den Ball. 14:11 für USA nach einem Dreier von LeBron James.

10:24 h: Dies Spiel ist nur ein Leistungstest und Gradmesser dafür, wie stark die Amerikaner zuhause sich für die Ambitionen ihrer Basketball-Profis interessieren. Man könnte auch sagen: Es ist egal, wie's ausgeht.

10:28 h: 18:13 für die USA. Tempogegenstoß Dwayne Wade nach einem Steal.

10:30 h: Spanien hat neulich gegen China mit Feuer gespielt. Sie lagen mit 14 Punkten zu Beginn des letzten Viertels zurück und schafften noch die Verlängerung, wo sie gewonnen haben.

10:31 h: Mit 14 wurde er Profi, in ein paar Wochen wird er 18. Er heißt Ricky Rubio und hat heute seinen ersten großen Auftritt vor den Augen von hunderten von NBA-Scouts und Managern. 25:16 für die USA mit noch knapp 2 Minuten im ersten Viertel. Die Amerikaner sind flinker.

10:34 h: Yao Ming unter den Zuschauern. Er braucht mehrere Stühle. 29: 18 für die USA.

10:36 h: Marc Gasol sieht wirklich wie der Bruder von Pau aus. Bart und Haare und so weiter. Da werden sie sich in Memphis nicht so sehr umstellen müssen, wenn er denn auftaucht., nachdem sie Pau an die Lakers abgegeben hatten. 31: 22 – erstes Viertel zu Ende.

10:37 h: Gegen die Verteidgungsarbeit von Dwayne Wade und seine schnellen Hände, mit denen er den Angreifern den Ball aus der Hand fingert, haben die Spanier keine Mittel.

10:38 h: Wir sehen den entscheidenden Wurf aus dem Spiel der Chinesen gegen Deutschland. Chris Kaman, sah und siegte nicht. Veni, vidi, auf Wiedersehen.

10:40 h: Guter schneller Spielzug, der dafür sorgt, dass Tayshaun Prince am Rand ungedeckt zum Dreier antreten kann. Die Amerikaner sind heute aus der Distanz bedeutend besser als in den Spielen davor.

10:42 h: 36:26 für die USA. Dwight Howard zweites Foul. Kobe wieder im Spiel. Es gibt keinen populäreren Spieler der Amerikaner in China.

10:44 h: Technical Foul für Reyes, Kobe versenkt den Freiwurf. 39:38 für USA.

10:47 h: 45:31 mit einem Dreier von Kobe und noch sechs Minuten in der ersten Halbzeit.

10:48 h: Der populärste Basketballer handelt sich sein drittes Foul ein und muss wieder auf die Bank. Spanien mit 13 Turnovers. Wie hässlich.

10:51 h: Marc Gasol holt geschickt zwei Freiwürfe gegen Carmelo Anthony heraus. Nach dem zweiten rangelt Anthony mit einem anderen Spanier und bekommt Foul Nummer drei. Spielstand: 47:36.

10:53 h: Die Korbausbeute ist beachtlich. Das Spiel ist schnell. Die Amerikaner mit einem weiteren Dreier. Noch vier Minuten bis zur Halbzeit: 54:36.

10:56 h: LeBron James hat beschlossen, dauernd mit den Schiris zu diskutieren. Das kann nicht gut gehen. Diese Refs sind nicht US-freundlich. Während des Timeout redet der Sideline-Reporter über das spanische Schlitzaugen-Foto.

10:58 h: Zur Vorbereitung auf die Halbzeitpause erhalten wir die Werbespots, die uns durstig machen. Wie diesen:

10:59 h: 56:41 für die USA. Wenn die Fouls der Amerikaner nicht noch ins Gewicht fallen, bleibt das sehr einseitig hier.

11:05 h: Halbzeit in Peking – 61:45.

11:10 h: Die Medienlogik Amerikas: Das Vorrundenspiel im Basketball ist wichtiger als die 100 Meter in der Leichtathletik. Also muss man sich die Infos über den Sieger und den neuen Weltrekord hier besorgen (ganz weit unten bei den Kommentaren). Oder hier.

11:15 h: Jetzt doch Leichtathletik: Aber nur um die Spannung künstlich anzukurbeln. Man zeigt in einem eingespielten Beitrag Tyson Gay, der schon im Semifinale ausgeschieden ist. Was für eine miese Leistung. Hinterher kommt noch der Moderator mit der Ankündigung, dass das Halbfinale und Finale am Abend gezeigt werden – aus der Konserve. Da könnte einiges an Zeiten gelaufen werden, meint Jim Lampley, der das Resultat kennt. Verschweigen als Informationspolitik. Alles wie in China.

11:18 h: Anpfiff drittes Viertel.

11:24 h: Wie fahrig die Spanier spielen, kann man kaum beschreiben. Dauernd wird der riskante Pass probiert. Rudy Fernandez sitzt auf der Bank, nachdem er bei einem Sprung zum Korb aufs Steissbein geknallt ist. Er dachte, er sei gefoult worden. Die Zeitlupe lässt den Schluss zu, dass er beim Kampf um den Ball einfach die Balance verloren hat. 67:48.

11:26 h: Mal ein Wort zu den spanischen Trikots, die vorne die drei Buchstaben ESP mit einer schwungvollen Schrift präsentieren und in der Farbfolge rot-gelb-rot. Irgendwie denkt man an das Logo von ESPN und denkt: Sieht aus, als habe jemand einen Buchstaben vergessen. Hinten drauf: Vornamen statt Nachnamen. Wird das noch Trend?

11:29 h: Kobe Bryant muss nach Olympia noch unters Messer. Sehnenverletzung an einem Finger, die er schon lange mit sich herumschleppt. Interessiert sich jemand fürs Zwischenergebnis? Hier ist es: 74:55. Noch etwas mehr als vier Minuten auf der Uhr im dritten Viertel.

11:36 h: 80:60 mit zwei Minuten vor dem Ende des Viertels. Die Stimmung in der Halle ist schlapp. Das kommt davon, wenn zwei ungleiche Teams aufeinander treffen.

11:39 h: Marc Gasol, der die ganze Zeit schiebt und drückt, fängt sich sein viertes Foul unterm eigen Korb ein, als er gegen LeBron verteidigt. Geht auf die Bank.

11:47 h: 86:63 zum Beginn des vierten Viertels. Man interviewt Tina Thompson aus der US-Frauen-Nationalmannschaft, während die Redeemer wieder dem Ball hinterherlaufen. So interessant ist das Spiel....

11:51 h: Pflicht ruft. Post macht gleich zu. Ende der Durchsage für jetzt. Endergebnis später.

12:23 h: Nichts verpasst. Spannung gab's keine. 119:82 für die USA. Klarer geht's nicht. Ein erster Spielbericht aus Cleveland.

15. August 2008

Basketball-Live-Blog und Wissenswertes über Hoffenheim

Das Projekt für Samstag, diesmal mit Vorankündigung: Live-Blog zum Basketball-Match zwischen den USA und Spanien aus Peking. Das Spiel beginnt gegen 16 Uhr MEZ und liegt damit quer zur Fußball-Bundesliga. Aber da die niemand in den USA im Fernsehen überträgt, entsteht an dieser Stelle überhaupt kein zeitlicher Konflikt.

A propos Bundesliga: Das ehrenwerte Radiomagazin Market Place, das sich mit Wirtschaftsthemen beschäftigt und von Public-Radio-Stationen landesweit ausgestrahlt wird, hat heute seinen Millionen von Zuhörern das Thema TSG Hoffenheim und Hopp in einem mehrminütigen Beitrag serviert. Wer möchte, kann ihn hier anhören.


Vorsicht: Der Beitrag ist voller alberner Übertreibungen wie "the world's top soccer league - the Bundesliga", "Hoffenheim shocked the nation, when it scored its way into the big league, the Bundesliga". Das sind die Stilmittel, mit denen man Zuhörer bei der Stange halten will, die weder etwas von Fußball verstehen noch vom europäischen Konzept mit Aufstieg und Abstieg. Also greift man zum Holzhammer und behauptet: Der Rest von Fußball-Deutschland hasst Hoffenheim, weil da ein Investor mit viel Geld eine Mannschaft nach oben gepusht hat. Das klingt so, als würden Fans von alteingesessenen Bundesliga-Clubs normalerweise die anderen alteingesessenen Mannschaften respektieren.

Leider wird dieser Mythos nicht vom deutschen Fußball-Experten zurückgewiesen, sondern noch verstärkt. Im Eintopf aus Vereinfachungen schwimmt diese kleine Fleischeinlage von Mathias Klappenbach vom Tagesspiegel (O-Ton auf Englisch) "In Germany, when you have money, people don't like you. If you have success people don't like you. So the fans of the other clubs they hate Hoffenheim."

So simpel? Und abgesehen davon: Stimmt das überhaupt?

Lance läßt's richtig laufen

Man darf davon ausgehen, dass Lance Armstrong schon immer sehr viel Wasser verbraucht hat. Das gilt als eine Methode, um bei den Uringaben fürs Dopinglabor die Werte zu verdünnen.
Aber diese Geschichte geht dann doch zu weit: In Armstrongs Zuhause in Austin/Texas sind im Juni rund 15 Liter Wasser pro Minute durch die Leitung gelaufen. Am Ende waren das für den Monat umgerechnet etwa 800.000 Liter oder 800 Kubikmeter. Oder anders gesagt: Das ist die Menge, die 26 normale Haushalte in Austin zusammen verbrauchen. Keiner in der texanischen Hauptstadt zapft mehr aus der Leitung. Armstrong tat gegenüber der Ortszeitung so, als habe er keine Ahnung, was da auf seinem Grund und Boden passiert. Aber erklärte, dass er sich darum kümmern wolle. Niemand möchte sich gerne öffentlich in seiner Heimatstadt als Verschwender brandmarken lassen. Immerhin verzichtete er auf seine klassische Argumentation, mit der er jeden noch so konkreten Dolpingverdacht stets von sich wies: Dass irgendein Labor/Journalist/ganzes Land ihm an die Karre fahren wolle (via Gawker)

Von Stadt zu Stadt

Aus der Abteilung "Manchmal kommt es schneller, als man denkt": Der NBA-Profi Damon Jones saß am Mittwochmorgen im Fernsehstudio von ESPN in Bristol und diskutierte mit seinem Gesprächspartner die Frage: Wie kommt es eigentlich, dass die Cleveland Cavaliers so wenig man Kader herumbasteln. Wenn LeBron James (zur Zeit in Peking aktiv) demnächst wirklich mal die NBA-Meisterschaft gewinnen will, braucht er doch Verstärkung, oder etwa nicht? Kurze Zeit später, auf dem Weg zum Flughafen, saß Jones in einer Limo, und der Fahrer hat ihm erzählt: Damon, du bist gerade von den Cavaliers zu den Milwaukee Bucks geschippert worden. Der hatte die Nachricht bei einem Telefongespräch mit seinem Sohn aufgeschnappt, der bei ESPN arbeitet. Jones war drei Jahre in Cleveland und rechnet nicht damit, dass er an seinem neuen Arbeitsplatz die Trainingsjacke ausziehen muss. Point Guards wie ihn hat man dort genug (via SportsbyBrooks)

14. August 2008

Altersfrage: Erste chinesische Turnerin entlarvt

Die ersten Dokumente sind aufgetaucht, die belegen, dass zumindest ein Mitglied der chinesischen Turnerinnen-Mannschaft nicht so alt sein kann, wie in ihrem aktuellen Reisepass steht. Der erste Verdacht, der Ende Juli von der New York Times gestreut und auch in Deutschland zitiert wurde, lässt sich durch Kopien von Artikeln und Listen erhärten. Eine Arbeit, um die sich der internationale Verband bislang gedrückt hat. Wie so oft, wenn es um Politik hinter den Kulissen geht, dürften die Funktionäre im Moment vor allem herumtaktieren, um das Problem vom Tisch zu schieben. Niemand hat den Mut oder möchte in China den Chinesen ins Gesicht sagen, dass sie betrügen. Ein Nebenaspekt, wenn Olympische Spiele in Ländern stattfinden, in denen das Volk nur auf dem Papier etwas zu sagen hat.

13. August 2008

Ende für Lalas in La-La-Land

Puh, das ist so gerade noch mal gut gegangen. Am Samstag lief im Deutschlandfunk mein Beitrag über David Beckham und Los Angeles Galaxy, wo er aufgrund einiger andere aktueller Ereignisse eine Weile auf der Warmhalteplatte lag. Drei Tage später sind zwei der Gesprächspartner nicht mehr in ihren Ämtern: Team-Manager Alexi Lalas wurde hinauskomplimentiert. Trainer Ruud Gullit, in seiner erste Saison in der amerikanischen Fußball-Liga MLS, nannte nicht näher spezifizierte persönliche Gründe, weshalb er die Brocken hingeworfen hat. Die Saison hatte sportlich sehr löblich begonnen. Als ich Anfang Juni zwei Tage lang in Los Angeles beim Training war, stand die Mannschaft an der Tabellenspitze im Westen und spielte guten Angriffsfußball. Was dem Team seitdem zugestoßen ist, bleibt ein Mysterium.

Der Nachfolger für Gullit ist der ehemalige Nationalspieler Cobi Jones, der keinerlei Erfahrung im Amt des Cheftrainers hat. Spekulationen machen Sinn, wonach Galaxy und vor allem die Firma dahinter – Anschutz Entertainment Group – tief in die Tasche greifen wird, um einen renommierten Ausländer zu verpflichten. Natürlich haben vor allem die Spieler an der Formkrise Schuld und müssen nach Ansicht vonAEG-Manager Tim Leiweke sich auch mal selbst fragen, was das Problem sein könnte. Aber wie immer wird erst mal an der Spitze der Pyramide herumgehackt, ehe man etwas tiefer einsteigt. Der Telegraph in London will allerdings etwas von einer Spielerrevolte gehört haben.

Lalas ist der bekannteste Cheerleader von Major League Soccer, immer bereit mit einem lockeren Spruch die Erwartungen hochzuhypen. Das hat ihm schon in New York den Job gekostet, als er von den neuen Besitzern von Red Bull an den Gang getan wurde. In Los Angeles wirkte er wie der perfekte Zirkusdirektor für eine ambitionierte Organisation, die in den Anfangsjahren der Liga ziemlich erfolgreich war. Er hatte sicher auch nichts dagegen, dass man David Beckham aus Spanien holte und schon gar nichts gegen den Ringelpiez, der sich dadurch entspann. Aber Beckham war im ersten Jahr eher eine Last für den Laden als ein Gewinn, auch wenn sich das Experiment finanziell ziemlich positiv auswirkte. In dieser Saison sah es nach einem Leistungssprung aus. Aber das Hauptproblem, ein wackliger Torwart und eine schläfrige Verteidigung, wurde nicht gelöst.

Die interessanteste Neuigkeit aus meinem Gespräch mit Landon Donovan, der übrigens hervorragend Deutsch spricht: Er liebäugelt nach den Frusterfahrungen in Leverkusen durchaus wieder mit einem Gastspiel in Europa. Der Mann ist erst 26 Jahre alt und der beste Spieler der US-Nationalmannschaft.

Weg und wegger

Einer der Nachteile, wenn Olympische Spiele in China stattfinden: Die meisten Skandale kommen gar nicht richtig hoch und werden nicht in der notwendigen Energie breitgetreten. Man nehme den Verdacht, dass einige chinesische Turnerinnen noch nicht das notwendige Alter von 16 erreicht haben (oder im Verlauf dieses Jahres noch 16 werden). Der Verband wischt das weg. Das IOC wischt es noch wegger. Und die Medien von Belang und mit den entsprechenden Resourcen haken nicht nach, weil sie in dem riesigen Land mangels Sprachkenntnissen gar nicht wissen, wo und wie und was. So hat selbst die New York Times mit ihrem riesigen Reporter-Team nur Zeit für ein Lamento von einem Kolumnisten. Dabei gebe es auch andere Wege, das Problem anzupacken. So wie bei der Achterbahn, wo man einen Längenstab einsetzt, um zu bestimmen, wer mitfahren darf und wer nicht. Die Chinesinnen sind zwischen 1,35 und 1,40 Meter groß. Weshalb gibt es keine Mindestmaß von, sagen wir, 1,50 Meter? Das wäre für alle gesünder. Und die Zwerge gehen gleich zum Zirkus. Sie rücken nicht über Los. Und sie ziehen keine Goldmedaillen ein.

12. August 2008

Nummer sicher

Junge, kräftige Männer treffen auf junge kräftige Frauen. Einige sehen sogar gut aus. Und nicht nur muskulös. Im Olympischen Dorf laufen sie ineinander und finden einander Gefallen. Das führt oft zu mehr. Kein Problem. Die 10.000 Sportler in Peking können auf über 100.000 Kondome zurückgreifen, die die Veranstalter bereithalten. Warum so viele? In Athen gab es nur 50.000. Der Vorrat war noch vor dem Ende der Spiele aufgebraucht.

32 Amerikaner mit dem Kontrabass

Diese Zahlen sind hochgerechnet und bestenfalls Näherungswerte. Aber sie vermitteln das Dilemma der besten Tageszeitung der Welt ganz gut: Die Blogger von Gawker schätzen, dass die New York Times mehr als 400.000 Dollar ausgibt, um die aufwändige Olympia-Berichterstattung zu finanzieren. Viel Geld für eine Zeitung, die sparen muss, wenn sie in zehn Jahren noch im großen Stil weiterarbeiten will. 32 Reporter hat das Blatt nach China geschickt, um Geschichten zu liefern, die über den von den Nachrichtenagenturen abgekauten Wettbewerbsalltag hinausgehen. Die Ausbeute bisher ist erstaunlich dünn. Ein ausführlicher Artikel über die Dopingaktivitäten der Chinesen und ihre Kontrollen im Land ist von einer Gutgläubigkeit durchmasert, bei der man sich an den Kopf fasst. Die Beleginformationen aus dem Film von Hajo Seppelt und Jo Goll Olympia im Reich der Mittel neulich in der ARD haben sich offensichtlich nicht bis zu allen Redakteuren der Times herumgesprochen. Auch wenn es ein paar Zeilen über deren Erkenntnisse sogar bis in die Zeitung geschafft hatte. Die jüngste Arbeit von Jere Longman und Gina Kolata ist auch eher lau. Das größte Problem für alle Printmedien in den USA: Aufgrund des Zeitunterschieds von zwölf Stunden sind viele Informationen schon ziemlich alt, wenn sie am nächsten Tag in der Zeitung stehen.

Mehr über die Stimmung der amerikanischen Medienabgesandten kurz vor Beginn der Spiele konnte man im New York Observer lesen.

Disclosure: Habe am Seppelt/Goll-Film mitgewirkt.

Der Klingelbeutel: Was man alles sieht, wenn man anders hinschaut

• Es kommt wahrscheinlich immer darauf an, welche Brille man gerade aufhat: So sah eine angesehene Publikation in Israel das Staffelrennen über die 4mal100 Meter Freistil: "Zwei Juden und ein Schwarzer helfen Phelps, sich seinen olympischen Traum zu erfüllen." (via Sports Point, wo man titelte: "Eine Olympia-Schlagzeile, die selbst Blogger nicht nehmen würden").

• Wenn Kommentatoren im amerikanischen Fernsehen olympischen Sport hochjubeln müssen, gehen ihnen nicht gleich die Worte aus. Sie benutzen manche einfach nur etwas öfter. Slate hat die Liste und den Sap-o-Meter, um den Schmus einzuordnen. Die schlimmste Zeile bislang: Behind the smiles, they'll never be able to explain the sacrifices made, or adversities overcome." (Kursiv herausgehoben: drei Wörter von der schlimmen Liste in einem Satz)
via Deadspin

• Kaum zu glauben, aber blinde Athleten zelebrieren ihre Siege genauso wie Sportler mit voll funktionsfähigem Augenlicht. Und noch weniger zu glauben: dass es Wissenschaftler gibt, die solche Dinge untersuchen. Wobei: Schiedsrichter, die keine Tomaten auf den Augen haben, sich durchaus anders verhalten. Sie haben eine Tendenz, den Sportlern in roten Trikots zur Seite zu stehen. Diese Studie aus dem Jahr 2005 wurde übrigens in Münster verfertigt. Damals wurden Informationen von den Spielen in Athen aus den Kampfsportarten ausgewertet. Gut. Das wäre ein Anfang. Aber wie wäre es mal mit einer Untersuchung des Farbeinflusses beim Fußballspiel? (via SportsbyBrooks)