31. Oktober 2007

Offermans Knüppelattacke: Zwei Jahre Bewährung

Baseballprofi Jose Offerman, der bei einem Spiel mit einem Schläger wütend auf einen Pitcher losgegangen war, muss nicht ins Gefängnis. Ein Gericht in Bridgeport/Connecticut setzte die Strafe auf Bewährung aus. Die Frist läuft zwei Jahre. Gleichzeitig muss der Minor-Leaguge-Infielder und ehemalige Major-League-All-Star die Arztkosten bezahlen. Er hatte bei seiner Attacke zwei Gegner verletzt.

Mancuso-Video: Frechheit siegt?

Die Medienarbeit vorausschauender Athleten wird immer umfassender. Eigene Webseite? Standard. Bloggerei? Die Zahl der Sportler, die es mit Witz und Würze betreiben, wächst (siehe Hinweise hier und hier). Jetzt hat die amerikanische Skifahrerin Julia Mancuso einen Weg gefunden, das Ganze noch zu toppen. Mit einem Video von ihrem ersten Rennen der Saison in Sölden, in dem sie aus dem Off (in Studioqualität) die beiden Riesenslalomläufe kommentiert, die der Kameramann über weite Strecken von der großen Projektionsfläche im Zielraum abgefilmt hat (ebenfalls in bemerkenswerter Qualität ). Man darf davon ausgehen, dass Sportler in und Videoteam das Gefühl haben, sie könnten auf diese Weise das Problem umschiffen, dass die Bilder der übertragenden Fernsehgesellschaft gehören und sie vermutlich nicht zum freien Kopieren zur Verfügung gestellt hat. Naiv? Frech? Bahnbrechend? Wer fünf Minuten Zeit hat, sollte sich das Resultat mal anschauen und sich schon mal fragen, wann es wieder von der Seite (und aus dem Archiv des Videoproviders verschwunden sein wird.

Der Klingelbeutel: Zu Gast bei Frondeuren

Kaum schreibt man mal was über eine neue Unsitte in der Fußball-Bundesliga und wird auch noch prominent vom Indirekten Freistoss zitiert, dem einflussreichsten und besten Fußball-Blog im Lande, schon kippt die Fronde. Wenn das jetzt öfter vorkommt, werde ich in unserem Haushalt die Auswahl der Lottozahlen übernehmen.

Bill Belichick wurde neulich als Werkspion erwischt und bestraft. Dass das alles nur daran liegen soll, dass der Trainer der New England Patriots ungeschickt oder übermütig (oder beides) geworden ist, kann man sich beim Die Hard Steel-Blog überhaupt nicht vorstellen. Der Mann mit der Kapuze, dem man den Spitznamen Evil Genius anzuhängen versucht, muss das alles mit voller Absicht gemacht haben. Warum? Um seine Mannschaft die Psychoformel einzuhämmern: Alle sind gegen uns. Wir kämpfen gegen den Rest der Welt. Aber gemeinsam sind wir stark.

Wenn Tony Romo von den Dallas Cowboys wirklich 11,5 Millionen Dollar pro Jahr wert ist und einen Weg gefunden hat, sich fast die Hälfte des Geldes garantieren zu lassen (was in der NFL normalerweise nicht der Fall ist), dann heißt das, dass die Gehaltsspirale wieder mächtig in Bewegung gekommen ist. Das ist weniger das Problem der Clubs, die mit einer ultraharten Salary Cap leben müssen (und nicht solche Pufferzonen für ultrareiche Teams haben wie die NBA mit ihrer Luxussteuer), sondern der vielen namenlosen Spieler im Kader, die mit Mini-Gehältern abgespeist werden. Und das sind die Leute, deren Zahlungen nicht garantiert sind und die oft verletzungsbedingt früh die Karriere aufgeben müssen (Durchschnittsverweildauer in der NFL: dreieinhalb Jahre).

Das Lesestück der Woche zum NBA-Saisonbeginn: Chuck Klosterman über das ewige Palawer, wonach die NBA permanent von schweren Krisen bedroht ist (Imagekrisen und wirtschaftlichen Krisen). Er gibt nicht mal den Medien die Schuld, obwohl dort ständig jenes Drahtseil gespannt wird, auf dem die Basketballprofis angeblich im Kampf um den Zuschauer wandern. Er sieht nicht zuletzt den unheiligen Einfluss vom Ligamanagement, das
"jedes Imageproblem zu manipulieren versucht, von dem die Association in jedem Augenblick erfasst wird" (via Fanhouse).

30. Oktober 2007

Die Gitarre und das Mehr

Ich komme hier in Manhattan dauernd an dem Haus vorbei, vor dem 1980 John Lennon erschossen wurde, und an dem geschmackvollen kreisrunden Mosaik im Boden im Central Park gleich nebenan, das an ihn erinnert. Da sieht man dann Touristen, die herumknipsen, als gäbe es etwas zu sehen (es sind jedoch nur andere Touristen), aber auch solche Besucher, die still verweilen und vielleicht auch mal eine Gitarre auspacken und ein paar Akkorde anschlagen und etwas summen. Es wird nie richtig laut in Strawberry Fields. Der Ort scheint kultisch gesehen eine würdige Stätte der Erinnerung geworden zu sein.

Ich bin in Elvis seinem Graceland in Memphis gewesen (ein knatschbunter Rummelplatz) und in der Rock'n'Roll Hall of Fame in Cleveland (abgesehen von dem lächerlich hohen Eintrittspreis eine intelligente Präsentation), im Rock N Soul Museum in Memphis (die bislang beste und schlüssigste Darbietung, die beschreibt und erklärt, wie die Musik der Schwarzen die Musik der Welt wurde und wie die Welt die Musik der Schwarzen beeinflusste). Und ich habe mit 20 Jahren Verspätung auf dem Gedenkstein in der Wiese gesessen und meditiert, wo das Drei-Tage-Konzert namens Woodstock stattfand. Mich interessieren die Hinterlassenschaften von populärer Musik und ihren anfänglich so kruden, aber außerordentlich kreativen Gehversuchen. Denn sie erinnern mich an eine Epoche, die solche Produktionen wie MTV Unplugged in ihrer schamlosen inszenierten Pseudo-Intimität nie nachempfinden werden. Die Zeit vor den Fernsehdarbietungen und vor dem Internet-Informationskonsum, der viel zu vielen Menschen das Gefühl gibt, ihre Sekundär- und Tertiärwahrnehmungen seien ebenso bedeutend wie das Erlebnis selbst. Ich würde denen mal einen Besuch an Orten empfehlen, an denen die Musik auf eine sehr viel relevantere Weise weiterlebt.

Ich weiß nicht, ob ich dieses Museum dazu rechnen würde, zu dem mir gerade hier ein lesenswerter Artikel über den Weg gelaufen ist. Der Text behandelt leider nicht die Frage, ob Jimi Hendrix überhaupt jemals die Statur besaß, jenseits seiner enormen Virtuosität als Gitarrist und dem Symbolgehalt seiner Woodstock-Version des Star Bangled Banner, den Rang einer wirklichen Pop-Kulturikone zu erreichen. Es besteht da in diesen Tagen leicht Verwechslungsgefahr. Nur weil sein einmaliges Talent, auf eine verblüffend kontrollierte Weise aus einem Gitarrenverstärker Töne herauszudrechseln, noch immer von keinem Musiker erreicht oder gar übertroffen wurde (Stevie Ray Vaughn starb leider viel zu früh), lässt sich daraus noch kein musealer Wert ableiten. Was gibt es schon zu erzählen und zu präsentieren? Die Alben, die er aufgenommen hat, gibt es schließlich noch immer. Und wer etwas über Jimi Hendrix wissen will, braucht sie sich nur anzuhören.

Der Fall erinnert einen an den Grabstein von Jim Morrison auf dem Friedhof Père-Lachaise in Paris (oder eben auch an Lennons Mosaik im Central Park). Das sind Orte, zu denen sich Menschen hingezogen fühlen und wo sie Nostalgie auf eine spontanere Weise ausleben. Was braucht man immer ein ganzes Museum, um die Lebensleistung einen einzelnen Musiker zu würdigen?

Super Groups

Die Online-Redaktion der FAZ hat den Nowitzki-Artikel vom Sonntag hochgeschaltet, von dem hier bereits in Andeutungen die Rede war. In der Printausgabe von heute gibt es eine weitere Geschichte zum NBA-Saison-Start: Sie handelt von den Boston Celtics, deren Management im Laufe des Sommers mit Hilfer massiver Tauschgeschäfte eine Mannschaft mit gleich drei Spitzenspielern - Kevin Garnett, Ray Allen und Paul Pierce - zusammengebaut hat. Die Combo erinnert einen an die Super Groups, die Ende der sechziger Jahre enstanden (Beispiel: Blind Faith). Die Erwartungen sind hoch - nicht nur in Boston - sondern überall im Osten der USA.

Übrigens: Was aus Blind Faith wurde, wissen wir. Es war eine künstlerisch sehr bemerkenswerte Kombination, aber trotzdem kein Meilenstein. Mehr ein Schnappschuss, eine Momentaufnahme. Allerdings auch ein Verkaufserfolg. Clapton wurde erst als Chef im eigenen Laden zu einem Meister des Fachs. Und Steve Winwood orgelte sich bei Traffic einen ab und erreichte nie den Status, der einem Vollblutmusiker wie ihm gebührt. Hier ein Ausschnitt aus dem Blind-Faith-Debütkonzert im Hyde Park 1969.

29. Oktober 2007

Red Sox gewinnen World Series - A-Rod macht von sich reden

So kurz und bündig wie die Boston Red Sox die World Series gewonnen haben, gibt es dann hier ebenso kurz und bündig das Resultat des letzten Spiels: 4:3 für die Red Sox, die erneut den Colorado Rockies in den vielen kleinen Dingen der hohen Baseballkunst überlegen waren.

Die Nachricht des Abends kommt aus New York: Die Wege von Alex Rodriguez und den New York Yankees trennen sich. A-Rod wollte nicht zu den alten Konditionen mit ein paar Millionen Aufschlag verlängern. Die Yankees sahen keinen Sinn darin, einen völlig neuen Deal auf die Beine zu stellen. Denn auf diese Weise hätten sie den enormen finanziellen Nachlass verloren, denen ihnen die Texas Rangers gewähren. Die Rangers hatten Rodriguez ursprünglich den 250-Millionen-Dollar-Wahnsinnskontrakt eingeräumt, dann aber nach einem Club gesucht, der ihnen die Last abnimmt. Es fanden sich nur George Steinbrenners Club und auch nur unter der Vorausetzung, dass die Rangers weiterhin knapp ein Drittel des Gehalts bezahlen. Welcher Club nun einsteigt, ist schwer zu sagen. Die Boston Red Sox haben die Mittel, aber theoretisch auch einen hervorragenden Third Baseman (Mike Lowell), der zum Most Valuable Player der World Series ernannt wurde. Allerdings ist der mit dem heutigen Tag Free Agent geworden. Das Tauziehen möge beginnen.

28. Oktober 2007

Boykott an der Ruhr

Wenn man im englischsprachigen Google-Kosmos die drei Wörter press, boycott und athlete eingibt, kommt auf den ersten Seiten eine AP-Geschichte über den Iraner aus Wolfsburg hoch, der nicht mit der deutschen Nationalmannschaft nach Israel fahren will, Gedanken zu einem Boykott der Olympischen Spiele in Peking und das übliche Kraut und Gemüse einer typischen Suche. In der deutschen Parallelwelt sieht die Sache schon anders aus. Bei Presse, Boykott und Sportler kommt sogleich das Verhalten deutscher Fussballprofis im Umgang mit den Medien zur Sprache. Der Unterschied ist nachvollziehbar. In der Welt des amerikanischen Profisports wäre ein Verhalten wie das der Spieler von Schalke 04 im letzten Jahr und von Borussia Dortmund zur Zeit überhaupt nicht denkbar. Egal, was die Mannschaftsmitglieder für Komplexe pflegen - inferior oder superior - sie haben sich an die Regeln der Ligen zu halten. Und die besagen, dass Spieler mindestens nach dem Training und nach einem Match akkreditierten Journalisten für eine gewisse Zeit - meistens in der Umkleidekabine - Rede und Antwort stehen müssen. Die NBA öffnet sogar die Umkleidekabine vor einem Spiel den Medienvertretern, die auf diese Weise weit mehr an Informationen zusammentragen können, als das in der Hektik im Anschluss eines Spiels möglich ist.

Rede und Antwort stehen heißt nicht, dass sie sich nicht bisweilen demonstrativ defensiv, aggressiv, nichtssagend, abweisend, unzusammenhängend und verwirrt äußern. Manchmal sagen sie auch gar nichts. Aber jeder offensichtliche Versuch, sich dem Ritual zu entziehen, wird mit Geldbußen bestraft. Einer ganze Mannschaft würde ein derartiges Verhalten teuer zu stehen kommen.

Dass die Bundesliga angesichts der jüngsten Fälle nicht interveniert, ist nur ein weiteres Zeichen dafür, wie rückständig man dort Fragen des modernen Sportmanagements gegenübersteht. Die Angelegenheit ist nämlich nicht damit abgetan, dass man mit der Achsel zuckt, wenn in irgendeinem Club ein Mob aus demotivierten Leuten das Geschäft sabotiert, das daraus besteht, so viele Menschen wie möglich zu erreichen, um möglichst viele Eintrittskarten, Pay-TV-Decoder, Souvenirartikel etc. zu verkaufen. Solange es keine Regel gibt, die für alle gilt, kann jeder Club im Zweifel machen, was er will. Solche Formen der Anarchie mögen ja in einigen Zirkeln auf Sympathie stoßen. Sie unterminieren aber jede Form einer offensiven Vermarktung der Liga als einer übergeordneten Einheit. Die Spieler können schließlich auch nicht darüber entscheiden, welche Trikotfarben sie tragen, welche Sponsoren auf ihrer Brust prangen und gegen welche Mannschaft sie wann antreten. Warum sollten sie darüber entscheiden, ob sie Lust darauf haben, mit Medienvertretern zu reden?

Es kann ja sein, dass die akkreditierten Vertreter der Presse geistlos sind und aufdringlich und am Ende nur Mist wissen wollen. Aber wer glaubt, er habe Anspruch auf eine andere Behandlung seitens der Medien, sollte sich zuerst einmal fragen, ob er überhaupt die Qualität an Sport und Statements abliefert, die eine andere Behandlung rechtfertigt. Und wenn die Antwort "Ja" lautet, sollte er mal auf die Liga einwirken und herausfinden, wie man das akkreditierte Medienpersonal auf ein anderes Niveau bekommt. Den Druck müssten die Leute von der Presse eigentlich vertragen können.

27. Oktober 2007

Der Fußball-Saboteur

Ein richtiger Spielverderber dreht den Leuten in holländischen Kneipen nicht nur den Apparat ab, vor dem sie alle kauern, um die Übertragungen der Spiele der Nationalmannschaft zu verfolgen. Er zeichnet seine Sabotagehandlungen noch stolz auf Video auf.

In manchen Ländern würde man für solche maliziösen Handlungen gesteinigt, falls man erwischt wird. In Holland quilllt nicht mal der Volkszorn über (via With Leather und Hot Clicks). Vielleicht sollten sich die österreichischen Fußballanhänger an diesem Beispiel orientieren, die dafür plädieren die eigene Nationalmannschaft von EM im nächsten Jahr abzuhalten. Mit solchen Abschaltaktionen bei den Spielen des eigenen Teams könnte man das Debakel in Grenzen halten.

Verdirkte Welt

Nächste Woche beginnt die neue NBA-Saison, auf die man sich allmählich auch im deutschsprachigen Raum einstimmt. Am Sonntag gibt es in der FAZ einen Text, der sich mit dem merkwürdigen Verhältnis von Avery Johnson und Dirk Nowitzki in Dallas beschäftigt, das der Grundstein dafür ist, dass der Trainer ständig so tut, als habe er lernbedürftige Schüler zu betreuen, die nicht richtig Basketball spielen können. Der MVP wiederum denkt gar nicht daran, die Verantwortung zu übernehmen und drückt sich vor dem dringend notwendigen Aufstand gegen Johnson. Die beiden werden auf diese Weise noch viel Spaß aneinander haben. Zumal Nowitzki dem Spiegel (via NBA-Blog) deutlich gemacht hat, dass er ganz offensichtlich das Kernproblem gar nicht erkennt. Er habe zwar nach der Saison alles in Frage gestellt - "sogar die ganze Karriere". Aber alles, was am Ende dabei herauskam, war die Feststellung: "Wir haben auch so eine gute Mannschaft, die stark genug ist." Eine Mannschaft, die auf keiner Position verstärkt wurde, in der er keine Nebenleute hat, die ihn in der Rolle des Scorers zuverlässig unterstützen können. Und keinen vernünftigen Center, der unterm Korb die Arbeit macht. Das soll reichen? Wer macht hier eigentlich wem was vor?

Der andere Text wird in der SonntagsZeitung in der Schweiz erscheinen und die Chicago Bulls und Boston Celtics behandeln, die nach Expertenansicht die stärksten Rivalen um den Top-Platz in der Eastern Conference sein werden. Die Bulls liegen den Schweizern natürlich auch deshalb nahe, weil dort Nationalspieler Thabo Sefolosha spielt, dessen Option auf ein drittes Vertragsjahr soeben von Chicago wahr genommen wurde.

Sowohl Dallas als auch Chicago sind noch immer die vielversprechendsten Kandidaten für einen Deal mit den Los Angeles Lakers in Sachen Kobe Bryant. Die Signale sind aber eher schwach. Die Bulls müssten sich wohl von Luol Deng verabschieden, dem sie gerade ein maßvolles Angebot für einen langfristigen Vertrag gemacht haben. Die Offerte sollte man auf keinen Falls als Trade-Hinweis deuten, sondern eher als Teil einer konsequenten jahrelangen Gehaltspolitik, bei der man sich an der Salary Cap orientiert und nicht an dem Wettrennen von solchen Verschwendern wie den New York Knicks oder den Dallas Mavericks.

Dallas und Kobe Bryant bleibt ein Thema, das vor allem von den texanischen Zeitungen hochgepeitscht wird. Der Bewegungsspielraum für Dallas ist minmal. Es sei denn, sie geben Josh Howard und Devin Harris ab. Dagegen spricht - siehe Boston - erst mal gar nichts. Außer dass die Mannschaft bei einem solchen Trade dringend das Loch in der Mitte stopfen müßte. Erick Dampier und die anderen Center haben nicht das Format, um einer Mannschaft mit Bryant und Nowitzki als Dreh- und Angelpunkt die Arbeit zu erleichtern.

Cejka: Wer die Wahl hat...

Man kann einen Menschen, der die meiste Zeit in hunderten von Hotels irgendwo in Amerika wohnt und in seiner Freizeit in Las Vegas ("Da habe ich mit einem kleinen, aber feinen Häuschen, übrigens in der Nähe von Steffi Graf und Andre Agassi, ein Schnäppchen gemacht.") als vieles bezeichnen. Auf die Idee, ihn einen Wahlmünchner zu nennen, muss man allerdings erst mal kommen. Aber das gehört zu den Mysterien rund um die Einschätzung der Person Alex Cejka, der einst mit seinem Vater aus der sozialistischen Tschechoslowakei in den Westen floh und später aus der europäischen Golferwelt in die USA, wo er seit dem einen schwierigen Kampf um die berufliche Existenz führt. Denn privat gibt es keine intakte Basis mehr: Die zwei Kinder aus einer gescheiterten Ehe leben im Heimatland der Mutter - in Tschechien. Immerhin: Cejka hat zuletzt sein bestes Turnier seit langem gespielt und sich mit der Gewinnsumme auf das rettende Ufer der Geldrangliste der PGA Tour geschwungen. Jetzt kann er weit gelassener nach vorne schauen als vor einem Jahr, als er erneut in die Qualifying School musste, um sich die Spielberechtigung zu erarbeiten. Der Kontakt zu Deutschland ist nachwievor nicht völlig abgebrochen, Als deutscher Passbürger wurde er in diesem Jahr neben Martin Kaymer in das Zweier-Team berufen, das als Titelverteidiger zum World Cup nach Mission Hills in Südchina fliegt, der vom 22. bis 25. November ausgetragen wird. Die beiden Schweizer Martin Rominger und Robert Wiederkehr hatten sich beim Qualifikationswettbewerb in Kuala Lumpur nicht behaupten können. Die Österreicher Markus Brier und Claude Grenier sind hingegen dabei.
Blick zurück: Die Wahlbremer

26. Oktober 2007

Der Klingelbeutel: Bode Miller fährt mit Amerika Schlitten

Auf eine solche Weise gelingt es dem leidlich renitenten Skifahrer Bode Miller, mal wieder mit den USA Schlitten zu fahren. Nachdem er sich vor ein paar Monaten offiziell aus der Mannschaft des amerikanischen Skiverbandes absetzte, ließ er jetzt durchblicken, wie sein Ein-Mann-Laden heißen wird: Team America. Miller kann beim World Cup als Solist starten, nicht jedoch bei Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen.

Das kommt davon, wenn man ohnehin schon unter Verdacht steht, Spiele wegzuschenken, die bei den Sportwettbüros mit dubiosen Quoten gehandelt werden: Nikolai Dawidenko wurde von der ATP mit einer Busse von 2000 Dollar belegt, nachdem er in einem Match bei den St. Petersburg Open eine etwas andere Methode praktizierte, das Ding noch zu verlieren. Er hatte den ersten Satz mit 6:1 in 27 Minuten gewonnen, aber sich danach aufs Produzieren von Doppelfehlern verlegt. Vier Doppelfehler im zweiten Satz, folgten sechs im dritten. Davidenkos Gegner Marian Cilic nahm das gelassen. Der Stuhlschiedsrichter jedoch nicht. Er ermahnte den an Nummer eins gesetzten Russen wegen seiner unsportlichen Haltung. Die ATP sah es nicht anders.

Die Miami Dolphins und New York Giants spielen am Sonntag in London, was ein Vorgeschmack auf kommende Saison werden könnte: Dass die NFL dann zwei Begegnungen in Europa auf die Beine stellen wird. Eine erneut in London, die andere in Deutschland. Die Dallas Cowboys werden nicht zu den Teams gehören, die den Flug nach Europa antreten. Eigentümer Jerry Jones ist das zu mühsam. Also wird man sie und ihre Trikots auch weiterhin aus der Ferne studieren müssen.

Der gute Jason Whitlock hat sich das Video-Wunderwerk der E:60-Redaktionskonferenz angeschaut und war begeistert: Die Sendung habe das Zeug "zur ehrlichsten, unabsichtlich lustigen Show im Kabelfernsehen" - vorausgesetzt sie zeige einfach nur die Themenkonferenzen und verzichtet auf den Rest. Auf diese Weise erhalte man "einen echten Einblick darin, wie die Medien arbeiten und warum so viele Märchen senden und publizieren". Whitlock kann das nur ironisch meinen. Denn tatsächlich muss man in den USA mindenstens derart gekonnt an die Sache herangehen wie die Daily Show auf Comedy Central, wenn man den Medien-Märchenwald täglich aufmischen will. Wir hatten das Gusterl-Stückerl schon gestern im Visier.

25. Oktober 2007

Ballistik für Filzfans

Tennis wird erst in Tateinheit mit Sachbeschädigung so richtig schön. Oder: Wie die ATP wildfremde Leute davon überzeugen will, dass sie beim nächsten Turnier mit Roddick und Federer einschalten.
via ballhype.

Aus dem Leben eines hochbezahlten Fernsehmanns: Themenkonferenz bei ESPN

Man sitzt in seinem beruflichen Leben in so manchem Meeting. Wenn man als Journalist sein Geld verdient, sind das vor allem Themenkonferenzen. Aber niemand fährt in solchen Augenblicken mit Kameras um einen herum, während man versucht, seine Ideen zu verkaufen. Die neue Sport-Magazinsendung E: 60 bei ESPN nutzt solche Arbeitsgespräche als Futter für zusammengeschnittene Überleitungen bei der Ausstrahlung. Irgendjemand in der Internet-Redaktion hatte das Gefühl, man müsste den minutenlangen halbgaren Versuch von Michael Smith in seiner ganzen Länge online stellen, eine Geschichte zu verkaufen, die niemanden in der eigenen Redaktion interessiert. Vorsicht: Das geht über Minuten. Und der Mann hat wirklich kein vernünftges Argument außer seiner Sympathie für die Figur.

Das Video gibt einen kleinen Einblick in die flache Denke von hoch bezahlten Medienarbeitern, die am Ende als Instanz mit Macht im Mediengeschäft entscheiden, was ein Thema ist und Millionen von Menschen erreicht und was nicht. Und es zeigt, warum man die Leute im Hintergrund nach so wichtig machen will: Um den Fernsehreportern eine Starrolle zuzuschieben, ohne die ein Programm wie E: 60 in den USA nicht funktioniert.

Die Chad-Johnson-Geschichte (Football-Profi bei den Cincinnati Bengals) wurde nach all diesen geistigen Klimmzügen tatsächlich produziert. Ich habe die Sendung (laut Eigenwerbung "ESPN’s first multi-subject, prime-time newsmagazine program") gestern aber schon nach dem Auftaktbeitrag von Rachel Nichols abgeschaltet. Und deshalb habe ich auch keine Meinung zu dem fertigen Beitrag. Mir reichte das Machwerk Nummer eins: Da ging es um Jeanie Buss, der Tochter von Jerry Buss, dem Besitzer der Los Angeles Lakers, die als Marketing-Managerin für den Club arbeitet und sich als Lebensgefährtin von Coach Phil Jackson in einer kuriosen Situation befindet. Obwohl die Frau dank ihrer Interesssenslage oft mit Schwierigkeiten zu tun hat und sich derzeit alles verkompliziert (Stichwort: Kobe Bryant will weg, der Vertrag von Jackson hängt in der Luft), kam nur ein eindimensionales Porträt einer Frau in einer Männerwelt dabei heraus, die ihr bestes tut, alles hübsch auszutarieren. Der Beitrag enthielt keine neuen Erkenntnisse, keine neuen Wahrheiten. Einfach nur die Fläche hinter der Oberfläche, die niemanden wirklich interessiert. Es sei denn man hat einen Hang zum Grafischen und wollte mal wissen, wie das aussieht, wenn man eine Kamera an all den hübsch aufgereihten Meisterschaftspokalen der Lakers vorbeifahren lässt. Man konnte allerdings erkennen, dass Rachel Nichols vor Ort hart und lange an dem Stück gearbeitet hat. Sie hatte nicht bei jedem Interview das gleiche an. Für eine Einschätzung der ersten Folge des Magazins möge man Richard Sandomir von der New York Times lesen. Er bringt die Sache auf den Punkt.

24. Oktober 2007

Wir präsentieren: Das NBA-Finale 2008


Ich weiß, ich weiß. Das kommt jetzt ein bisschen voreilig. Die NBA-Saison hat noch gar nicht angefangen. Und wenn sie los geht, stehen hunderte, wenn nicht tausende von Spielen auf dem Programm, ehe der neue Meister feststeht. Aber beim Blog of Hilarity hat man dieses Video gefunden und fragt nun: Sollte man angesichts solcher Aussichten nicht einfach die Saison sausen lassen und gleich die beiden nominell besten Mannschaften - Titelverteidiger San Antonio Spurs und die um Kevin Garnett und Ray Allen verstärkten Boston Celtics - gegeneinander antreten lassen? Der Computer wurde schließlich nicht von ein paar Armleuchtern programmiert. Irgendetwas muss doch dran sein, oder? Jedenfalls tickt die Software anders als John Hollinger, der neulich die Chicago Bulls so gelobt hat. Und die Gesichter von richtigen Menschen bekommt sie auch nicht hin. Aber das interessiert mich nicht. Ich besitze keine PlayStation und keinen xBox-Apparat. Ich bleibe lieber bei der echten NBA am Ball (via SportsbyBooks).

Wildern und Kapern: Das Karussell bei den US-Sportmedien kommt in Schwung

Mag sein, dass der Sportreporter von Richard Ford in die letzte Kurve seines Lebens einbiegt und im dritten Band der Serie müde über seinen dahin mäandernden Alltag nachdenkt. Der Mann ist krank und älter geworden. Und Die Lage des Landes (so der Titel des soeben in der deutschen Übersetzung erschienenen Buches) macht beim besten Willen keinen Mut. Fords Kunst-Figur Richard Bascombe, der mit sehr viel Erfolg als profilierter Journalist für ein Sportmagazin arbeitete, gab irgendwann das Schreiben auf und wurde Immobilienmakler. Wer wissen will, warum, sollte das zweite Buch lesen. Es heißt Unabhängigkeitstag und ist das literarisch stärkste der Reihe, deren epischen Teilwerke der Schriftsteller im Zehn-Jahres-Takt herausgebracht hat.

Für Bascombes Realwelt-Kollegen allerdings dürfte das Leben noch nie so gut ausgesehen haben wie heute. Zumindest für die Burschen (und neuerdings auch Frauen) mit Namen und Reputation, was sich amerikaweit auf eine Liste mit rund 50 Schreibern reduziert. Die spielen neuerdings in einer Liga, in der es keine Salary Cap zu geben scheint. Das stärkste Indiz: Die 2 Millionen Dollar Jahresgehalt, für die Rick Reilly, der langjährige Kolumnist von Sports Illustrated, dem Vernehmen nach zu ESPN wechselt. Sports Illustrated war jahrzehntelang der Olymp des amerikanischen Sportjournalismus, nach einer Gründungsphase in den fünfziger Jahren, als das Magazin aus dem Hause Time (heute heißt der Verlag Time Warner) mehrfach auf der Kippe stand. Das Wochenblatt produzierte nicht nur Qualität und lange Lesestücke auf einem Sprachniveau, das der Typ von der Tailgate-Party vor dem NFL-Stadion gar nicht mehr begreift. Es produzierte Auflage. In seinen besten Jahren waren es weit mehr als 2 Millionen verkaufte Exemplare. Fast alle gehen über Jahresabos an die Kundschaft. Der Risikofaktor Kioskverkauf ist ausgemerzt.

Als ESPN vor ein paar Jahren ein zweiwöchentliches Magazin auf die Beine stellte, um sein bis dahin auf Fernsehen (und ein bisschen Radio) beschränktes Angebot zu erweitern, sah noch niemand die Zeichen an der Wand. Der neue Konkurrent wirkte bisweilen fast wie eine Parodie auf das Genre und nicht wie ein verlässlicher Wegbegleiter und Informant, von dem man sich regelmäßig mit Einschätzungen und Werturteilen versorgen lässt. Weshalb die Redaktion auch nie eine Anziehungskraft für Journalisten mit Ambitionen besaß. Immerhin: Das Hochglanzprodukt auf stumpfem Papier brachte es auf mehr als 500.000 Bezieher und verdiente Geld.

ESPN baute während dessen jedoch nicht nur die Fernsehpalette aus (vier englischsprachige Kanäle in den USA). Die Tochter des Unterhaltungskonzerns Disney investierte irgendwann so geschickt und zielstrebig in eine Internet-Plattform, dass man auch dort um die Position des Marktführers kämpft. Kein Anbieter offeriert eine derartige Vernetzung zwischen den einzelnen Abspielkategorien - TV, Radio, Print, Online. Schon gar nicht Sports Illustrated beziehungsweise Time Warner, wo man zwar vor einiger Zeit den Fernsehsender CNN erworben hatte und in eine Fusion mit der Internetfirma AOL einging (und kurzfristig den Firmennamen AOL Time Warner trug) aber nie einen Weg fand, die vielen losen Enden produktiv ineinander zu integrieren.

So steht man nicht nur ziemlich hilflos den Abwerbemethoden der Konkurrenz gegenüber, sondern erlebt den Super-GAU im eigenen Schaffen. Sports Illustrated wirkt schon lange wie ein Heft aus einer anderen alten Zeit, geschrieben für eine andere, ältere Generation. Die Online-Bemühungen sind kläglich. Nicht nur wenn man es mit solchen Informationsangeboten wie Page 2 vergleicht. Und zum Thema Fernsehen gibt es bestenfalls Reminszenzen an den gescheiterten Versuch, ein Publikum für den Sportnachrichtenkanal CNN/Sports Illustrated zu finden.

Dass man sich bei Sports Illustrated inzwischen ernsthafte Gedanken über die Zukunft macht, überrascht denn auch nicht. Zur Zeit sieht es so aus, als ob das Management zumindest eine Defensiv-Strategie verfolgt: Statt hervorragend bezahlte Autoren mit höheren Gagen zu halten, schaut man sich lieber nach neuen Leuten um. Talente gibt es genug. Die reichen von den üblichen Verdächtigen, die man von den Kolumnisten-Diskussionsrunden auf ESPN und der Nonsense-Sendung Around the Horn kennt, bis zu den in der Branche als Geistesgrößen eingestuften Journalisten wie Selena Roberts (New York Times), in deren Kielwasser sich eine ganze Reihe von bemerkenswerten weiblichen Talenten (Liz Robbins, Lynn Zinser) bei Amerikas bedeutendster Tageszeitung nach oben gearbeitet hat.

Dass sich die Unruhe und Bewegung in den Glamourzonen des Sportmediengeschäfts bei einigen extrem gut auf die Einkommenssituation auswirkt, heißt jedoch nicht, dass auch der gesichtslose Sportjournalist an seinem Computer davon profitiert. Im Onlinegeschäft wird nachwievor schlechter bezahlt als in den Bastionen des Metiers, wo alles nach Stellenabbau riecht. Obendrein drängen Blogger nach, die mittlerweile mitunter intern schon hübsche kleine Scharmützel ausfechten (so bei der Washington Post, wo sich Top-Blogger Dan Steinberg, der mit einer unglaublichen Energie und Schreiblust einen konsequenten und innovativen Weg geht und neulich von einem einem Football-Beat-Reporter der Zeitung mit Profilierungsproblemen angepupt wurde.

Die Aufwallungen werden nicht nur von den Eitelkeiten der beteiligten Personen vorangetrieben. Sie spiegeln einfach nur ein ähnliche Entwicklung im Kommerzsport wider, wo Primadonnen und Wasserträger das Entertainmentbedürfnis von Millionen befriedigen. Und sie symbolisieren die Verunsicherung, von der die Entscheidungsträger im Medienbusiness gepackt worden sind. Niemand - außer ESPN - scheint zu wissen, wo die Reise hingeht.

23. Oktober 2007

Der Klingelbeutel: Ali und ein Humidor für Basebälle

Die Amateur-Box-WM in Chicago hat angefangen. Muhammad Ali kam zur Eröffnung. In der heutigen FAZ gab es aus diesem Anlass einen Artikel, der beschreibt, weshalb die Veranstaltung in den USA gelandet ist: Chicago sprang ein, als sich Moskau als überfordert erwies. Der Grund: Die Stadt bewirbt sich für Olympia 2016 und will zeigen, dass sie eine Großveranstaltung aus dem Ärmel schütteln können. Morgen in der FAZ: Ein Bericht über den jungen General Manager der Boston Red Sox namens Theo Epstein zum Auftakt der World Series gegen die Colorado Rockies. Es ist nicht der erste Baseball-Artikel der letzten Tage. In der vergangenen Woche erschien der Bericht über den Humidor, in dem man in Denver die Bälle bei einer Luftfeuchtigkeit von 40 Prozent lagert. Warum? Die Luft in der Höhe von Colorado ist so trocken, dass man ohne diese Maßnahme die Bälle andere Flug- und Abpralleigenschaften besitzen. Das Problem ist dabei nicht mal die extreme Situation in Denver, sondern dass die Spieler der Rockies sich auswärts immer umstellen mussten, ehe diese Neuerung eingeführt wurde. Man darf spekulieren. Aber womöglich hat der anhaltende Erfolg der Mannschaft auch damit zu tun, dass sie seit ein paar Jahren mit diesen feucht gehaltenen Bällen spielt. Der Erfinder des Systems war der Hauselektriker.

Waldbrandgefahr vertreibt NFL-Club aus San Diego

Die Waldbrandkatastrophe in Südkalifornien, die etwa 250.000 Bewohner von Los Angeles bis San Diego bedroht, wirkt sich auch auf den Sportbetrieb aus. Die San Diego Chargers zogen am Dienstag nach Tempe in Arizona um, wo sie die Trainingsanlagen der Arizona Cardinals benutzen dürfen. Running Back LaDainian Tomlinson gehörte zu jenen, der aus seinem Haus evakuiert wurde. Die Mannschaft hat für Sonntag ein Heimspiel gegen die Houston Texans geplant. Ob es stattfinden kann, weiß derzeit noch niemand.

22. Oktober 2007

Hopes Solo hat sich gelohnt: US-Coach darf packen

Das Programm für heute sah eigentlich vor, mich in die Telefonkonferenz einzuwählen, die der amerikanische Fußballverband für 16 Uhr New Yorker Zeit anberaumt hatte. Aber irgendwann vorher war ziemlich klar, dass dieser Termin ohne große Spannung ablaufen würde. Präsident Sunil Gulati wollte nur alleine auftreten, um sich zur Frauennationalmannschaft zu äußern. Von einem Auftritt von Trainer Greg Ryan war nicht die Rede. Und so war dann auch keine Überraschung, was wenig später als offizielle Mitteilung der Presseabteilung im Email-Eingangskorb landete: Coach Ryans Vertrag wird nicht erneuert. Der Mann, der ohne besondere Leistungsnachweise vor zwei Jahren in den Job hineingerutscht war, eine der - auf dem Papier - besten Mannschaften der Welt zu trainieren, darf sich eine neue Beschäftigung suchen. Die anspruchsvollen amerikanischen Fußballanhänger können froh sein, dass die Torfrau Hope Solo nach der Pleite bei der WM gegen Brasilien so offen den Mund aufmachte. Denn der von ihr heraufbeschworene Konflikt brachte mehr an den Tag als die pure Unfähigkeit von Ryan, der vor dem Halbfinale einen mysteriösen Goaliewechsel vornahm, der sich als Reinfall erwies. Es heizte eine Psychoterror-Stimmung in der Mannschaft an, die sich unsinnigerweise auch noch mit dem Trainer solidarisierte. So als ob es wirklich eine einzige Entschuldigung für seine Fehlleistung gegeben hätte. Gulati sah durch alles durch, zumal das Brodeln im Team nicht aufhören wollte, wo die gespenstige Abstrafaktion gegen Hope Solo, die beste Torfrau des Landes, in den letzten Wochen ständig weiterging. Er gab Ryan den Laufpass. Der Nachfolger/die Nachfolgerin darf nun im Hinblick auf die Olympischen Spiele in Peking im nächsten Jahr einen Schnitt im Kader machen, der allen gut tun wird. Vor allem den alteingesessenen Stammspielern, die glauben, sie hätten die Macht im Gruppenprozess.
Blick zurück: Gewalt nach Art des Hauses

NBA: Überfluss = Überschuss = Luxussteuer

Zu den reizvollen Feinheiten des Tarifvertrags zwischen der NBA und ihren Spielern gehört die Salary Cap und die Luxury Tax. Die Salary Cap soll eigentlich die rasante Entwicklung der ständig steigenden Gehälter bremsen. Was sie nicht tut. Denn immer mehr Clubs geben mehr aus und finden nichts dabei, auch noch Strafe zu zahlen. Das wäre dann die Luxury Tax. Nach einer ersten Übersicht werden in diesem Jahr elf Teams im großen und kleinen Stil die Demarkationslinie überschreiten und insgesamt 75 Millionen Dollar Steuer bezahlen. Soviele zahlende Mannschaften und eine derartige hohe Abgabe gab es noch nie. Der Gesamtbetrag ist mehr als ein gutes Team in der NBA pro Saison kostet. Spitzenreiter wie bisher sind die New York Knicks mit irgedetwas in der Gegend von 21 Millionen Dollar. Dann kommen die Dallas Mavericks, die mit 18 Millionen Dollar dabei sind und den Denver Nuggets, die etwa 11 Millionen Dollar in den Topf einzahlen, aus dem die sparsamen Clubs jeweils 2,5 Millionen Dollar abschöpfen können. An den Zahlen kann sich noch das eine oder andere ändern. Vor allem, wenn Kobe Bryant in eine andere Stadt umzieht. Die Salary Cap für die kommende Saison liegt bei 55 Millionen Dollar.

Galaktisches Aus

David Beckham war es nicht vergönnt, der verpatzten Saison der Los Angeles Galaxy noch ein Happy-end zu bescheren. Die Mannschaft verlor am letzten Spieltag der Tabellensaison - mit ihm - und verpasste knapp die Playoffs. Glas halb voll oder halb leer? Das kann man aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Die Ankunft von Beckham in den USA produzierte das vorausgesehene enorme Zuschauerinteresse. Der sportliche Erfolg blieb hingegen aus. Und das ganz bestimmt nicht, weil der Spielgestalter zwischendurch verletzt ausfiel. Ausgerechnet in jener Phase - ohne ihn - gewann die Mannschaft zahlreiche Spiele in Folge. Wenn man Lust auf eine ganz gewagte Verschwörungstheorie hat - hier das Angebot der Woche: Das Team mit dem alten Kapitän Landon Donovan hat bewusst so gespielt. Am Anfang der Saison ließen sie es langsam angehen, damit alle bei der Ankunft von Beckham sehen können, ob er wirklich etwas bringt und das viele Geld verdient hat. Die Antwort lautete: nein. Als er ausfiel, wurde aufgedreht, um zu zeigen, dass es ohne ihn geht. Und nach seiner Rückkehr war es nur konsequent, die Flügel hängen zu lassen. Wie gesagt, kaum zu glauben, aber wir sind in Los Angeles. Da werden noch ganze andere Fiktionen inszeniert.

21. Oktober 2007

Reisen nach Philadelphia? Besser nicht

Irgendjemand wollte es ganz genau wissen. Und nun wissen es auch die anderen: Philadelphia hat die unattraktivsten Einwohner von allen Großstädten der USA (wo dann auch solche Amerikaner residieren, die besonders wenig stilbewusst, wenig körperlich aktiv, wenig freundlich und wenig weltoffen sind). Man kann dank der vielen Autobahnen um Philadelphia bequem einen großen Bogen machen. Aber falls man das tut, um nach Washington zu kommen, ist das auch kein Trost. Die Hauptstadt Washington steht auf Platz zwei gleich hinter Philadelphia. Und dann kommt Dallas.

Ich bin im Laufe der Jahre tatsächlich in allen 25 Städten auf der vom Reisemagazin Travel & Leisure durch eine Umfrage unter 60.000 Leuten ermittelten Liste gewesen und würde mich erst mal persönlich mit einem Urteil zurückhalten. Was einem schwer fällt, wenn man mal gesehen hat, welche Frau die Besucher im offziellen Internet-Video von Philadelphia die potenzielle Besucher bezirzt: Soviel Schminke und soviel Getue, aber so schlecht angezogen und so schlecht frisiert - das ist schon ziemlich kurios.

Das Magazin bemüht sich ebenfalls um eine Relativierung, Man habe die Attraktivitität abgefragt und nicht die Unattraktivität und aus den Präferenzen ergebe sich dann eben zwangsläufig eine Rangliste. Und die Stadt, die am Ende unten steht, sei dann - nur - relativ gesehen weniger attraktiv. Akzeptiert.

Aber eine solche Wertschätzungshitparade bleibt trotzdem aussagekräftig. Anhand der Kategorie "Intelligenz" kann man übrigens erkennen, dass Städte mit attraktiven Menschen selten Leute mit Hirn anziehen. Das beste Beispiel ist Miami. Auf der anderen Seite gibt es Dallas. Da sind die Leute nicht nur unattraktiv, sondern auch noch überdurchschnittlich unterbelichtet. Weshalb wir jetzt zum ersten Mal verstehen, weshalb ein Mann wie Mark Cuban dort so viel Erfolg hat. In Dallas kommen Blender durch: "All hat, but no cowboy".

Folge der Mafia-Ermittlungen: NBA-Schiedsrichter mit Disziplinierstrafen belegt

Wir wissen noch immer nicht, in welchem Rahmen der ehemalige NBA-Schiedsrichter Tim Donaghy von der amerikanischen Strafjustiz in die Mangel genommen wird. Aber wir können uns jetzt zusammenreimen, dass aus seine Flüstertüte ein paar Informationen gekommen sein müssen, die zu einer kleinen Strafaktion gegen andere Referees geführt hat. Niemand wurde mit einer Sperre belegt. Und über das Ausmaß der Disziplinarmaßnahmen schweigt sich die Liga aus. Vermutung: Die Unparteiischen haben vemutlich etwas getan, was sie vertragsgemäß nicht dürfen - zum Beispiel ein Casino besuchen.
Blick zurück: Donaghy heißt der Pfeifenheini

Beten und Dopen - das hormonelle Tandem

Es gibt Sportler, die wollen der Welt glauben machen, dass man durch Beten zu einem besseren Athleten werden kann. Das dürfte ungefähr genausogut funktionieren wie die Trainingstipps eines Schamanen oder eines Medizinmanns aus dem Busch. Obwohl. Das Wort Medizinmann bringt einen plötzlich auf Gedanken. Denn während Paul Byrd, der Pitcher der Cleveland Indians, der heute abend im siebten Spiel gegen die Boston Red Sox um den Einzug in die Word Series eingesetzt werden soll, seit Wochen so tut, als habe Beten etwas mit seinen anhaltenden Erfolgen zu tun (er hat sogar ein Buchmanuskript darüber geschrieben und es nett angepriesen), ist seit diesem Artikel im San Francisco Chronicle völlig klar, was für ein Medizinmann, seine Finger im Spiel hatte: Ein Zahnarzt in einer Anti-Alterungsspezialklinik in Florida, der die Rezepte ausstellte, mit deren Hilfe Byrd im Laufe der Zeit Wachstumshormone im Wert 25 000 Dollar erwarb. Der Pitcher hat bislang eine eigene Version zu dieser Geschichte parat, die an die alten Ausreden der vielen ertappten Dopingsünder erinnert. Angeblich hat er einen Tumor an der Hirnanhangdrüse. Und der Arzt habe Wachstumshormone verschrieben, um seinem Körper das zuzuführen, was er selbst nicht produziert.

Die hübschen Kleinigkeiten der Geschichte machen sehr viel Vergnügen. So hörte Byrd mit dem Einkauf auf, als Major League Soccer 2005 die Substanz offiziell auf die Dopingliste setzte. Die Indiskretion entsprang den gleichen Ermittlungen, die vor ein paar Monaten ruchbar wurden und bereits mehrere Sportler als schwere Dopingkonsumenten entlarvt haben. Die besondere Kuriosität an der Enthüllung von heute sind die Namen der beiden Autoren Mark Fainaru-Wada und Lance Williams, die das Buch Game of Shadows geschrieben hatten, in den versiegelte Informationen aus den Ermittlungen des BALCO-Skandals enthalten sind. Ihre investigative Arbeit hätte sie beinahe ins Gefängnis gebracht.
Blick zurück: Warum die Reporter dann doch nicht hinter Gittern mussten

20. Oktober 2007

Die Leibwächter machen Reibach

Nachdem vor ein paar Tagen ein netter Kommentator den Hinweis anbrachte, der Blogger könne ja vielleicht mal vorher auf einen bestimmten Artikel in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung hinweisen (anstatt hinterher, wenn die Zeitung längst vom Markt ist), probieren wir das heute mal: Das Thema am morgigen Sonntag dreht sich um ein Phänomen in der National Football League, wo in aller Stille die Offensive Linemen zur am zweitbesten bezahlten Berufsgruppe aufgestiegen sind. Am besten verdienen die riesigen Tackles auf der linken Seite (im Fall von rechtshändigen Quarterbacks), weil von dort durch die Pass Rusher die stärkste Gefahr droht. Der Mann, der dieses Entwicklung erstmals ausführlich darstellte, ist der Journalist Michael Lewis - in seinem Buch The Blind Side - Evolution of a Game. Lewis, der einst mit Wirtschaftsthemen reüssierte, hat eine feine Nase für Sportthemen. Er ist der Mann, der Money Ball geschrieben hat und damit auf das Talent von Managern aufmerksam machte, mit relativ kleinen Gehaltsbudgets starke Mannschaften auf die Beine zu stellen. Es war ihnen möglich, weil sie wussten, wie man das statistische Datenmaterial einzelner Spieler am klügsten auswertet und als Projektionsgrundlage für die Entwicklung eines Baseball-Profis nutzt.
Blick zurück: Ein Hinweis auf Money Ball aus Anlass der letzjährigen Baseball-Playoffs

Das Leid der alten Männer


Da war vor einer Weile diese Initiative von ein paar ehemaligen Footballprofis, die Spielergewerkschaft zu einer veränderten Haltung gegenüber der Frage von Rentenleistungen für schwerbehinderte Ex-Spieler zu bewegen. Das Thema ist ein bisschen komplizierter als man denkt. Tatsächlich haben ehemalige NFL-Recken gestaffelte Ansprüche - je nach Dienstjahren und je nach Alter. Für so manche allerdings ist der bislang übliche Rahmen zu wenig. Der vom Sport verursachte extreme körperliche Verschleiß macht aufwändige und teure Operation erforderlich. Manche haben so viele Gehirnerschütterungen davon getragen, dass schon früh ihr geistige Leistung abnimmt und sie auf Versorgung angewiesen sind. Die Gewerkschaft ist in dieser Frage deshalb am Haken, weil sie im Rahmen von Tarifverträgen mit der Liga Vereinbarungen über Rentenleistungen trifft. Die Liga brummt. Die Fernsehanstalten zahlen Milliarden. Warum fordert sie also nicht mehr, um den Gebrechlichen und Schwachen zu helfen. Der in diesem Teaser angekündigte Dokumentarfilm Blood Equity macht zumindest eines klar: Wer sich bewusst in Gefahr begibt und sein Gesundheit riskiert, bezahlt oft erst später einen enormen Preis. Der Titel des Film ist voll daneben und ein schiefes Wortspiel auf den Terminus sweat equity, den man unter anderem dafür benutzt, um die Eigenleistung via körperliche Arbeit von Eigentümern beim Bau eine Hauses zu klassifizieren. Die Spieler bezahlen nicht mit ihrem Blut, sondern mit Schmerzen, Frühinvalidität und Demens. Das ist nicht weniger schlimm, aber weniger emotional besetzt.

Iverson und das Montagshaus

Allen Iverson liebt es warm. Er kommt aus Virginia, dem Norden des US-Süden, und ist in Colorado wirklich nicht in seinem Element. Aber anders als die meisten Topverdiener im amerikanischen Sport zieht es ihn nicht nach Florida, ein Bundesstaat, der im Unterschied zu vielen anderen keine staatliche Einkommensteuer kassiert. Atlanta ist da schon eher nach seinem Geschmack. Das Projekt allerdings liegt erst mal - Verzeihung - auf Eis. Denn er verließ nach nur 60 Tagen mit Frau und vier Kindern sein nagelneues Haus am Stadtrand, für das man ihm 2,2 Millionen Dollar abverlangt hatte. Die Villa scheint ein Montagshaus zu sein. Die Stahlträger im Boden des Erdgeschosses, die einen Teil der statischen Arbeit leisten müssen (ist wohl eher eine freitragende Karosse, das Ding) halten das Gewicht nicht aus. Es hat Risse gegeben. Im Zeitungsbericht über den Fall ist von "Sacken" die Rede. Iverson will nicht nur sein Geld wieder haben, sonder verlangt mehrere Millionen Dollar Schadenersatz. Peinlich für das Bauunternehmen: einer der Besitzer ist ein Architekturprofessor der Universität Georgia State in Atlanta (via Deadspin und You Been Blinded)

19. Oktober 2007

NFL: Die Weißwäsche hat begonnen

Als der Name Jason Whitlock zum ersten Mal in diesem Blog erwähnt wurde, geschah das mit einer bestimmten Absicht. Amerika ist - was man trotz der vielen Verrückten und Chaoten am Rand der Gesellschaft nicht vergessen sollte - das Heimatland des Begriffs political correct. Und selbst wenn der amtierende Präsident eine Oligarchen-Fascho-Gesinnung hat (gepaart mit einer unglaublichen Inkompetenz, was unser aller Glück ist) und seine Parteifreunde gerne mitmachen: die Strömung darunter, gelebt von den sogenannten kleinen Leuten, wird von dieser Sorge geprägt, dass man jemand anderem auf die Schuhe treten könnte und ihn wegen seiner Hautfarbe, seiner sexuellen Vorlieben, seines enormen Gewichts und Essgewohnheiten diskriminert.

Was macht Jason Whitlock? Er bürstet gegen den Strich. Und ist damit derzeit der einzige, der öffentlich und konsequent bemängelt, wie sich eine beachtliche Zahl von schwarzen amerikanischen Sportstars besonders in der NFL verhalten. Verhalten ist milde ausgedrückt:
"Afroamerikanische Footballspieler, gefangen in der Rebellion und Possenreißerei der Hip-Hop-Kultur, haben NFL-Besitzern und Trainern einem guten Grund gegeben, ihre Kader weißer zu machen. Das wird das Erbe von Chad, Larry und Tank Johnson, Pacman Jones, Terrell Owens, Michael Vick und all den anderen Football-Clowns sein."
Kaum jemand habe es bemerkt, schreibt Whitlock, aber die beiden vorbildlichen Clubs in der Liga - die Indianapolis Colts und die New England Patriots - haben die weißesten Mannschaften. Und warum? Hip-Hop-Athleten werden zunehmend abgelehnt, "weil sie nicht gut fürs Geschäft sind", und weil sie nicht zu einer konstant erfolgreichen Arbeitsatmosphäre beitragen. Hautfarbe sei nicht der Grund für den Unterschied zwischen positiver oder negativer Haltung eines Sportler. "Es ist die Kultur."

Das Problem sitzt tiefer: Denn innerhalb der letzten 50 Jahren hat es keinen größeren Kampf im amerikanischen Sportalltag als den um Chancengleichheit für Schwarze gegeben. Die Integration brachte eine NBA, in der Weiße zeitweilig nur Randfiguren waren, und eine NFL, in der irgendwann die letzten Bastionen fielen: die Positionen des Quarterbacks und die des Head Coaches. Dass sich die nachgewachsenen Generation auf den Erfolgen ihrer Vorläufer ausruht und so tut, als ginge sie das alles gar nichts an und als seien die Millionen von Dollar, der teure Schmuck und die Unmengen von Groupies einfach Standardbelohnung für Leute, die schnell laufen und hoch springen können, führt jedoch nicht nur zu Konflikten mit den Ordnungshütern (und ins Gefängnis). Am Ende reagieren auch die Verantwortlichen in den Sportorganisationen.

So wurden immer mehr Ausländer in die NBA geholt (darunter übrigens sehr viel Schwarze, die sich aber nicht als Entertainer betrachten, weil sie in einem anderen kulturellen Umfeld aufgewachsen sind). Der Trend in der NFL ist nur ein weiterer Beleg für den Umschwung. Auch Major League Baseball darf man in diesem Licht betrachten. Dort hat eine andere Minderheit enorm an Bedeutung zugelegt: Spieler aus den Ländern in der Karibik und drumherum. Die Nachwuchsförderung, die sich einst in den Metropolen nach jungen Talenten umsah (die dann oft aus den schwarzen Ghettos kamen), hat sich komplett auf die Latino-Welt und Japan eingepolt.

Den kompletten aktuellen Whitlock zum Thema gibt es hier. Was er zum All-Star-Wochenende der NBA in Las Vegas zu sagen hatte, wurde damals ausführlich zitiert. Es lohnt sich, die Tags durchzugehen. Der Mann wird hier relativ oft erwähnt.

Kaymer: Scorekarte zum Sammeln

Die Scorekarte vom Donnerstag an der Algarve sollte sich Martin Kaymer gut aufheben. Eine 61er Runde (auf einem Par 72 Platz) bei einem Turnier der European Tour ist eine Rarität und wirklich sehr bemerkenswert. Die vom heutigen Freitag kann ruhig in die Tonne. Die zeigt nur, dass Kaymer noch nicht so weit ist, wie man sich das immer wünscht. Man wird eben leicht vermessen, wenn man sieht, wie jemand wie er mit so viel Talent Fortschritte macht und hofft dann bereits insgeheim, dass er sich vielleicht im Laufe der kommenden Monate sogar noch für den Ryder-Cup qualifiziert. Realistisch ist das nicht. Nur zehn Spieler kommen über die Punktetabelle ins Team. Zwei werden von Captain Nick Faldo nominiert. Und der wird auf Erfahrung setzen und im Zweifel auf britische Spieler.

Der Klingelbeutel: Jäger und Sammler

Endlich schreibt mal einer der Paparazzi in Los Angeles darüber, wie es ist, wenn man es zu seinem Beruf gemacht hat, Tag für Tag Fotos von den Beckhams zu schießen. Danach hat man Mitleid mit den Beckhams UND den Fotografen und fragt sich, wie isses nur möglich und wo wird das alles enden? (via The Big Lead)

Wie macht man Vollblüter schneller? Offensichtlich mit der einen oder anderen Dosis Kobra-Gift. Aus irgendeinem Grund fand man das in den USA allerdings kurz vor dem Breeders Cup eher unangebracht und hat dem Mann mit dem Stoff im Kühlschrank - dem Franzosen Patrick Biancone - gesagt, er brauche gar nicht erst zu kommen. Die sieben Galopprennpferde, die er trainiert und die für den Cup gemeldet wurden, werden jemand anderem in Obhut gegeben.

South Carolina? Muss man nicht hin. Kann man durchfahren. Drüber fliegen. Links liegen lassen. Es sei denn, man möchte mal wissen, wie das ist, wenn man auf der Suche nach einer einzigen Verkaufsstelle für die New York Times an gefühlten 80 Kirchen vorbei fährt. Denn davon haben sie zum Schaufeln. Bildung? Eher nicht. Stört die Praxis der Verdummteufelung der Welt. Aber dann das: Humor, der weiter geht, als was man von normalen Zeitungen gewöhnt ist. Die Ortszeitung in Columbia veräppelt Football Head Coach Steve Spurrier von der sehr verehrten College-Mannschaft der örtlichen Universität, der für Millionen von Dollar verpflichtet wurde, nachdem er in der NFL (bei den Washington Redskins) für viele Millionen von Dollar gezeigt hatte, was er alles NICHT kann (via SportbyBrooks).

Das Bild des Tages hat die New York Times, um das Ende der Ära Joe Torre bei den New York Yankees zu illustrieren. Dem hatte man vor zwei Tagen einen Ein-Jahres-Vertrag zu gekürzten Bezügen angeboten. Was der Erfolgs-Manager dankend ablehnte. Warum auch nicht? Niemand streicht Derek Jeter oder A-Rod das Gehalt.

Kleine Kinder zum Frühstück


Nach dem Spiel ist vor dem Spiel? Nicht für einen Baseball-Pitcher. Josh Beckett ist nach einer beeindruckenden Vorstellung mit elf Strikeouts erst mal durch. Entweder biegen seine Boston Red Sox die League Championship Series noch um. Was man ihnen nach dem 7:1-Sieg gegen die Cleveland Indians vom Donnerstagabend durchaus zutrauen darf. Dann pitcht Beckett im Auftaktmatch der World Series gegen die Colorado Rockies. Oder er darf in die Ferien gehen (weil am Samstag gegen die Indians Kurt Schilling an der Reihe ist und in einem etwaigen siebten und letzten Spiel wäre Dice-K an der Reihe). Weshalb nach dem Erfolg bei der Pressekonferenz auch jemand aus der Journalistenmeute den Mut hatte, nach der Sängerin der Hymne zu fragen. Der Mann, der immer so aussieht, als er kleine Kinder zum Frühstück verspeist, hatte eine Antwort parat.

18. Oktober 2007

Wir denken das Undenkbare: Nowitzki im Tausch gegen Bryant

Es ist allmählich an der Zeit, das Undenkbare zu denken: Kobe Bryant zu den Dallas Mavericks und Dirk Nowitzki zu den Los Angeles Lakers. Alles Gerede, was man bisher vernommen hat, ging immer nur in eine Richtung: Cuban hält an Nowitzki fest, alle anderen Spieler hingegen stehen für einen Tausch zur Disposition. Warum das so sein soll, sagt kein Mensch. Dirk ist keine Statue mit Betonsockel und einem riesigen Stahlstift, den man nicht an einen anderen Ort verpflanzen könnte. Und er hat mit diesem Umfeld und dieser Mannschaft gar keine Chance auf einen Titel in Dallas. Das hatte er nicht, als Steve Nash noch da war. Und auch nicht im Finale gegen die Heat (in das sie nur mit ein bisschen Schiedsrichterhilfe kamen, sonst hätten sie nicht die Siebener-Serie gegen San Antonio gewonnen). Was im letzten Frühjahr in der ersten Playoff-Runde abgegangen ist, haben wir noch frisch in Erinnerung: Mavericks-Coach Avery Johnson wird von seinem Ziehvater nach Strich und Faden vorgeführt.

Für Nowitzki wäre jeder Wechsel von Nutzen. Vor allem, wenn er bei einem Club landet, der seine Spieler nach Kriterien zusammensucht, die nowitzki-kompatibel sind. Wenn er auf einen Trainer trifft wie Phil Jackson, der ihm mehr beibringen kann als die üblichen Hinweise darauf, er möge doch bitte mehr den Korb attackieren und die Sprungwürfe vernachlässigen. Nowitzki hat in Dallas bereits alles geleistet, was man leisten kann, und dazu beigetragen, dass aus der schlechtesten Mannschaft der NBA eine Art von Titelaspirant wurde. Er sollte begreifen, dass es an der Zeit ist, so eigensinnig wie Wilt Chamberlain zu denken und sich selbst für einen Trade ins Gespräch bringen. Wie man das am Geschicktesten macht, können ihm seine Berater bei der Firma Nike bestimmt verraten. Normalerweise fängt man erst mal mit einem Dementi an. Und dann schaut man weiter.

Hymne an die Chuzpe

Heute abend haben die Boston Red Sox eine schwere Aufgabe vor sich. Und wenn sie die schaffen, haben sie die nochmal vor sich und nochmal. Die Aufgabe lautet: einen Weg finden, die entscheidenden kleinen Fehler zu vermeiden, die sich bei einem Baseballspiel rasch zu katastrophalen Niederlagen ausweiten. Die Fehler bestehen nicht immer aus dem schlechten Pitch, den ein Batter dann lässig zu einem Drei-Run-Home-Run über den Zaun drischt. Die Fehler von Belang finden meistens vorher statt, wenn man verhindert, dass der Gegner überhaupt auf die Bases kommt oder Bases stiehlt und und und. In diesen kleinen Verfaltungen und verstiegenen Verwinnkelungen des Spiels liegt die Crux. Nicht überraschend: Hochbezahlte Topmannschaften tun sich oft schwerer, solche Schnitzer zu vermeiden, weil sie nicht mehr so minuziös denken und weil der Manager Angst davor hat, den teuren Super-Pitcher früh genug vom Platz zu holen.

Und dann kommt so eine Mannschaft wie die Cleveland Indians daher und spielt hochmotiviert und hochkonzentriert, obwohl die Gehälter der Spieler weit unter dem liegen, was die BoSox-Profis bekommen und bringen genau jene Anspannung mit, die man vier Stunden lang aufbringen muss, wenn man die kleinen Sachen nicht verbocken will. Die Indians werden vielleicht nicht heute abend gewinnen. Schon gar nicht nach dieser Provokation an die Adresse von Red-Sox-Pitcher Josh Beckett. Das macht die trägen Bostoner sicher endlich wach. Aber man möchte die Chuzpe trotzdem bewundern: Welches Team bringt schon vor dem Match die Ex-Freundin (Danielle Peck, siehe Bild) der zentralen Figur des Gegners auf den Platz und lässt sie die Nationalhymne singen?
Blick zurück: Nationalhymnen von Zwergstaaten

Immer weniger Russen und keiner weiß warum

Aufmerksame Beobachter der National Hockey League haben einen mysteriösen Trend ermittelt: Immer weniger Russen in der NHL. Während der Saison 2000/2001 waren fast hundert Spieler aus dem Land von Makarow zwischen Edmonton und Miami im Einsatz. Derzeit findet man nur noch etwas mehr als 30 russische Namen in den Kadern. An der Qualität des Ausbildungssystems kann es nicht liegen. Dass die kufenschnellen Techniker plötzlich einem ligaweiten Embargo unterzogen werden, sicher auch nicht. Gutes Personal will jeder gerne haben. Es muss eher damit zu tun haben, wieviel Geld man mittlerweile als Sportler in Moskau und St. Petersburg verdienen kann. Und an der ungeklärten Vertragssituation zwischen dem russischen Verband und der NHL die neulich im Fall von Jewgeni Malkin und den Pittsburgh Penguins zu extremen Meinungsverschiedenheiten führte. Die frei gewordenen Planstellen werden natürlich gefüllt. Wohl auch deshalb haben immer mehr deutsche Spieler eine realistische Chance auf einen Platz auf dieser Seite des Atlantik. Deren Situation habe ich am letzten Wochenende in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung beleuchtet. Der Artikel wurde nicht online geschaltet, was immer wieder passiert. faz.net fährt einen nachvollziehbaren und unabhängigen Kurs bei der Auswahl von Themen in allen Ressorts. Es bedeutet allerdings, dass sich Sportinteressenten öfter mal die Printausgaben gönnen sollten.
Blick zurück: Werbung mit Owetschkin

Celtics: Es grünt Hoffnung

Wie gut sind die neuen Boston Celtics? Ziemlich gut. Zumindest so gut, dass die New York Knicks gestern so aussahen, als würden sie ihnen lieber bei der Arbeit zuschauen als gegen sie antreten. Die New York Times sprach in ihrem Bericht über den 101:61-Sieg von "überwältigen". Vom Comeback von Allan Houston sprach so gut wie niemand. Kevin Garnett, Ray Allen und Paul Pierce passen offensichtlich gut zusammen.

17. Oktober 2007

Kobe und das Kaugummi

Man wünscht sich an solchen Tagen den Zauber eines Prinzen in einem Märchen der Gebrüder Grimm, der mit einem Streich, mit einem Kuss, mit einem Ritt über den Regenbogen ganze Königreiche umwandelt. Er möge kommen, von irgendwo her und endlich dieses alte durchgekaute Kaugummi durchschneiden, auf dem sie in Los Angeles herumkauen. Und poof: Kobe Bryant wäre bei seinem neuen Club. Und wir könnten uns auf die Frage konzentrieren: Wie wirkt sich das alles auf die kommende Saison aus?

Aber vielleicht gibt es diese Prinzen gar nicht. Wenn man liest, auf welche Weise die um das Trainingslager herumlungerende Meute in Los Angeles diesen Schnitt herbeischreibt, hat man eher das Gefühl, das noch ganze Bulldozer und Megamaschinen gebraucht werden, um den absurden Tanz zu beenden. Beim Training mit der Mannschaft tritt Kobe Bryant nicht auf. Er arbeitet mit Maschinen und Gewichten - allein. Ein Zeichen? Seinen Schrank in der Umkleidekabine hat er nur AUFgeräumt und nicht AUSgeräumt, aber alles war bereits in heller Aufregung. Ein Zeichen? Die Autoren, die die Tauschmöglichkeiten analysieren und sagen, dass die Chicago Bulls das beste Gegenangebot machen können - ein Zeichen?

Sagen wir mal so: Die Lakers tun sich schwer. So schwer wie selten zuvor, als sie irgendwie immer einen Weg gefunden haben, bei anderen Teams die Top-Leute zu kapern (Wilt Chamberlain und Kareem Abdul-Jabbar und später Shaquille O'Neal) oder hübsch an sich zu binden (Trainer Phil Jackson). Da war das Management immer der Aggressor und Jäger. Nun sitzen sie ohne Handlungsspielraum da und müssen sich an den Gedanken gewöhnen, dass man selbst als Manager der Lakers von einem überragenden Einzelspieler der Liga in die Ecke getrieben werden kann. Nach meiner Vermutung geht es im Moment nur noch um die Feinheiten eines mehrstufigen Tausches. Die Lakers wollen herausfinden, wie man den Tradeertrag aus Chicago (oder Phoenix) in einer zweiten Transaktion mit einem Club in sinnvolle Verstärkungen umwandeln kann. Denn egal was man aus Chicago (oder Phoenix) auch bekommt - nichts passt wirklich zusammen.

Die andere Seite der Medaille: Ich vermute übrigens, dass Andrej Kirilenko noch immer auf dem Markt ist und damit ein paar theoretisch eher geradlinige Gespräche verkompliziert wurden. Denn auch der passt wie Bryant mit seinem teuren Vertrag wirklich nicht überall hin.

Während wir auf den Schnitt waren, hier ein Moment mit dem Schweizer Nationalspieler, der mit Sicherheit von den Bulls abgegeben würde, wenn sie sich auf einen Trade einlassen: Thabo Sefolosha. Er hat einen hübschen Spielzug gelernt: den Dunk, den man sich selbst vorlegt.

16. Oktober 2007

Übern Strich

Manche Leute wollen alles immer ganz genau wissen. Besonders die Jüngeren ("Warum ist die Banane krumm?", "Wie kommt das Salz ins Meer?"). Aber dagegen spricht erst mal nichts. Im journalistischen Kanon ist seit langem fest verankert: Es gibt keine dummen Fragen. Nur dumme Antworten. Aber kluge Antworten sind nicht leicht. Wer kann zum Beispiel erklären, wie die First-Down-Linie im Fernsehen auf dem den Bildschirm kommt? Eine Linie, die es auf dem Spielfeld nicht gibt? Diese Leute können es. Weshalb wir froh sind, dass es SIE gibt.

Super Bowl in London?

Noch ehe das erste Pflichtspiel der NFL auf europäischem Territorium ausgetragen ist (28. Oktober: Miami Dolphins gegen New York Giants), hat Commissioner Roger Goodell bereits weitreichende Visionen: "Es gibt großes Interesse in London daran, einen Super Bowl auszurichten. Deshalb schauen wir uns die Möglichkeit an." Das Wembley-Stadion hat es ihm angetan. Und auch die angebliche Begeisterung der Fans auf der Insel. Die Andeutung machte er am Montag in Scottsdale/Arizona. Aufgeschnappt wurde sie von der Agentur Associated Press. Gedruckt hat sie kaum jemand, mal abgesehen von der Santa Barbara News-Press. Warum die sich nördlich von Los Angeles für solche Luftschlösser interessieren, ist schwer zu sagen. Aber wir bedanken uns trotzdem. Denn sonst hätten wir nicht davon erfahren (via SportsbyBrooks).

Gewalt nach Art des Hauses: Psychoterror gegen Hope Solo

Die eine bemerkenswerte und zugleich befremdliche Episode von der Frauen-Fußball-WM ist hier schon mal angeklungen. Die psychische Gewalt, mit der die amerikanische Mannschaft damals zurückschlug, nachdem Torfrau Hope Solo öffentlich den Trainer kritisiert hatte (weil er sie ohne Grund ersetzt hatte und das Spiel gegen Brasilien jämmerlich in die Hosen ging) lässt sich jedoch erst allmählich zusammenpuzzeln. Solo wurde nicht nur von der Teilnahme am Spiel um den dritten Platz ausgeschlossen. Sie durfte nicht mit dem Team zusammen essen, nicht mit ihm trainieren, durfte nicht mit ihnen zusammen ihre Medaille für den dritten Platz entgegennehmen und musste alleine von China nach Hause zurückfliegen. Jetzt saß sie zwar offiziell als Ersatz in einem Freundschaftsspiel gegen Mexiko auf der Bank, aber gleich nach dem Schlusspfiff marschierte sie alleine davon, nachdem während des gesamten Spiels nur eine Mannschaftskollegin mit ihr gesprochen hatte.

Die Reaktion, die vermutlich von den älteren Spielerinnen wie Kristine Lilly vorangetrieben wurde, um eine Fascho-Stimmung zu rechtfertigen, die über alles hinausgeht, was denkende Menschen in den USA akzeptieren, hat zu unglaublich intelligenten und kritischen Kommentaren in jenen Sportblogs geführt, die das Thema pflegen. Am deutlichsten war dieser bei der New York Times: Die "Kleinkrämerei und Brutalität gegenüber einem Mannschaftskollegen" sei etwas, was man im Jahr 2007 nicht mehr für möglich gehalten habe. "Das wirft den Frauensport im wahrsten Sinne des Wortes zurück und gibt all denen Munition, die Frauen nicht beim Softball oder Basketball oder Golf oder Eishockey oder Lacrosse zuschauen, weil Frauen 'einfach keine richtigen Sportler sind'."

Der Verband hat sich bisher um die Frage gedrückt, ob der eigentliche Übeltäter in diesem Theaterstück, der völlig überforderte Trainer Greg Ryan, den auslaufenden Vertrag verlängert bekommt. Vermutlich warten die noch ab, ob sich die Sache vor alleine einrenkt. Vielleicht sollte Hope Solo mal lieber einen Anwalt konsultieren, anstatt sich dauernd zu entschuldigen. Wofür sie seit einem Vierteljahr gespielt hatte, erfährt man aus diesem Video (Vorsicht, da rollen Tränen):

Zerplatzte Ballons

Man kann einen erfolgreichen Nena-Song durchaus dazu verwenden, das Leid der Anhänger der Chicago Cubs zu illustrieren. Das Lied leidet darunter überhaupt nicht. An der traurigen Geschichte der Cubs - seit 99 Jahren kein Erfolg mehr in der World Series - wird es nichts ändern. Das Lied war in der deutschen Fassung ein Erfolg in den USA, mit einem englischen Text - 99 Red Balloons - in Großbritannien.

via With Leather und Home Run Derby.

15. Oktober 2007

Der Klingelbeutel: Orthodox am Grill

Wie läuft bei orthodoxen Juden eine Tailgate-Party vor einem NFL-Spiel in Wisconsin ab? Total kosher auf dem Grill und außerdem werden noch ein paar Gebete gesprochen.

Die Kamera, die von den Fernsehleuten seit einer Weile in der Luft über dem Spielfeld hin und hersausen lässt, bleibt leider nicht immer oben. Am Sonntagabend im Match der Seattle Seahawks gegen die New Orleans Saints hätte sie fast Quarterback Matt Hasselbeck gefällt. Das Spiel wurde für zehn Minuten unterbrochen, damit die Apparatur wieder installiert werden konnte.

Wir können wohl mittlerweile ohne Übertreibung sagen, dass Michelle Wie Männer verschleißt. Nicht auf dem Golfplatz und vermutlich auch nicht in der Koje. Aber im Geschäftsleben. Soeben warf der zweite Agent in zwei Jahren das Handtuch (via SportsbyBrooks). Über den Rest ihres verkorksten Wochenendes gibt es morgen (Dienstag) in der Print-Ausgabe der FAZ ein kurzes Extempore - mit ein paar Ausführungen zu Bettina Hauert. Die beiden haben in Bighorn vier Tage lang eisenhart gegeneinander um die Rote Laterne gekämpft. Hauert bekam die Laterne. Mit einem Schlag Rückstand.

Vor genau 50 Jahren kam Jack Kerouacs Roman On the Road heraus, in dem die Rastlosigkeit, die die amerikanische Nachkriegsgeneration erfasst hatte, auf eine eindrückliche Weise zu Papier gebracht wurde. Kerouac hatte im April 1951 eine riesige Papierrolle in seine Schreibmaschine gespannt und den Text in einer einzigen endlosen Sitzung in drei Wochen heruntergetippt. Die beiden Hauptfiguren "trampen, springen auf Güterzüge auf, fahren mit Greyhound-Bussen, auf LKW-Pritschen oder mit gestohlenen Autos quer über den nordamerikanischen Kontinent und zurück, von New York City, über Chicago, Salt Lake City, Kalifornien nach Mexiko und schließlich nach New Orleans". Man muss unweigerlich an solche Gewaltleistungen denken, wenn man liest, dass vor kurzem der neue Geschwindigkeitrekord für die Durchquerung der Vereinigten Staaten im Auto offiziell anerkannt wurde. Von New York nach Sant Monica in Kalifornien in 31 Stunden und 4 Minuten. Der Fahrer heißt Alex Roy. Das Auto: ein modifizierter BMW M5. Die Durchschnittsgeschwindigkeit: 89 Meilen pro Stunde, also mas o menos 144 km/h. Man sieht auf einer solchen Jagd nicht viel vom Land. Und man muss sich verdammt vor der Polizei hüten. Aber darin besteht ja bei einem solchen Trip der Spaß. Denn auf den Autobahnen liegt die Geschwindigkeitsbegrenzung bei 65 Meilen pro Stunde (via Gizmodo)

Wenn im Herbst in Boston die bunten Blätter fallen...

Man wünscht sich, es wäre einfacher, den sauberen Strich zwischen berechtigter Kritik und sogenannter Korinthenkackerei zu ziehen. Um Korinthenkackerei handelt es sich, wenn pedantische und kleinliche Menschen mit dem Rotstift herumhantieren. Kritik ist ein substanzieller Einwand gegen eine Gedanken- und Arbeitsleistung.

Manche Menschen halten sich aus Takt lieber mit Einwänden zurück (das Glashaus-Syndrom). Vor allem dann, wenn man Sorge hat, ob man mit seinen Hinweisen falsch verstanden werden könnte. Ich sehe das bei Stefan Niggemeier und bei Indiskretion Ehrensache, deren Blogbetreiber einen Hang zum Aufspüren von Sachen haben, die schon mal so wirken wie der Splitter im Auge des anderen. Da kommen dann immer die Nörgler zum Vorschein, die es offensichtlich lieber sehen, wenn Fehler nicht benannt und richtig gestellt werden. Das könnte man verstehen, wenn die Leistung so vieler Medien-Outlets nicht so grotesk unter Niveau ausfallen würde.

Um es deshalb klar vorneweg zu sagen: Es geht bei diesem Post nicht um Personen, sondern um die Sache. Die Sache heißt: der unerträgliche Hang von Leuten im Sportjournalismus zum Superlativ. Unterabteilung: Nichts ist schlimmer als jener Superlativ, der auf mangelhaftem Wissen beruht.

Normalerweise wissen wir diese Disziplin in den festen Händen von BILD-Zeitungsreportern. Und wir verstehen auch warum (und zwar seit Günter Wallraf Hans Esser war). Und was jene Schreibkräfte in diesen Tagen auf die Beine stellen, kann man zum Glück seit Beginn des BILDBlog jeder Zeit nachlesen. Warum aber auch SpOn so arbeitet, wissen wir nicht. Denn wir wollen erst mal nicht unterstellen, dass man in der Online-Redaktion vom Spiegel ein ähnliches Verhältnis zu den Fakten hat.

Aber wenn dann ein einziger Artikel so viele Behauptungen auf einmal aufstellt (die man als Unsinn bezeichnen muss), die mehr als nur fehlerhaft sind, sondern superlativ fehlerhaft, dann ist vielleicht mal eine leise Anmerkung fällig. Besonders, wenn es um einen Themenbereich wie amerikanischen Sport geht, an dem zumindest unsereinem etwas liegt.

Wir gehen mal der Reihe nach vor. Es geht um die Teams aus Boston.

SpOn: "Der Rekordmeister ... hat in der Sommerpause gleich sieben Spieler zu den Minnesota Timberwolves geschickt..." (falsch: es waren fünf Spieler und zwei zukünftige Draft-Picks, daraus können Spieler werden oder auch nicht. Auf jeden Fall fehlen sie nicht den Celtics in der kommenden Saison.)
• Bei dem Tausch handele es sich um "den spektakulärsten Transfer der NBA-Geschichte" (falsch: es war allenfalls eine Bestleistung dafür, wieviele Leute man für einen Spieler bekommen kann. Aber das liegt an der Tarifordnung der NBA, die verlangt, dass bei einem Tausch das Gehalt auf der einen Seite mit dem auf der anderen aufgewogen werden muss. Wer viele billige Spieler hat, muss dann einfach mehr Personal abgeben. Wenn es um das Kriterium "spektakulär" geht, kann man dies ganz gewiss nicht toppen: die Transfers von Wilt Chamberlain und Kareem Abdul-Jabbar, die von Philadelphia beziehungsweise Milwaukee zu den Los Angeles Lakers wechselten. Sie waren jeweils im Alleingang für die Erfolge ihres neuen Teams verantwortlich.)
• "...seit Jahren ist jedes Spiel im Fenway-Park ausverkauft" (irreführend: Das Stadion war lange Zeit das kleinste in Major League Baseball und ist nach kleinen Modifikationen mit 38.000 Sitzplätzen nur das drittkleinste von 30. Gleichzeitig gehörten die Red Sox schon immer zu den populärsten Teams Amerikas, weit über die Grenzen von Boston hinaus. Es heißt übrigens nicht, dass bei allen Spielen alle Sitze besetzt sind. Auch die Red Sox haben Gegner, für die sich so gut wie niemand interessiert.)
• "Objektiv betrachtet hat Boston auf jeden Fall den teuersten Baseball-Spieler der Welt. Pitcher Daisuke Matsuzaka kam zu Saisonbeginn für 100 Millionen Dollar aus Japan an die Ostküste...." (wenn wir mal die Kleinigkeit vergessen, dass sich die komplizierte Transaktion zu 103 Millionen Dollar und ein paar zerquetschte hochrechnet, teilen wir den Betrag durch sechs Jahre Laufzeit und kommen auf eine Summe, die weit unter der für Alex Rodriguez liegt - 10 Jahre/252 Millionen Dollar. A-Rod ist der teuerste Baseball-Spieler der Welt nicht Dice-K.)
• "Im selben Jahr holten auch die New England Patriots den Superbowl" (falsch: man kann den Super Bowl nicht holen. Das ist der Name einer Veranstaltung, nicht der Name der Trophäe, die dabei ausgespielt wird. Die heißt Vince Lombardi Trophy.)
• "Ron Jaworski, bekannter Analytiker beim Sportsender ESPN" (problematisch: die Fachkommentatoren beim amerikanischen Fernsehen werden zwar schon mal analysts genannt. Unter Analytikern versteht man auf Deutsch etwas ganz anderes. Schlag nach bei Freud. In der Sprache der Finanzwirtschaft werden analysts mit Analysten übersetzt).

Und diese Anmerkungen schließen noch keine Beschwerden über den stilistischen Verhau ein ("Man muss kein Patriot sein, um zu sehen, dass die Patriots Nummer eins sind" - man muss nicht mal Sportjournalist sein, um zu sehen, dass man gar nichts sein muss, um das zu sehen). Oder: "Noch nie in der NFL-Historie war ein Passgeber nach sechs Spieltagen erfolgreicher" (WÄHREND der ersten sechs Spieltage? Oder hatte NACH den ersten Spieltagen keine bessere Leistungsstatistik?)

Normalerweise müsste der Text zumindest überarbeitet werden. Vielleicht sogar eingestampft. Denn wenn die heiße Luft mal weg ist, bleibt nicht mehr viel übrig. Aber für so etwas hat man in Hamburg womöglich keine Zeit. Schließlich müssen die nächsten Geschichten voller Superlative angekurbelt werden. Wie hält man sonst die Einschaltquote?

14. Oktober 2007

"Wo...der Himmel Wein uns macht"

Heute mal ein kurzes Grußwort an die Leser aus dem Großherzogtum Luxemburg, wo man vermutlich an diesem Sonntag in beachtlicher Feierlaune sein dürfte. Die Fußballer haben soeben das 18. Länderspiel in der Geschichte des Fußballverbandes gewonnen, die im Jahr 1918 begann. 18 von knapp 300. Eine Bilanz, über die man keine Witze machen möchte. Schon gar nicht aus deutscher Sicht. Denn einer der Siege gelang 1935 gegen die großen Nachbarn im Osten. Als jemand mit einem unerklärlichen Faible für Nationalhymnen (Pathos meets Romantik meets komplexe Melodieführung und Harmoniegestaltung) habe ich dann mal die luxemburgische herausgekramt und muss sagen: Chapeau, Monsieur Zinnen, gut gesetzt, das Tonwerk. Kommt in meine persönliche Top Ten (zu Sowjetunion, Slowakei, USA, Polen, DDR, Schweden). Wer sich mal ein paar andere Kleinstaaten- (sprich Fußballzwerg-)Hymnen anhören möchte: Andorra (klingt, als ob jemand unbedingt die Marseillaise vom Nachbarstaat verarbeiten musste), Monaco (starke Erinnerungen an das Neujahrskonzert aus Wien), Malta (wirkt erstaunlich originär und unbeeinflusst, allerdings - für das Genre - eher Standardware).

Spiel mir das Lied vom Doof


Wer solche Freunde hat, braucht sich über seine Feinde keine Sorgen mehr zu machen: Kenny Rogers (nein nicht der Baseball-Pitcher, der im letzten Jahr bei der World Series unangenehm aufgefallen ist, sondern ein weißhaariger und weißbärtiger Sänger, der seit Jahr und Tag in den USA herumtingelt und dabei gutes Geld verdient) hat sich über YouTube noch rasch an die englischen Rugby-Fans herangewanzt. Er hatte gehört, dass die Anhänger der Mannschaft, die sich bis ins WM-Finale durchgekämpft hat, eines seiner alten Lieder singen. Nun steht er da - im Trikot aus Britannia - und zeigt noch mal, wie ER die Melodie intoniert. Mit einer leicht angerauhten, aber auch schmalzigen Stimme (man denkt unweigerlich an Rex Gildo ohne Bart) und dem Spruch am Schluss: "Wenn ihr verliert, dann enterbe ich euch und ihr hört nie wieder von mir." Das war vor dem Sieg über Frankreich ("those French bastards") (via With Leather). Heißt das, dass sich Kenny Rogers vor dem Finale noch mal zu Wort meldet? Steht zu befürchten. Das gesamte Werk, vor Jahren mitgeschnitten bei einem Live-Auftritt, kann man hier finden.

Was Rogers überhaupt nicht begriffen hat: Dass man seinen Text für das Spiel gegen Australien hübsch und neckisch weiterentwickelt hat. Aber so etwas kann man wohl nicht verlangen.

Sehr zu empfehlen dieser Tage zum Thema Rugby-WM: allesaussersport.

...oder Sex?

Das ist doch mal eine Idee für junge Reporter, die die Gelegenheit bekommen, einen ziemlich berühmten Sportler zu interviewen: Die Frage nach dem Qualitätsunterschied zwischen Sex und einem verwandelten Fallrückzieher, zwischen Sex und dem Gewinn einer Alpenetappe, zwischen Sex und dem Sieg im Hahnenkammrennen, zwischen Sex und dem ersten Platz beim Grand Prix in Monte Carlo. Man kann das auf jede Sportart ausdehnen und bekommt vermutlich nie eine gelangt. Und wenn man Glück hat, bekommt man sogar eine Antwort wie diese von Gilbert Arenas, der von einem Abgesandten des völlig unbedeutenden Magazins complex gefragt wurde (webexklusiv wohlgemerkt):
"Was fühlt sich besser an, Sekunden vor Schluss einen Korb zum Sieg zu erzielen [auf Englisch kurz und knapp: buzzer beater] oder Sex?
Gilbert Arenas: Verdammt. Weißt du was? Ein buzzer beater, weil es schwer ist. Sex kannst du jeden Tag haben. Wenn es Sex mit Halle Berry wäre? Dann würde ich allerdings Halle Berry sagen."
(via si.com)

Wer wissen will, wen er für Frau Berry von der Bettkante schubsen würde und welche Probleme Arenas in seiner gegenwärtigen Beziehung abarbeitet, sollte mal diese Geschichte lesen (Foto von Freundin Laura weiter unten).